Gladbeck/Herne. Gladbeck hat einen neuen Pfarrer – der früher kath. Priester war, u.a. auch in Herne. Er erzählt, warum er die katholische Kirche verlassen hat.
Leicht gemacht habe er sich den Schritt nicht, sagt Markus Wippermann, „es gab eine Zeit der großen inneren Beschäftigung, und viele Gespräche mit Familie und Freunden.“ Doch dann stand für den 41-Jährigen fest: „Diese Lebensform tut mir nicht gut.“
Die Lebensform, das ist das Zölibat der katholischen Priester, bis Oktober 2020 ist Wippermann Geistlicher der katholischen Kirche. Seit Oktober 2022 ist er evangelischer Pfarrer, am 31. Oktober wird er in St. Stephani in Gladbeck mit einem Gottesdienst offiziell begrüßt. Wieso sich Markus Wippermann gezwungen sah, die Konfession zu wechseln – und wieso er dem Christentum nicht komplett den Rücken gekehrt hat.
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„Ich bin in einer sehr lebendigen Gemeinde groß geworden“, erzählt der Dortmunder, „mein Heimatpfarrer war ein großes Vorbild für mich.“ Als er später als Leiter in der Jugendarbeit hilft, ist für ihn klar: Später kommt nur ein sozialer Beruf in Frage, Lehrer zum Beispiel – oder eben Priester. Der Zivildienst in der Gemeinde ist für Markus Wippermann der letzte Schubser in die richtige Richtung. „Ich habe gemerkt, dass mein Platz in der Gemeinde ist.“
Deshalb wechselte der neuer Gladbecker Pfarrer die Seiten
Also studiert er katholische Theologie in Paderborn, um Priester zu werden. „Das hat in meiner Familie und in meinem Freundeskreis wirklich niemanden überrascht“, erinnert sich Wippermann und lacht, „die wussten schon, dass ich das machen würde, bevor ich mir selbst im Klaren war.“ 2008 wird er zum Priester geweiht, arbeitet vier Jahre in Olpe, fünf in Herne und später in der diözesanen Jugendseelsorge in Paderborn.
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Und dann verliebt sich Markus Wippermann. „Das ist natürlich ein Problem für einen katholischen Priester“, sagt er etwas euphemistisch und muss selbst ein wenig schmunzeln. Noch dazu nahm die Corona-Pandemie Fahrt auf, und der Noch-Katholik hatte viel Zeit nachzudenken. „Am Ende stand die Erkenntnis, dass ich in der Lebensform Zölibat nicht bleiben will“, erklärt er, „ich will in einer Beziehung leben.“
Gladbecker Pfarrer trägt Bischof seinen Fall vor
Trotzdem: Der Schritt sei für ihn kein leichter gewesen. „Aber ich wollte nicht bis ans Ende meiner Tage so leben, und vor allem wollte ich ehrlich allen gegenüber sein und kein Doppelleben führen.“ Für Markus Wippermann beginnt die besagte Zeit der großen inneren Beschäftigung. Er nimmt sich vier Wochen Auszeit vom Job, führt viele und lange Gespräche, „vor allem mit meiner Freundin.“ Er will die Situation bis ins kleinste Detail durchdenken, „denn wenn der Stein erstmal ins Rollen gebracht ist, gibt es kein Zurück mehr.
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Am Ende macht er es wie jeder gute Christ und entscheidet sich für die Liebe. Er legt seinen „Fall“ dem Bischof dar und bittet um Entlassung aus dem Priesterstand. „Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch gar keinen Kontakt zur evangelischen Kirche, daran habe ich erst gedacht, als ich mich beruflich ein bisschen umgeschaut hatte“, erinnert sich Markus Wippermann.
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Seelsorge hält Gladbecker Pfarrer in der Kirche
Beim Umschauen wird ihm nämlich klar: „Seelsorge, das ist das, was ich gelernt habe und auch weiterhin machen will“, die weniger hierarchischen Strukturen in der evangelischen Kirche seien ein weiteres Argument gewesen. Wippermann fasst einen Entschluss, stellt sich bei der evangelischen Landeskirche in Bielefeld vor und fragt, ob sie ihn als Priester haben will. Die Landeskirche will, und so drückt der gestandene Priester noch mal ein Jahr die Unibank und besucht Seminare der evangelischen Theologie.
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Seit Oktober 2022 ist er nun evangelischer Pfarrer, genau zwei Jahre nach seinem Abschied vom katholischen Priesteramt. In Gladbeck, dort lebt Markus Wippermann mittlerweile auch, sei er sehr herzlich aufgenommen worden, im Moment mache er sich ein Bild der Gemeinde, „kürzlich habe ich die Frauenhilfe besucht.“ Markus Wippermann scheint seinen Weg gefunden zu haben: Wenn sich eine Kirchenpforte schließt, öffnet sich eine andere.