Witten. Stottern, lispeln, die Suche nach Wörtern: Die Wittener Logopädin Laura Obermeier weiß Rat. Aber Patienten brauchen auch Hilfe von Angehörigen.
Die Pferdebachstraße in Witten wird immer mehr zur Gesundheitsmeile der Stadt. Jetzt hat die Praxis „LogopaedieWerk“ ihren therapeutischen Betrieb im Neubau Nummer 16b aufgenommen. Leiterin Laura Obermeier (29) erklärt, worin genau ihre Arbeit besteht, warum Smartphones Gespräche mit Kindern nicht ersetzen - und warum Motivation für Erkrankte nach einem Schlaganfall so wichtig ist.
Noch arbeitet die ausgebildete Logopädin allein in den neu eingerichteten Räumen. Aber nicht mehr lange. Nach der Jahreswende besteht das Team der kleinen Logopädie-Kette am Wittener Standort aus fünf Fachkräften. Sie behandeln Menschen aller Altersklassen.
„Das fängt mit Säuglingen an, die Schluckbeschwerden haben, und das hört mit Schlaganfallpatienten im Altenheim auf, die Sprach- oder Wortfindungsstörungen haben“, sagt Obermeier. „Wir behandeln Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen. Es geht um weit mehr als Lispeln oder Stottern.“
Vom Säugling bis zum Altenheimbewohner
Derlei Störungen werden oft bei Mädchen und Jungen im Vorschulalter als behandlungsbedürftig eingestuft – vor allem dann, wenn der Wechsel von der Kita zur Schule ansteht. Der Therapiebedarf ist nach Erfahrung von Laura Obermeier sehr individuell. Führt ein Gehörschaden zu einer Sprach- oder Sprechstörung? Oder hat sie andere Ursachen? Um das herauszufinden, arbeitet sie eng mit Kinder- oder HNO-Ärzten zusammen. „Wenn das Kind nichts hören kann, kann es auch nicht sprechen.“
Praxen im Überblick
In Witten gibt es viele Logopädiepraxen. Hier ein Überblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit: „dialog“, Logopädische Praxisgemeinschaft, Ruhrstraße 37; Praxisgemeinschaft für Logopädie, Crengeldanzstraße 81a; Logopädie & Stimme Silvia Grünitz, Bodenborn 68; Logo-Praxis Többen, Wittener Straße 13; „sprichWORT“, Praxis für Sprachtherapie, Mechtild Hoffmann, Ardeystraße 25a; Praxis für Logopädie Broer & Dickhöfer Witten, Haldenweg 10.
Logopäden unterscheiden zwischen Sprach- und Sprechstörungen. Bei einer Sprachstörung handelt es sich um Störungen des sprachlichen Ausdrucks oder des sprachlichen Verständnisses. Bei Sprechstörungen sind die sprachliche Ausdrucksfähigkeit und Lautbildung durch eine Störung der zuständigen Muskeln oder Nerven beeinträchtigt.
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Allerdings führt eine Diagnose häufig zu der Erkenntnis, dass bei jungen Patienten eben kein Gesundheitsproblem vorliegt. Beim kindlichen Spracherwerb ist die geistige Entwicklung eng mit elterlicher Zuwendung verbunden. Deshalb rät Laura Obermeier Eltern, mit ihren Kindern viel Zeit zu verbringen, mit ihnen zu spielen oder zu basteln. Auch Vorlesen vergrößert den kindlichen Wortschatz. „Das hat viel mehr Wert als ein Smartphone oder ein Tablet.“ Die Logopädin hat festgestellt: „Das Reden kommt in vielen Familien immer mehr zu kurz, und das merkt man auch.“
Manchmal helfen Kreuzworträtsel und Scrabble
Bei Erwachsenen, gerade bei alten Menschen, sind Sprach- und Sprechstörungen dagegen meist durchweg auf medizinische Ursachen zurückzuführen. Sie reichen von Unfallfolgen über neurologische Erkrankungen bis zu Schlaganfällen.
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Doch ganz gleich, ob Jung oder Alt: Laura Obermeier weiß, dass sich Lernen für ihren Patientenkreis leichter anfühlt, wenn es spielerisch wirkt. „Wenn ein Kind das „Sch“ nicht richtig kann, ahmen wir das Zuggeräusch nach“, nennt die Fachfrau ein Beispiel. „Wir gucken immer: Was interessiert das Kind? Und dann stellen wir unsere Therapie darauf ein.“ Und die Älteren?
Nach leichten Schlaganfällen können Kreuzworträtsel den Wortschatz wieder ins Gedächtnis zurückholen. In einigen Fällen, gegen Ende der Therapie, helfe sogar Scrabble. „Wir haben das Spiel im Schrank.“
18-jähriger Schlaganfallpatient beschert Team Erfolgserlebnis
Die ältere Zielgruppe braucht ebenfalls Unterstützung durch Angehörige – nicht nur mit Blick auf Fortbewegung und Beförderung, sondern mindestens genauso sehr durch Motivation und Zuspruch. Das gilt nicht nur für das Sprach- und Sprechtraining. Auch das Schlucken muss von manchen Schlaganfallpatienten neu gelernt werden.
Am Anfang gibt es immer eine Eingangsdiagnostik. Auch in diesem Fall ist die Zusammenarbeit mit Arztpraxen unerlässlich. Das Gros der Patientenschar kommt in die Praxis. Das Logopäden-Team bietet nach Absprache aber auch Hausbesuche an. Am schönsten ist die Arbeit für die Therapeuten dann, wenn sich Erfolgserlebnisse einstellen. So kennt Laura Obermeier einen 18-jährigen Schlaganfallpatienten, den es schlimm getroffen hat. Auch wenn er „noch eine lange Strecke vor sich“ hat, spürt die Expertin: „Sein Gesundheitszustand hat sich schon verbessert.“
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