Bochum. Der Pankreastumor ist tückisch und oft tödlich, für Experten sogar ein „Major Killer“. Sie raten, auf ein Lebensmittel weitgehend zu verzichten.
Bauchspeicheldüsenkrebs „das Karzinom der Zukunft“ zu nennen, klingt zynisch. Trifft aber den Punkt: Seit Jahren steigen die Zahlen, offenbar unaufhaltsam – und die starke Babyboomer-Generation kommt erst noch in die entscheidenden Jahre. Der Weltpankreas-Krebstag am 21.. November wirbt um mehr Aufmerksamkeit für die tückische, oft tödliche Erkrankung. Vorab die wichtigsten Fakten zum Thema.
Das Organ
Die Bauchspeicheldrüse (das Pankreas) versteckt sich zwischen Magen, Wirbelsäule, Zwölffingerdarm und Milz. Sie wiegt nur 100 Gramm und ist doch ein wichtiges Organ: zuständig für Verdauung und Blutzuckerregulation. Für den Bochumer Pankreas-Experten Waldemar Uhl ist sie ein „kleiner Reaktor“. „Dieses Organ produziert 1,5 bis drei Liter Verdauungssaft, täglich“, erklärt der Direktor der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am St. Josef-Hospital.
Typische Erkrankungen
Entzündungen (akute oder chronische Pankreatitis) und Tumoren sind die häufigsten Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse – wobei gutartige Geschwülste relativ selten sind. Am zertifizierten Pankreaszentrum Bochum, dem größten in NRW, machen die Tumoroperationen zwei Drittel aller Pankreas-OPs aus – und gutartige Tumoren neun Prozent, bösartige 64.
Die Zahlen
Weltweit erkrankten 2020 täglich (!) 1257 Menschen neu an Bauchspeicheldrüsenkrebs, fast eine halbe Million im Jahr. In Deutschland sind es 20.000 Jahr für Jahr, 4600 in NRW. 20.000 Betroffene sterben schon heute jährlich daran. 2030 wird Schätzungen zufolge jeder zweite Krebstote an einem Pankreaskarzinom gestorben sein, damit ist dieser Tumor für Uhl ein „Major Killer“.
„Das Skalpell allein wird Pankreaskrebs nicht heilen.““
Die Risikofaktoren
Die wichtigsten: Alter, Fettleibigkeit, Rauchen, ein neu entdeckter Diabetes, chronische oder akute Entzündungen des Pankreas (ohne klassische Erklärung) – und Krebs-Fälle in der Familie (nicht nur Bauchspeicheldrüsenkrebs). „Wenn die Oma mit 80 und die Mutter mit 65 an Brustkrebs erkrankte, sollte ich mindestens zehn Jahre früher, also mit 55, zum Arzt“, so Uhl. Denn Pankreaskrebs könne wie Brust-, Eierstock- oder Darmkrebs auch auf eine Gen-Mutation (BRCA) zurückgehen.
Erste Symptome
Die ersten Symptome sind „unspezifisch“. Beschwerden im Oberbauch oder Magen sollten Alarmsignale sein, genau wie Appetitverlust, häufiges Wasserlassen oder Stuhlveränderungen (Verstopfung wie Durchfall). Wenn der Tumor schon auf den Gallengang „drücke“ käme es zudem oft zu einer Gelbsucht, erläutert Uhl. Bei Fortschreiten der Erkrankung seien auch Rückenschmerzen typisch.
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Die Diagnose
(Spezielle) Ultraschall-Untersuchungen, Computer- und Magnetresonanztomografien sind die Mittel der Wahl, um einzuschätzen, ob ein Pankreaskrebs vorliegt und ob er operabel ist – was nur in 20 bis 30 Prozent aller Fälle möglich ist. Bei 50 bis 60 Prozent der Patienten hat der Tumor bei der Erstdiagnose bereits metastasiert (in Lymphknoten, Leber, Bauchfell oder Lunge).
Die Behandlung
Die Operation sei „sehr anspruchsvoll, gefährlich und komplikationsträchtig“, erläutert Uhl, der selbst schon 1000 solcher OPs gemacht hat. Für den „Whipple“, eine der möglichen Operationstechniken, benötigten Chirurgen sieben Stunden. Es sei entscheidend, dass Betroffene an eine Klinik mit spezieller Expertise gingen, an ein zertifiziertes Pankreas-Zentrum, die postoperative Sterblichkeit sei dort deutlich niedriger. „Es werden fatale Fehler an Kliniken gemacht“, sagt Lutz Otto, Vorsitzender der Betroffenen-Selbsthilfegruppe AdP. „Ich habe hier auch Komplikationen“, räumt Uhl ein. „Aber meine Leute können damit umgehen.“ Zertifizieren lassen können sich Kliniken, die im Jahr 20 Pankreas-Resektionen vornehmen, bundesweit gibt es 150 solcher Zentren. Über „OncoMap“ findet man eine Liste.
„Das Skalpell allein wird Pankreaskrebs aber nicht heilen“, ergänzt der Chirurg, er setzt auf die „multimodale Therapie“, verschiedenste Ansätze. Die Onkologie habe in den letzten Jahren viel dazu gelernt, etwa, dass eine adjuvante, aggressive Chemotherapie das „Fünf-Jahres-Überleben“ für fast alle Betroffenen verbessere. Seine Patienten berichteten ihm zudem von guten Erfahrungen mit Meditation, Ernährungsumstellung oder Mistelpräparaten.
Weltpankreaskrebstag
Die bundesweit größte Selbsthilfegruppe, der Arbeitskreis der Pankreatektomierten, und das Katholische Klinikum Bochum laden am 21. November, 16.30 bis 20 Uhr, zum 11. Weltpankreaskrebstag am Josef-Hospital, Gudrunstraße 56, ein. Experten, darunter Prof. Waldemar Uhl, informieren in kurzen Vorträgen etwa über Alarmzeichen und Prophylaxe oder über multimodale Therapiekonzepte und die Ernährung bei Bauchspeicheldrüsenkrebs. Danach ist Gelegenheit zum Austausch. Die Veranstaltung beginnt um 16.30 Uhr. Um Anmeldung per E-Mail an sabine.schruff@klinikum-bochum.de wird gebeten.
Die Prognose
Noch vor zehn Jahren gab es kaum Hoffnung auf Heilung. Bestenfalls 20 Monate gaben die Ärzte den Patienten, die sie operiert hatten. „Heute überleben 15 Prozent die ersten drei bis fünf Jahre“, erklärt Uhl. „Und wer die schafft, schafft auch zehn.“ Begeistert erzählt er von einer jungen Mutter mit einem Tumor, der bereits in die Leber gestreut hatte, und die er 2008 operiert habe. Die inzwischen 55-Jährige lebe noch heute tumorfrei. Uhl spricht von einem „Quantensprung“, den die Medizin gemacht habe, von einer ernstzunehmenden „Hoffnung auf Heilung“ gar. „Und mit Big Data, KI und Präzisionsonkologie kommen wir noch weiter“, versichert er. Algorithmen könnten theoretisch schon heute drei Jahre im Voraus berechnen, ob jemand an Pankreaskrebs erkranke. Biontech arbeite an der Entwicklung eines zielgerichteten mRNA-Impfstoffs, der Rezidive, die Rückkehr des Krebses, verhindern soll. Die ersten Studienteilnehmer auch in Bochum hätten ihn schon erhalten. „Zukünftig“, glaubt Uhl, „werden wir bei allen Patienten zunächst das Tumorgewebe analysieren und die Gene untersuchen. Denn da kann man angreifen.“
Die Vorbeugung
„Nicht nur im Bett liegen und Schokolade essen“, rät Waldemar Uhl lachend. Um ernster zu ergänzen, dass ausreichend Bewegung und eine gesunde Ernährung immer gut seien – und dass der Zuckerkonsum deutlich einzuschränken sei. „Zucker ist wirklich schlimm“, meint er. Eine US-Studie mit 15.000 Probanden habe gezeigt, dass diejenigen, die regelmäßig Limos tranken, eine um 90 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit für ein Pankreaskarzinom hatten.
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