Berlin. Fußball-Zweitligist VfL Bochum hat beim neuen Spitzenreiter Hertha BSC Berlin mit 0:2 verloren. In einer schwachen Partie kassierten die Bochumer jeweils zu Beginn der beiden Spielhälften ein frühes Gegentor. Der Revierklub muss nun weiter um den Klassenerhalt bangen.

Keine Chance in Berlin: Nach einer enttäuschenden Leistung beim dominanten Tabellenführer Hertha BSC steht dem VfL Bochum das Abstiegswasser weiter bis zum Hals. Nach dem 0:2 (0:1) in der Hauptstadt kommt es nun am Freitag zum Krisen-Duell gegen den FC Erzgebirge Aue, der als Vierzehnter einen Platz und zwei Punkte besser dasteht als der VfL. Die Bochumer müssen dabei auf Mittelfeldmann Yusuke Tasaka verzichten, der seine fünfte Gelbe Karte sah. Linksverteidiger Michael Lumb fällt vier Wochen verletzt aus, denn er zog sich eine tiefe Fleischwunde zu, die genäht werden musste. Es war ein rabenschwarzer Karsamstag.

„Die Fehlerquote“, sagte Trainer Karsten Neitzel, „war einfach zu hoch, um hier etwas mitnehmen zu können“. Und der Trainer meinte die Fehlerquote in allen Bereichen, mit und ohne Ball. In Slawo Freiers Worten: „Wir haben heute zu wenig getan, um nach dem 0:1 noch eine Wende zu schaffen.“

Ronny brachte Hertha gegen Bochum per Zauber-Freistoß in Führung

Neitzel hatte sich für Zlatko Dedic als einzige Spitze entschieden, dahinter sollte Leon Goretzka mit den Außen Marc Rzatkowski und Tasaka Druck machen. Kevin Scheidhauer musste auf die Bank, für ihn kehrte Christoph Kramer ins Team zurück. Kramer, auf den wohl auch Berlin ein Auge geworfen hat, spielte mit Christoph Dabrowski die Dopppelsechs in dieser im Vergleich zu den Vorwochen vorsichtigeren Formation – geschuldet der Offensiv-Klasse der Hertha, die man mit aller Kraft bekämpfen wollte.

Und mit Mut, wie es vorher hieß. Doch davon war der VfL weit entfernt, viel zu viel Platz hatten die Künstler Ronny, Ramos, Allagui und Co., viel zu spät kamen die Bochumer dazwischen, sie rannten hin und her, ohne zupacken zu können, und man vermisste auch den Tick Aggressivität, der Existenzkampf ausmachen muss. Alle Vorsätze, möglichst lange die Null zu halten, waren schon nach gut drei Minuten Makulatur. Berlins Superstar Ronny war zum ersten, aber nicht zum letzten Mal enteilt, Dabrowski stoppte ihn unsanft in einer Position, in der man nicht foulen sollte gegen die Hertha. Ronny, wer sonst, nahm mit seinem Linken Maß aus rund 22 Metern, der Ball flog von der Höhe des rechten Strafraumrandes über die Mauer Richtung rechter Winkel – Torwart Andreas Luthe hechtete vergebens, das 1:0. Erneut ein wunderschönes Freistoßtor des Brasilianers, der sechste in dieser Saison und sein 14. Volltreffer insgesamt, das er vor der fröhlichen Ostkurve der Hertha feiern konnte.

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Das spielte Berlin natürlich in die Karten, frech, frisch wirkten sie, schneller, wacher, technisch stärker sowieso. Ein Klassenunterschied. Berlin zeigte eine hohe Pass- und Kombinationssicherheit, dominierte nach Belieben: mal im Schongang, mal mit Kunst und Tempo. Bochum agierte zu passiv, verlor konstant zügig den Ball, wenn man ihn mal hatte – und versprühte im ersten Durchgang so viel Torgefahr wie ein Osterhase, der sich verlaufen hatte auf den Rasen des Olympiastadions. Lediglich der erneut harmlose Dedic, dessen Volleyabnahme aus kurzer Distanz nach Kramers Flanke schlicht zu kläglich war und Torwart Kraft locker zur Ecke geklärt werden konnte (6.), hatte eine Möglichkeit für die Gäste. Fehler, Missverständnisse prägten das zaghafte Bemühen.

Nur 22 Sekunden nach Wiederanpfiff sorgte Hertha für die Entscheidung

Und so musste man sich bei Torwart Luthe bedanken, der einen höheren Rückstand gegen frei vor ihm auftauchende Berliner verhinderte: erst gegen Nico Schulz nach feinem Pass von Ramos, dann gegen Allagui nach erstligareifen Doppelpass mit Ronny (17.). Zudem köpfte Ramos noch vorbei (31.), ehe sich Berlin ein wenig ausruhte. Man konnte es sich leisten.

Zumal Bochum da schon weitere Nackenschläge verkraften musste: Michael Lumb wurde mit starken Schmerzen umgehend in ein Berliner Krankenhaus gebracht, nachdem ihn Pekarik unglücklich getroffen hatte. Die erste Befürchtung der Bochumer, dass der Däne einen Mittelfußbruch erlitten habe, bestätigte sich später allerdings nicht. Genauere Untersuchungen ergaben, dass sich Lumb „nur“ eine tiefe Fleischwunde zugezogen hatte, die genäht wurde.

Mounir Chaftar kam schon nach 21 Minuten in die Partie – und auf Bank und Platz gab es keine Alternative mehr für die diesmal teilweise überforderte Viererkette. Zu allem Überfluss sah Tasaka noch seine fünfte Gelbe Karte und fehlt damit gegen Aue.

Und als man nach dem Toilettengang zur Pause gerade wieder Platz genommen hatte, war die einseitige Partie entschieden: Nur 22 Sekunden benötigte Hertha nach dem Wiederanpfiff zum 2:0. Unglaublich, zumal Bochum Anstoß hatte! Ballverlust, mal wieder, und ab ging es: Nach einer tollen Kombination, bei der die Bochumer wieder nur die Beobachter-Rolle einnahmen, vollstreckte der quirlige Nico Schulz zum 2:0. Kurz darauf merkte man auch Luthe die enorme Verunsicherung an, die sich offenkundig breit macht im Team, als er Ramos auflegte. Der aber verbaselte das 3:0 ebenso wie später Kluge, Allagui, erneut Ramos und Kollegen, die letzte Konsequenhz ging der Hertha ab.

Bochum mühte sich nun um mehr Tatendrang nach vorne, war besser im Spiel, aber wenn es nicht läuft, kommt ja oft ein bisschen Pech obendrauf. So hätte Schiedsrichter Tobias Stieler nach hartem Einsteigen von Kluge an Dabrowski durchaus Elfmeter pfeifen können (48.), während Kobiashvilis Einsatz gegen Goretzka, noch Bochums bester Feldspieler, wohl noch im Bereich des Erlaubten war (62.).

Fans des VfL Bochum müssen nun um den Klassenerhalt ihres Teams zittern

Luthe holte sich noch einen hochachtungsvollen Abklatscher vom Mann des Tages ab, als er einen Freistoß-Hammer von Ronny aus 18 Metern glänzend parierte. Aydin und Freier kamen für den schwachen Dabrowski und den diesmal auch enttäuschenden Rzatkowski, viel bewirken konnten sie nicht mehr gegen längst tiefer stehende Herthaner. Die meisten der 35000 Zuschauer stimmten sich sich bereits auf Ostern und das Topduell gegen Braunschweig ein – die Bochumer Anhänger dagegen müssen zittern. Nicht nur wegen der Kälte. Auch vor Aue.