Bottrop-Kirchhellen. Hendrik Dierichs (34) ist zum Nachfolger von Bezirksbürgermeister Ludger Schnieder gewählt worden. Diese Themen sind ihm wichtig.
Hendrik Dierichs (CDU) ist von den Mitgliedern der Bezirksvertretung Kirchhellen am Dienstagnachmittag einstimmig zum Bezirksbürgermeister gewählt worden und damit zum Nachfolger von Ludger Schnieder, der sich aus der Politik zurückgezogen hat. Das sind die Themen, für die er sich starkmachen will.
Wenn Dierichs über die Dinge spricht, die ihm wichtig sind, benutzt er häufig den Begriff Dorfgemeinschaft. Und das ist kein Zufall. Weil sie trotz des Wachstums durch Zuzug in den vergangenen Jahrzehnten immer noch vergleichsweise gut funktioniert. Traditionen wie die Bereitschaft zum ehrenamtlichen Engagement werden hochgehalten in Kirchhellen, Grafenwald und Feldhausen.
Das zeigt sich auch an der Vielzahl von Vereinen und Gemeinschaften. „Deshalb ist es auch kein Zufall, dass wir hier mit der TSG und dem VfB die beiden größten Vereine in Bottrop haben, mal ganz abgesehen von Schützen- und Brezelgesellschaft. Auch deshalb dürfen wir stolz darauf sein, Kirchhellener zu sein.“
„Tradition des Ehrenamtes in Kirchhellen pflegen und fördern“
Diese Bereitschaft zum Mitmachen und Anpacken ist aber auch im Dorf spätestens seit Corona keine Selbstverständlichkeit mehr. Viele, vor allem ältere Menschen haben sich in der Pandemie aus Aktivitäten in der Gemeinschaft zurückgezogen, hat er beobachtet. Deshalb müsse die Tradition des ehrenamtlichen Engagements gepflegt und gefördert werden.
Als gute Beispiele nennt er den Bau des Heimathauses in einem gemeinsamen Kraftakt von Bürgerverein, Heimatverein und Kolpingsfamilie, die von 2015 bis heute funktionierende Flüchtlingsbetreuung sowie den Einsatz der Alten Herren der Landjugend für die Dorfverschönerung. „Zum Glück für Kirchhellen gibt es noch viel mehr Beispiele.“
Das Stichwort Zuzug ist schon gefallen. „Wir werden um weitere Neubauvorhaben nicht herumkommen, auch weil die Nachfrage so groß ist. Aber die Zeit großer Neubaugebiete muss vorbei sein. Jetzt geht es darum, mit Augenmaß Lücken zu schließen. Wir dürfen unsere Infrastruktur nicht überfordern.“
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Womit wir beim Thema Verkehr wären. Klar ist Dierichs froh, dass die Stadt nach Jahrzehnten endlich die Hackfurthstraße saniert. Die CDU habe zudem mit dafür gesorgt, dass sich in den letzten Jahren das Angebot für Fahrradfahrer deutlich verbessert hat. Aber: „Ich bin kein Freund davon, für viel Geld eine Fahrradstraße zu bauen und dabei nicht an Autofahrer und Fußgänger zu denken. Der geplante Um- und Ausbau rund um das Schulzentrum am Kirchhellener Ring ist ein gutes Beispiel, wie wir Wege für Radfahrer und Fußgänger sicherer machen, ohne dass die Autofahrer auf Parkplätze verzichten müssen.“
Zum Thema Verkehr gehört auch der öffentliche Nahverkehr. „Hier knubbelt sich morgens und mittags zu viel an der Schulze-Delitzsch-Straße. Das müssen wir elegant entzerren.“ Möglichkeiten dazu bieten sich nach der Fertigstellung der Hackfurthstraße. Die Vestische plant, dann dorthin die Endhaltestelle des Schnellbusses 36 zu verlegen. Dierichs: „Vielleicht sollten auch mehr Einsatzwagen direkt das Schulzentrum anfahren.“
„Es ist das völlig falsche Signal, an Schulen zu sparen“
Wieder fällt ein Stichwort: Die Ausstattung der Schulen im Dorf ist Dierichs eine Herzensangelegenheit. „Nach dem Ende des Bergbaus in Bottrop ist Bildung unser einziger Rohstoff. Deshalb brauchen unsere Schulen die bestmögliche Ausstattung und Infrastruktur. Es ist das völlig falsche Signal, an Schulen zu sparen.“
Deshalb hat die Bezirkspolitik in den vergangenen Jahren selbst Geld in die Ausstattung von Schulen gesteckt und immer wieder Sponsoren wie den Verein Philipp Neri umworben. Das soll sie auch weiter tun im Rahmen ihrer Möglichkeiten, sagt Dierichs: „Mal sehen, was uns nach der Debatte um die Haushaltskonsolidierung noch bleibt an bezirklichen Haushaltsmitteln.“
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Wie einst Reichskanzler Otto von Bismarck versteht Dierichs die Politik als Kunst des Möglichen. Deshalb sieht er seine Aufgabe darin, „Dinge möglich zu machen“. Dafür setzt er auf Partner in der Bottroper Stadtverwaltung, die Gestaltungsspielräume sehen und nutzen. „Natürlich müssen Vorschriften eingehalten werden. Aber es gibt auch eine Übererfüllung von Vorschriften. Wir sollten erst einmal das Gespräch suchen und nicht sofort mit Verboten reagieren.“
Das Amt des Schützenmajors gibt Dierichs ab
Zu seiner neuen Aufgabe gehört deshalb vor allem, Menschen anzusprechen und ansprechbar zu sein: „Es ist so wichtig, miteinander zu reden.“ Unter anderem das hat er erlebt in seiner Zeit als Offizier in der Allgemeinen Schützengesellschaft Kirchhellen. Die wird allerdings vorbei sein nach der Wahl zum Bezirksbürgermeister: „Das Schützenfest 2023 war mein letztes als Schützenmajor.“ Immerhin hat der Mann noch einen Hauptberuf. Und eine Familie. Die darf, sagt der Familienmensch, auf keinen Fall zu kurz kommen.