Mülheim. Zur Sitzung des Mülheimer Stadtrates am Donnerstag gehen die Parkstadt-Kritiker auf die Barrikaden. Sie wollen einen Beschluss verhindert sehen.
Die Kritiker der Parkstadt-Planungen für das ehemalige Tengelmann-Areal trommeln aktuell besonders laut, um ihren Widerstand gegen eine allzu massive Bebauung unter anderem mit bis zu 15 Stockwerke emporragenden Hochhäusern kundzutun. Ihr Lärm zum Advent kommt nicht von ungefähr: Am Donnerstag soll der Stadtrat das neue Handlungskonzept Wohnen beschließen. In ihm steht die Prognose, dass Mülheim tausendfach neue Wohnungen braucht - und eine Parkstadt da gerade recht komme, um den Bedarf zu decken.
Mit Bürgereingaben, einem offenen Brief an OB Marc Buchholz (CDU), gar einer gemeinsamen Erklärung mit der Bürgerinitiative zur Reaktivierung des VHS-Gebäudes in der Müga wenden sich die Parkstadt-Kritiker gegen jenes Handlungskonzept, das das Bochumer Inwis-Institut im Auftrag der Stadt erstellt hat, und pochen auf die Veröffentlichung aller schon bei der Stadtverwaltung eingegangenen Gutachten zum Parkstadt-Projekt des österreichischen Investors Soravia.
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Parkstadt-Netzwerk fordert Politik und Verwaltung in Mülheim zu mehr Dialog auf
Sie fordern mehr Respekt vor dem Engagement von Bürgerinnen und Bürgern ein. „Es darf nicht sein, dass deren mannigfaltig geäußerte Kritik und klare Willensbekundungen von Seiten der Politik sowie von Seiten der Stadtverwaltung ignoriert werden“, erklären aktuell das Netzwerk „Parkstadt Mülheim... aber richtig“ und die VHS-Initiative, die weiter beklagt, dass der Bürgerentscheid von 2019 zum VHS-Erhalt nicht umgesetzt ist.
Das Parkstadt-Netzwerk, das früh aus dem Beirat zum Mega-Bauprojekt ausgestiegen war, beklagt nun, dass die Ratskoalition aus CDU und Grünen sowie die Verwaltung keine „tiefergehende Dialogbereitschaft“ zur Kritik an den bisher skizzierten Bauplänen zeige, obwohl schon früh 4100 Unterzeichner einer Petition deutlich gemacht hätten, dass sie gegen eine massive Bebauung seien.
Mülheims Parkstadt-Kritiker sehen Anregungen bis dato abgebügelt
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„Ein Dialog muss sofort beginnen“, lautet die Forderung. Es nütze nichts, „Beiräte ohne kommunalpolitische Mandate zu erfinden, in denen sich Diskussionen totlaufen, Anregungen abgebügelt und Information nur zögerlich bereitgestellt werden“.
In einem offenen Brief an OB Buchholz, aber auch mittels Bürgereingaben fordern Netzwerk-Mitstreiter, das besagte Handlungskonzept Wohnen am Donnerstag im Stadtrat nicht zur beschlossenen Sache zu machen, sondern es lediglich zur Kenntnis zu nehmen. Andernfalls, so ihre Befürchtung, würden schon jetzt Fundamente gelegt für eine wuchtige Parkstadt.
Mülheimer CDU-Politikerin: Wir haben auch noch keines der Parkstadt-Gutachten
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Zuletzt im Planungsausschuss zeichnete sich ab, dass eine Ratsmehrheit nicht gewillt ist, dem nachzukommen - auch nicht der Forderung, Gutachten zum Bebauungsplanverfahren schon vorzeitig zu veröffentlichen. „Auch wir haben die einzelnen Gutachten noch nicht gelesen“, stellte etwa Petra Seidemann-Matschulla als planungspolitische Sprecherin der CDU klar. Auch die Politik müsse sich gedulden, bis das Gesamtpaket aus Gutachten, Festsetzungen und städtebaulichem Vertrag im Entwurf vorgelegt werde.
„Der Eindruck, dass wir schon alles wissen und was unter den Teppich kehren“, sei falsch, so die CDU-Politikerin. Sie mahnte gleichwohl, Mülheims Planungsverwaltung möge in der Sache Tempo aufnehmen. Schließlich müsse man „mal in die Pötte kommen und den Wohnraumbedarf in der Stadt decken“.
Parkstadt: Mülheims Verwaltung sieht umfassende Debatte erst im Sommer 2025
„Wir bemühen uns, es so schnell wie möglich fertigzumachen“, entgegnete Planungsdezernent Felix Blasch. Sein Amtsleiter Alexander Behringer sieht aber wegen des „Arbeitsumfangs“ eine Offenlage aller ausgetüftelten Pläne und Verabredungen mit dem Investor erst möglich für die Sitzungsfolge der Ratsgremien vor der Sommerpause 2025.
Auf Gutachten und Co. werden Politik und Bürger also weiter warten müssen. Planungsamts-Chef Behringer sagte zu den Bürgereingaben, dass eine Veröffentlichung zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn mache, weil das Planungskonzept nicht ausgereift sei. Eine Veröffentlichung der Gutachten führte „unter Umständen zu weiteren Fragen in der Öffentlichkeit, die unbeantwortet im Raum stehen bleiben und Spekulationen auslösen können“. Spitz bemerkte er auch, dass das Netzwerk selbst es gewesen sei, dass sich mit dem Austritt aus dem Projektbeirat der Möglichkeit beraubt habe, auch erste Ergebnisse aus den Gutachten präsentiert zu bekommen.
Mülheims Baudezernent: Wohngutachten ist „keine apodiktische Vorfestlegung“
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Nochmals sagte Behringer für die Verwaltung themenspezifische Bürgerinformationsveranstaltungen für die Zeit zu, wenn die Planung einen belastbaren Stand erreicht habe.
Dezernent Blasch war derweil bemüht, die Behauptung des Netzwerkes zu zerstreuen, ein Beschluss des Stadtrates zum Handlungskonzept Wohnen am Donnerstag würde schon zementieren, dass auf dem Brachland zwischen Broich und Speldorf dicht und hoch zu bauen sei. Das Handlungskonzept sei dann lediglich einer von zahlreichen Punkten, die im Abwägungsprozess für die Stadtentwicklung zu berücksichtigen seien, aber „keine apodiktische Vorfestlegung“. Es entstehe keine Pflicht, den Empfehlungen der Gutachter zu folgen. Politik als entscheidende Instanz könne immer auch davon abweichen.
Mülheims SPD sieht noch Bedarf für „viele Änderungen“ an Parkstadt-Plänen
Vor der Kommunalwahl im September wird‘s wohl kein Baurecht mehr für Soravia geben, das deutete auch Blasch zuletzt im Planungsausschuss an. Filip Fischer als designierter neuer Fraktionschef der SPD ließ anklingen, dass seiner Fraktion das recht sei. „Wir tun uns mit vielen Fragen schwer“, sagte er und erinnerte an das Versprechen der Verwaltung an die Bürgerschaft, „sich Zeit zu nehmen für eine Öffentlichkeitsbeteiligung“. Bauhöhen, sozialer Wohnungsbau und Co.: Man werde sicher noch „viele Änderungen erleben“.
Die SPD hatte im Planungsausschuss zum Handlungskonzept Wohnen Beratungsbedarf angemeldet, die MBI haben sich schon festgelegt: Sie werden einen Beschluss zum Konzept ablehnen - mit dem Hinweis darauf, dass das 2012er Konzept vom Stadtrat auch nur „zur Kenntnis genommen“, aber nicht beschlossen worden war. Wie das Netzwerk befürchten die MBI, dass das Wohnungsgutachten mit einem Beschluss „zur verbindlichen Grundlage der Stadtplanung“ würde. Einwände gegen die Bebauung von Freiflächen oder zu dichte Bebauung hätten dann „kaum noch eine Chance“.
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