Mülheim. Bezahlbarer Wohnraum ist in Mülheim Mangelware. Welchen zu schaffen, ist ein zähes Geschäft, macht der MWB die Erfahrung beim Papenbusch-Projekt.
Der Deal der Stadt mit der Genossenschaft Mülheimer Wohnungsbau (MWB) zur Flüchtlingsunterbringung sah auch vor, dass die Stadt dem MWB möglichst schnell Baurecht gewährt, um am Papenbusch bezahlbaren Wohnraum für alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt zu schaffen. So schnell bauen wie an der alten Stadtgärtnerei wird MWB in Dümpten aber nicht können. MWB-Vorstand Frank Esser sieht noch Hürden zu überspringen.
Während der MWB beim Bau des Flüchtlingsquartiers am Rande des Hauptfriedhofs schon große Fortschritte mit Blick auf die angepeilte Fertigstellung im Sommer 2025 macht, steckt das Projekt Papenbusch noch fest im langwierigen Bauleitplanverfahren, an dessen Ende ein Bebauungsplan und damit Baurecht stehen soll. In Holthausen durfte der MWB wegen einer Sonderregelung im Baugesetzbuch zur schnellen Schaffung von Unterbringungsplätzen für geflüchtete Menschen den ersten Spatenstich setzen, obwohl auch dort noch Baurecht für ein Wohngebiet her muss.
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Mülheims Wohnbau-Projekt Papenbusch: Hartnäckiger Protest von Nachbarn
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Am Papenbusch ist dies rechtlich nicht möglich. Das Bebauungsplanverfahren hat eine erste Offenlage mit der Chance für Bürgerinnen und Bürger durchlaufen, sich zu den Plänen zu äußern. Bekanntlich plant der MWB auf dem ehemaligen Mannesmann-Sportplatz ein Quartier mit rund 100, überwiegend öffentlich geförderten Wohnungen und einer Kita, um der Platznot in Dümpten zu begegnen.
MWB-Vorstand Frank Esser sieht das Projekt mit einem hartnäckigen Protest aus der Nachbarschaft konfrontiert, „viele vor Ort sind kritisch“, muss er feststellen. Dabei sei die Wohnungsbaugenossenschaft offen fürs Gespräch, sei im Austausch mit der Initiative, auch mit Kommunalpolitikern wie SPD-Mann Filip Fischer, der sich die Bürgerinteressen in seinem Wahlbezirk in den vergangenen Monaten vehement zu eigen machte.
Anwohner befürchten Verkehrsprobleme und Ghettobildung
Die Anwohner fürchten Verkehrsprobleme rund um die geplante Zufahrt zum neuen Quartier an der Papenbuschstraße (Höhe Martinstraße), sie prognostizieren einen Kleinkrieg um Parkplätze, beklagen zu hohe Gebäude (drei bis vier Geschosse sind in Planung) und eine Ungleichverteilung sozialen Wohnraums im Stadtgebiet zu Lasten des Nordens. So befördere man Ghettobildung, war das Klima auf der Bürgerversammlung im späten Frühjahr gereizt.
Es sei eine offene Frage, „wie lange das Verfahren mit der Abstimmung mit den Bürgern und dem Gestaltungsbeirat dauert“, klingen Essers Worte nicht optimistisch, jene 100 bezahlbaren Wohnungen möglichst schnell der großen Nachfrage gegenüberstellen zu können. Der vertraulich tagende Gestaltungsbeirat habe dem MWB auch noch ein paar Hausaufgaben aufgetragen hinsichtlich der Anordnung der geplanten Mehrfamilienhäuser oder aber der Müllentsorgung.
Chef vom Wohnungsbauunternehmen beklagt lange Verfahren: „Ein ernsthaftes Problem“
Dass es diese Widerstände gibt, lässt bei Esser mindestens Ernüchterung aufkommen. Jüngst erst gutachterlich für Mülheim festgestellt sei ein Wohnungsmangel in hoher vierstelliger Zahl, insbesondere an bezahlbarem Wohnraum. Die Forderungen, Wohnraum zu schaffen, seien laut. Doch wenn in eigener Nachbarschaft gebaut werden solle, gingen viele auf die Barrikaden. Dieses Verhalten sei „extrem ausgeprägt“, so Esser, der dazu eine gesellschaftliche Debatte dringend anrät, um sich im Wohnungsbau von Hemmschuhen zu befreien. Eine grüne Wiese am Papenbusch könne sich die Genossenschaft „nicht leisten“.
Hinzu kämen überzogene staatlichen Regulierungen im Wohnungsbau, in den Genehmigungsverfahren sei Deutschland „viel zu langsam geworden, das ist ein ernsthaftes Problem für das Land“, sagt Esser. Jede „Baukostensenkungsrunde“ der Berliner Politik münde in eine neuerliche Kostensteigerung. Die Bearbeitung von Bauanträgen dauere in Mülheim, Essen und Oberhausen unisono zwölf Monate, Anträge könnten Bauherren weiter nicht online einreichen, „das kann nicht unser Anspruch sein“, sagt Esser, wenn auch einräumend, dass ebenso Personalengpässe in den Verwaltungen ein Grund für zähe Verfahren seien, nicht nur die staatliche Überregulierung.
Vorstand vom Mülheimer Wohnungsbau rechnet nicht mit Baurecht in 2025
Beim Quartier auf dem alten Stadtgärtnerei-Grundstück habe es nur eineinhalb Jahre von der ersten Idee bis zur Baugenehmigung gedauert, für das Papenbusch-Projekt rechnet Esser auch im Jahr 2025 nicht mit Baurecht, insbesondere nicht mit wesentlicher Bewegung vor der Kommunalwahl im September. Einige der nötigen Gutachten seien der Stadt aber schon zur Prüfung übermittelt.
Selbst gegen einen vorgezogenen Bau einer Kita hatte es politische Bedenken gegeben. Die Befürchtung: Man schaffe durch die Anordnung und Erschließung unumkehrbare Tatsachen. MWB-Vorstand Esser hofft trotzdem, zumindest in dieser Sache schneller voranzukommen. Ein Bauantrag ist zwar noch nicht gestellt. Esser rechnet aber damit, dass dieser auch ohne Baurecht für das gesamte Areal genehmigt werden könnte. Die Kita sei im Bedarfsplan der Stadt schließlich fest für 2026/27 vorgesehen, genauso wie das jüngst fertiggestellte Projekt an der Teutonenstraße. Tempo wäre also angesagt.
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