Gladbeck. Die hohen Kosten für Strom und Gas belasten die energieintensiven Bäckereien in Gladbeck. So sehr bangen die Betriebe um ihre Zukunft.
- Bäckereien benötigen zur Produktion ihrer Produkte viel Energie. Doch die Kosten dafür sind hoch.
- Die familiengeführten Betriebe in Gladbeck hoffen jetzt auf staatliche Unterstützung
- Preiserhöhungen aufgrund gestiegener Kosten für Lebensmittel wie Mehl konnte bisher keiner der Bäcker vermeiden
Markus Walinski sorgt sich um die Zukunft seiner Bäckerei. Denn die Kosten für Energie, aber auch für Produkte wie Mehl, sind so hoch, dass er um die Existenz seines Betriebes bangen muss. Und damit ist er in seiner Branche nicht allein. „Wenn die Preise so bleiben, werden viele Betriebe schließen. Wir werden auch dazugehören.“
Doch der Bäckermeister gibt alles dafür, dass es nicht so weit kommen muss. Obwohl sich die Kosten für Gas für ihn verdreifacht, für Strom verdoppelt haben. Doch die Preise kann er nicht einfach so an seine Kunden weitergeben. „Ein Brot für fünf Euro kann sich nicht jeder leisten. Wir bieten aber Ware für Jedermann an.“ Also nimmt Walinski Einnahmeverluste in Kauf. „Kleinere Betriebe nehmen gerade viel auf die eigene Kappe.“
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In den Bäckereien stehen jetzt die stärksten Monate für Weihnachtsgebäck an
Torten zu backen, das lohnt sich für ihn derzeit beispielsweise überhaupt nicht. Walinski aber bietet sie weiterhin in seinem Geschäft an der Gildenstraße an. „Jetzt kommen die drei stärksten Monate was Gebäck angeht. Ich mache noch viel Weihnachtsplätzchen selbst.“ Ob sich die Herstellung in diesem Jahr aber rechnen wird – ungewiss.
Normale Brötchen verkauft Walinski für 35 Cent pro Stück. „Andere Betriebe nehmen zum Teil 40 Cent, Preise wie in Düsseldorf oder an der Ostsee, wo gerne schon mal 60 Cent bezahlt werden müssen, kann ich nicht machen. Im Ruhrgebiet ist das anders.“ Auch wenn bislang noch keine Kunden abgewandert seien, so stellt der 55-Jährige schon fest, dass weniger gekauft werde.
Die Bäckerei Walinski in Gladbeck hat die Laufzeiten der Öfen optimiert, um Energie zu sparen
Auch seine eigenen Arbeitsabläufe musste der Bäckermeister optimieren, um Strom und Gas zu sparen. „Wir sind ein energieintensiver Betrieb. Allein für unsere zwei Öfen verbrauche ich jährlich 140.000 Kubikmeter Gas.“ Leerlaufen, das gibt es nun nicht mehr. „Wir arbeiten so, dass der Ofen so gut wie immer voll ist. Morgens stellen wir den Ofen später an und backen mehr immer direkt im Anschluss.“ Rund drei Stunden weniger laufen seine Öfen nun täglich.
Für Markus Walinski steht fest, die Selbstständigkeit muss sich lohnen. Daher erwartet er nun zuverlässige Hilfen von der Regierung. Eigentlich wollte er sich selbst aussuchen, wann Schluss sein soll in seinem Betrieb. Fünf Jahre wollte er mindestens noch weitermachen. Ob das aber wirklich klappen wird, muss er nun abwarten.
Für Thorsten Zimmermann, Inhaber der gleichnamigen Bäckerei an der Horster Straße, sind die Energiekosten derzeit noch zu stemmen, da seine Verträge noch bis Ende des Jahres laufen. „Danach muss ich abwarten, wie die angekündigte Strom- und Gaspreisbremse wirkt und auf welchem Niveau sie gezogen wird.“ Im Moment hänge er ziemlich in der Luft. „Man darf nicht in Panik verfallen und den Laden schließen, ich investiere im Moment aber auch nicht.“
Familienbetriebe können die Öffnungszeiten noch halten
Einige Filialisten haben bereits mit Personalengpässen zu kämpfen, müssen zum Teil ihre Öffnungszeiten einschränken. Die drei Gladbecker Familienbetriebe Zimmermann, Hudde und Walinski sind davon aktuell nicht betroffen. „Eine Verkäuferin geht nun in den Ruhestand, da haben wir noch keine Nachfolge gefunden und die Suche könnte auch etwas dauern“, berichtet Bäckermeister Thorsten Zimmermann. Aber: Bei ihm arbeiten einige Abiturienten, die am Wochenende im Verkauf helfen.
Thomas Hudde steht alleine in seiner Backstube, im Verkauf sind seine Frau und zwei Angestellte tätig. „Daher können wir unsere Öffnungszeiten halten.“
Rund 40 Prozent seines Umsatzes macht Bäckermeister Markus Walinski mit der Auslieferung seiner Ware. Elf Seniorenheime, aber auch Metzgereien und Fischverkäufer gehören dabei zu seinen Stammkunden. Aber auch dabei machen sich die gestiegenen Preise für Walinski bemerkbar, nämlich die hohen Spritpreise. „Habe ich früher 80 Euro fürs Volltanken meines Lieferwagens bezahlt, sind es heute 130 Euro.“ Dennoch sei dieses Standbein für ihn enorm wichtig.
Bäckerei Zimmermann musste bisherige Preissteigerungen für Lebensmittel durch Kostenerhöhungen auffangen
Ab Januar würden auf jeden Fall die Mehlpreise steigen, bisherige Preissteigerungen für Lebensmittel musste er durch Kostenerhöhungen bei seinen Produkte auffangen. Ein normales Brötchen kostet bei ihm inzwischen 41 Cent.
Zimmermann bemerkt, dass die Kundenzahl schon etwas zurückgegangen ist. Sorgen macht er sich derzeit dennoch noch nicht. „Im Moment denkt man nicht so viel darüber nach. Man wartet ab, hofft das Beste.“ Seine Arbeitsabläufe hat er etwas umgestellt, um Energie zu sparen, aber: „Da ist nicht viel rauszuholen.“ Ein großer Vorteil bei ihm sei, dass er seine Brötchen in der Backstube backt und von dort in das Geschäft liefert. „Das ist effizienter und billiger, als im Laden mit einem strombetriebenen Ofen die Brötchen aufzubacken.“
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Thomas Hudde: „Normales Brot ist ein Grundnahrungsmittel, da möchte ich die Preise nicht erhöhen“
Thomas Hudde nutzt in seinem Betrieb Heizöl statt Gas. „Das ist noch relativ günstig, aber auch da sind die Preise gestiegen.“ Statt zuletzt 60 Cent zahlt Hudde jetzt zwei Euro pro Liter Heizöl. „In meinen Tank passen 6000 Liter, pro Monat komme ich mit rund 1000 Litern aus. Die Kosten dafür muss man erst einmal verdienen.“ Da sein Stromvertrag noch bis nächstes Jahr laufe, betreffe ihn die aktuelle Krise nicht – noch nicht. „Es ist alles ungewiss, man weiß nicht, was auf einen zukommt“, bemängelt der Bäckermeister. All zu viele Gedanke möchte er sich nicht machen. „Sonst könnte ich nachts nicht mehr schlafen.“
Auch er musste aufgrund gestiegener Rohstoffpreise die Kosten für seine Produkte bereits erhöhen. „Aber man kann nicht stetig die Preise erhöhen, sonst bleiben die Kunden weg.“ Ein normales Brötchen kostet bei ihm derzeit 35 Cent. Auch wenn Anfang kommenden Jahres wieder eine Preiserhöhung anstehen könnte, an Brötchen und normales Brot möchte er dabei nicht rangehen. „Das sind für mich Grundnahrungsmittel. Anders sieht es zum Beispiel bei Körnerbrot aus, das ist ein Luxus-Artikel.“