Ruhrgebiet. Eine neue Variante der „Affenpocken“ beunruhigt seit August die Weltgesundheitsbehörde. Wie gefährlich ist die Erkrankung?
In Bergisch-Gladbach ist jetzt eine Förderschule geschlossen worden, nachdem sich zwei Schulkinder mit der neuen Sublinie Ib des Mpox-Virus angesteckt haben — offenbar bei einem Familienmitglied, das gerade von einer Afrikareise zurückgekehrt war. Schon im August hatte die Weltgesundheitsbehörde eine „Notlage internationaler Reichweite“ für diese Mpox-(früher: Affenpocken-)Variante ausgerufen. Im Oktober war in Köln erstmals in Deutschland ein Fall aufgetreten. Kommt womöglich eine neue, gefährliche Infektionswelle auf uns zu?
Fakt ist: Den Zahlen des Landeszentrums Gesundheit zufolge wurden seit Beginn dieses Jahres in NRW insgesamt 47 Mpox-Infektionen gemeldet (Stand: 16.12.). Laut Robert-Koch-Institut stehen die bislang nachgewiesenen neuen Mpox-Fälle (Klade Ib) allesamt „mit im Ausland erworbenen Infektionen im Zusammenhang“. Das RKI geht nicht von einer erhöhten Gefährdung durch Klade-I-Viren in Deutschland aus, heißt es am Montag. Seit Anfang des Jahres grassiert auf dem afrikanischen Kontinent eine Mpox-Welle, ausgehend vom Kongo. Angaben des afrikanischen Seuchenkontrollzentrums CDC zufolge wurden dort bereits an die 500 Mpox-Tote gezählt.
„Bochumer Ärztin: 2022 haben wir eine Mpox-Welle erlebt“
„Wir haben in Deutschland im Jahr 2022 eine Mpox-Welle erlebt – unter besonders gefährdeten Menschen“, erklärte Dr. Anja Potthoff, leitende Abteilungsärztin im WIR-Walk in Ruhr-Zentrum für sexuelle Gesundheit und Medizin am Katholischen Klinikum Bochum, im August dieses Jahres. Damals hatte die WHO die höchste Alarmstufe ausgerufen – und damit auch im Ruhrgebiet viele Menschen beunruhigt. Die aktuelle Situation sei mit der von 2022 aber nicht vergleichbar, erläuterte Potthoff. „Inzwischen sehen wir bei uns nur noch sehr wenige Fälle. Die Allgemeinbevölkerung muss keine Sorge haben.“
Die Ärztin hatte 2022 in ihrem Zentrum in Bochum 45 Infizierte betreut. Drei Männer seien damals schwerer erkrankt, ein einziger Patient musste stationär behandelt werden. Er erhielt ein spezielles Medikament, das schwersten Verläufen vorbehalten ist.
„Infektionen sind unangenehm, heilen meist aber folgenlos aus“
Im Allgemeinen sei gar keine spezifische Therapie erforderlich, sagte Potthoff, es würden dann nur die Symptome behandelt, etwa Fieber oder Entzündungen. „Diese Infektionen sind unangenehm, mit Ausschlag und Fieber verbunden, aber sie heilen meist nach ein, zwei Wochen folgenlos wieder ab.“
Mpox übertragen sich nur über direkten Bläschen-, also bei sehr engem körperlichen Kontakt, in Deutschland insbesondere bei sexuellen Kontakten von Männern mit Männern. Fünf Fälle pro Woche würden bundesweit hierzulande noch registriert. „Alle vor 1975 Geborenen sind durch die Pockenimpfung zumindest teilweise geschützt“, erklärte Potthoff. Im Kongo könnten sich die Infektionen schneller – auch in der Allgemeinbevölkerung – ausbreiten, weil die Menschen dort auf sehr viel engerem Raum zusammenleben.
Impfstoff schützt Risikogruppe
Für die Risikogruppe gibt es zudem einen Impfstoff, der vor Ansteckung und schweren Verläufen schützt. Die Indikation sei indes „sehr streng“. Im Durchschnitt werde jede Woche im WIR eine Person geimpft, ausreichende Mengen des Vakzins halte die Apotheke vor, so Potthoff.
Auf den Seiten des Landesgesundheitsministeriums finden Interessierte eine Liste der offiziellen Impfstellen. Demzufolge wird (Stand 31.10.2023) unter anderem an der Uniklinik Essen, in Bochum nicht nur im WIR, sondern auch im St. Josef-Hospital geimpft, zudem in zwei Praxen in Gelsenkirchen und Dortmund.
Mehr als 14.000 Verdachtsfälle in Afrika – und 500 Tote
Die von der WHO veröffentlichte Meldung sollte insbesondere die nationalen, afrikanischen Behörden alarmieren. Im Kongo war die neue Mpox-Variante Ende 2023 erstmals aufgetaucht. Sie gilt als ansteckender als ihre Vorgänger, soll auch schwerere Krankheitsverläufe verursachen. Belastbare Studien liegen allerdings dazu noch nicht vor. Inzwischen wurde die neue Variante auch in Uganda, Ruanda, Burundi und in Kenia nachgewiesen. Mehr als 15.000 Verdachtsfälle sind Medienberichten zufolge der afrikanischen Gesundheitsbehörde CDC allein in diesem Jahr gemeldet worden.
Weltweit seien seit 2022 insgesamt rund 95.000 Fälle registriert worden, heißt es beim Robert-Koch-Institut. Damals gab es eine Infektionswelle in 60 Ländern in aller Welt. In Deutschland ist noch nie ein Mensch an Mpox gestorben, 3.800 Fälle wurden dem RKI überhaupt erst gemeldet – die meisten davon im Frühsommer/Herbst 2022. Seit damals lägen die Fallzahlen auf „sehr niedrigem Niveau“.
Mpox-Viren hießen früher Affenpocken (engl.: monkeypox), weil sie zufällig erstmals bei Affen nachgewiesen worden waren. Sie sind mit dem klassischen Pockenvirus (Variola-Virus) verwandt.