Gladbeck. Corona-Zahlen steigen. Kreis möchte mit Bezirksregierung über mögliche Konsequenzen reden. Dabei könnte es um strengere Schutzmaßnahmen gehen.

Wegen der sich zuspitzenden Corona-Situation will die Kreisverwaltung Recklinghausen mit der Bezirksregierung Münster, dem verlängerten Arm der Landesregierung, über mögliche Konsequenzen reden. Das bestätigt Kreissprecherin Svenja Küchmeister auf Anfrage der Redaktion. Auslöser der Initiative ist vor allem die Lage in den vestischen Krankenhäusern.

Dort hat sich die Zahl der Patienten, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, innerhalb weniger Tage vervierfacht. Mehr als 210 Menschen liegen mit Covid-19 in den Kliniken. Vor einer Woche waren es noch 55. Auch die Zahl der Intensivpatienten nimmt zu, sie stieg, so Svenja Küchmeister, zwischenzeitlich auf 18. Im Sommer lag diese Zahl konsequent im unteren einstelligen Bereich. Am Donnerstag (13. Oktober) meldete das DIVI-Intensivregister 16 Intensivpatienten im Kreis Recklinghausen.

DIVI-Präsident: Weniger Schwerkranke als vor einem Jahr

In der Statistik wird nicht unterschieden, ob ein Patient wegen Covid-19 ins Krankenhaus muss oder ob die Ansteckung nur nebenbei entdeckt wurde, weil Krankenhauspatienten routinemäßig einen PCR-Test abgeben. Positiv ist: Laut Aussagen des DIVI-Präsidenten Gernot Marx gibt es derzeit anteilig an den Covid-19-Erkrankten viel weniger Schwerkranke als vor einem Jahr.

Das bestätigt auch Prof. Dr. Wolfgang Raab, Ärztlicher Direktor des Stiftungsklinikums Proselis in Recklinghausen und beratendes Mitglied im Krisenstab des Kreises. „Es sind zwar im Vergleich zum Vorjahr prozentual betrachtet weniger Patienten, die intensivmedizinisch betreut werden müssen, aber jeder Patient mit Corona bedeutet für das Personal einen sehr großen Aufwand. So muss beispielsweise die zusätzliche Schutzkleidung ständig gewechselt werden.“

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Die Kapazitäten in den Krankenhäusern reichen für 300 Corona-Patienten

Die vergangenen Jahre haben nach Angaben von Prof. Raab gezeigt, „dass wir kreisweit bis zu 300 Corona-Patienten in den Kliniken recht gut behandeln können. Wenn es mehr werden, müssen wir wieder über Veränderungen und Einschränkungen reden.“ Das könne das Zusammenlegen von Abteilungen sein, aber auch das erneute Aufschieben von Eingriffen. „Je nachdem, wie sich die Lage entwickelt, wird es auch wieder veränderte Zutrittsregelungen geben müssen.“

Unter Krankenhaus-Medizinern besteht zudem die Sorge, dass die Corona-Herbstwelle auch noch von einer Influenza-Welle überlagert wird. Wichtig sei deshalb, dass sich möglichst viele Menschen auch gegen Grippe impfen ließen.

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Mit dem Ferienende steigt das Risiko für weitere Corona-Infektionen

Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt auch im Kreis Recklinghausen beständig an, erreichte am Donnerstag einen Wert von 643,4 – den höchsten seit Juli. Weil immer weniger Infizierte ihre Ansteckung durch einen PCR-Test bestätigen lassen, ist die Aussagekraft des früheren Leitindikators der Pandemie allerdings begrenzt. Vermutet wird eine hohe Dunkelziffer bei den Infektionen. Das Kreisgesundheitsamt, deren Teams wieder auf Hochtouren arbeiten, ist im Hinblick auf den Herbst alarmiert. Das Ferienende naht, Urlauber kehren zurück, Kinder und Jugendliche gehen wieder in die Schule – und irgendwann wird auch das sonnige Oktoberwetter in nasskaltes November-Grau umschlagen. Alles Risikofaktoren, die die Pandemie anheizen und die Patientenzahlen in den Kliniken weiter in die Höhe treiben können.

Darüber und über mögliche Gegenmaßnahmen will der Kreis mit der Bezirksregierung sprechen. Das Land NRW hat die Kompetenz, weitere Corona-Schutzmaßnahmen anzuordnen. Dazu zählen zum Beispiel die Maskenpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräumen oder die Testung in Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen und Kitas. In einer weiteren Stufe könnten Masken auch in Außenbereichen zur Pflicht gemacht werden, wenn ein Abstand von 1,50 Meter nicht gewährleistet ist. Weiterhin ist eine Begrenzung von Personen bei Veranstaltungen in Innenräumen denkbar.