Bochum. . Für den VfL Bochum steht am Freitag beim Duell mit dem FC Erzgebirge Aue einiges auf dem Spiel. Die Partie ist richtungweisend im Abstiegskampf. Bei einer Niederlage kommt das unbekannte Land dritte Liga erschreckend nah. Und mit ihm ein ganzer Haufen weiterer Sorgen.
Aue also. 17 000 Einwohner, die stolz sind auf ihr weitgehend von Menschen befreites Erzgebirge, und etwa zwei Dutzend Zweitliga-Kicker: Sie spielen Schicksal für den VfL Bochum. Der war auch mal stolz – auf seine scheinbar naturgegebene Zugehörigkeit zur deutschen Eliteliga. Dann setzte sich der Fahrstuhl in Bewegung, wurde der VfL zum Wanderer zwischen den Profi-Welten. Bleiben wir im Bild, droht nun der Absturz in die Hölle. Dritte Liga, terra incognita, unbekanntes Land.
„Das macht mir dann doch ein bisschen Angst, wenn wir am Freitag nicht gewinnen sollten.“ Der das sagt, heißt Michael Lameck, ist aber besser und überall in der Stadt bekannt als „Ata“ und, wenngleich gebürtiger Essener, nicht nur Rekordspieler des VfL, sondern auch ein ewiger treuer Trommler für diesen Klub.
Auf der Vorstandsetage bekämpft man die Nervosität mit demonstrativem Optimismus. „Ich bin total davon überzeugt, dass wir noch die nötigen Punkte holen werden“, sagt Sportvorstand Jens Todt. Finanzvorstand Ansgar Schwenken lehnt sich sogar so weit aus dem Fenster, dass man um seine Gesundheit fürchtet: „Ich verspreche, dass wir in dieser Saison nicht mehr hinter Aue stehen werden, wenn wir Freitag gewinnen.“
Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel
Was aber passiert, wenn Schwenken sein Versprechen nicht halten kann, oder wenn eben nicht gewonnen wird gegen Aue? Bereits jetzt steht der VfL mit sieben Millionen Euro in der Kreide und muss, um sein Stadioncenter abzuzahlen, jährlich etwa 1,5 Millionen Euro aufbringen. So wie es aussieht, wird man sich auch nach einem neuen Trikotsponsor (ca. 1 Million pro Jahr) umsehen müssen, großartige Transfererlöse wären nach dem Abstieg ebenfalls nicht zu erwarten. Zwar besitzt der VfL, so Schwenken, in vielen Fällen „ein Optionsrecht, die Spieler zu gleichen Konditionen“ auch in der Dritten Liga zu beschäftigen, doch dieses Optionsrecht ist ein zweischneidiges Schwert. Muss man den zur Lizenzierung angemeldeten Gesamtetat (20 Millionen Euro), wie für den Abstiegsfall grob kalkuliert, halbieren, dann kann man Spielern nicht die gleichen Konditionen anbieten. Es könnte ja jemand annehmen. Und die Kosten würden in diesem Fall aus dem Ruder laufen.
Die Prognose für den schlimmsten Fall lautet: Überall wird das Messer gewetzt. Arbeitsplätze werden verloren gehen – in allen Bereichen und in großer Zahl. Zumal der VfL im TV-Ranking Union Berlin, vielleicht auch Ingolstadt und den FSV Frankfurt passieren lassen müsste. Ein weiteres Millionen-Defizit.
Der VfL wird sich neu erfinden müssen
Der Blick über die kommende Saison hinaus legt den Schluss nahe, dass sich der VfL Bochum ohnehin neu wird erfinden müssen. Noch befüllen die Bochumer Stadtwerke den VfL-Topf mit 1,9 Millionen Euro jährlich, doch damit soll bald, beginnend 2014, Schluss sein. Sukzessive, hat der Stadtwerke-Aufsichtsrat beschlossen, wird man die drei bestehenden Verträge mit dem Klub auslaufen lassen und sein Engagement dann, wenn überhaupt, zu deutlich geringeren Konditionen fortführen.
„Es geht um die Existenz“, hat Peter Közle, einer der vielen Bochumer Ex-Profis, die nach ihrer Karriere in der Region geblieben sind und den besorgniserregenden Weg des VfL aufmerksam verfolgen, gesagt. Lauert also hinter dem schlimmsten Fall, dem Abstieg, noch ein schrecklicheres Grauen, ein Super-Gau – die Insolvenz?
„Das verneine ich mit Nachdruck. Ich will und mag über dieses Thema nicht reden, das steht in keiner Weise zur Debatte“, ereifert sich Schwenken. Die Frage ist, ob das in Bochum und Umgebung noch interessiert. Gerade einmal 6500 Tickets hat der VfL zwei Tage vor dem Anstoß an Mann und Frau gebracht. Im Erzgebirge braucht man sich nicht zu fürchten.