Corona prägt Gladbeck 2021 – aber nicht nur: Es gibt auch Lichtblicke, schöne Momente, optimistische Aktionen. Rückblick auf ein lebhaftes Jahr.

Gladbeck. Vor allem Corona prägte das Jahr 2021 in Gladbeck. Aber es gab noch andere Ereignisse und Vorfälle, die die Menschen in der Stadt bewegten. Die WAZ blickt auf die vergangenen zwölf Monate zurück (Teil 2).

Im Juli startet das Stadtleben dank der gesunkenen Corona-Inzidenz wieder durch: Die Gastronomie freut sich über volle Terrassen, im Freibad tummeln sich (begrenzt und mit Voranmeldung) Badegäste. Selbst die Vogelinsel in Wittringen empfängt wieder Besucher. Das Fritz-Lange-Haus kehrt zu seinem Wochenprogramm zurück. Die Stadt hilft der corona-gebeutelten Gastronomie und verzichtet auf Gebühren für Außengastronomien, lässt sogar größere Flächen zu. Im Rat streiten sich kurz vor der Sommerpause die Fraktionen heftig über die gendergerechte Sprache. In der SPD bricht – zwei Monate vor der Bundestagswahl – erneut ein heftiger Disput aus: Parteichef Bennarend macht der Fraktion große Vorwürfe, wirft seine Ämter in der Fraktion hin. Das Unwetter vom 14. Juli verschont Gladbeck, aber immerhin: Es fällt mit 55 Litern in 24 Stunden so viel Regen wie alle zehn Jahre nur einmal.

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Erfolgsstory: Die Fluthilfe Gladbeck leiste Katastrophenopfern im Ahrtal große Hilfe

Viele Lkw, mit gespendeten Hilfsgütern beladen, fahren von Gladbeck aus ins Katastrophengebiet in der Eifel.
Viele Lkw, mit gespendeten Hilfsgütern beladen, fahren von Gladbeck aus ins Katastrophengebiet in der Eifel. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Eine wahre Erfolgsstory ist die Fluthilfe Gladbeck, die sich Mitte Juli nach der Flutkatastrophe in der Eifel spontan gründet und nur eines kennt: Helfen, helfen, helfen. Auch das DRK beteiligt sich an den Hilfsaktionen direkt vor Ort. Die Fluthilfe bittet unterdessen die Bürger um Spenden – und sie bekommt sie ohne Ende. Schon wenige Tage nach der Katastrophe fahren 30 Lkw mit Spenden Richtung Ahrtal. In einer Werkshalle am Wehlingsweg packen viele Freiwillige an, die Spenden zu sortieren und zu verpacken. Später können 60 Bautrockner in die Eifel gebracht werden, die Fluthilfe bekommt sogar 30.000 Euro Spendengelder zusammen. Bis zum Jahresende fahren immer wieder Hilfskonvois ins Ahrtal, viele Menschen helfen auch direkt vor Ort und packen mit an. Kurz vor Weihnachten kommen zwei Familien stellvertretend für diejenigen, denen die Spenden geholfen haben, nach Gladbeck und danken ausdrücklich für die Unterstützung.

Im August treten erneut erste Corona-Fälle in Altenheimen auf – trotz Impfung. Die Infektionen verlaufen, dank der Impfung, in der Regel glimpflich. Die Aufstockung des Riesener-Gymnasiums wird gestoppt: Das Dach ist marode, statisch unsicher. Jetzt wird nach einer Lösung gesucht. Alarm in der Aldi-Filiale Schultendorf: Rattenbefall. Die Stadt ordnet die Schließung an, bis der Kammerjäger seine Arbeit gemacht hat. In Brauck beginnt im Sportpark Mottbruch, dem millionenschweren Vorzeige-Projekt, der Endspurt für die Bauarbeiten. Ende des Monats flammt eine Debatte um ein geplantes muslimisches Jungenwohnheim an der Roßheidestraße aus. Für Aufsehen sorgt das Schützenfest in Rentfort: Offenbar gibt’s Verstöße gegen die Corona-Auflagen.

In Rentfort wird der Problemhochhaus abgerissen, in Brauck wächst das Windrad

Der Abriss des Jahres: Die Problemimmobilie Schwechater Straße 38 wird seit Anfang August abgerissen.
Der Abriss des Jahres: Die Problemimmobilie Schwechater Straße 38 wird seit Anfang August abgerissen. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Im August beginnt auch die Endphase beim Bau des Windrads auf der Mottbruchhalde. Auf dem inzwischen auf 130 Meter angewachsenen Turm werden das Maschinenhaus samt Generator und Nabe gesetzt, schließlich die drei 67 Meter langen Flügel installiert. Seit September ist sie fertig, die 3,5-Megawatt-Windenergieanlage, die pro Jahr rund 10.000 Megawattstunden Strom produzieren kann – wenn das Wetter stimmt. In Betrieb ist das Megawindrad, das inzwischen eine neue Landmarke in Gladbeck darstellt, bis Jahresende allerdings aus organisatorischen Gründen noch nicht gegangen. Im Januar soll es nun endgültig ans Netz kommen.

Der Abriss des Jahres: Die jahrelang leerstehende Schrottimmobilie Schwechater Straße wird endlich abgerissen. Am 2. August knabbert der eigens engagierte Longfront-Bagger erstmals die Fassade an, nachdem monatelang zuvor das Haus vom Müll befreit und entkernt worden war. Die Abrissarbeiten locken Tag für Tag Beobachter an, viele fotografieren oder filmen den Abbruch. 80.000 Kubikmeter Bauschutt fallen dabei an, der Abriss kostet knapp 5 Millionen Euro und wird vom Land mit 1,7 und von der Stadt mit knapp 1 Million Euro bezuschusst. Zur Abrissparty Mitte September kommt auch Kommunalministerin Ina Scharrenbach. 2022 soll die Neubebauung beginnen.

Bundestagswahl: SPD gewinnt, CDU verliert – Gerdes holt wieder Direktmandat

Zum vierten Mal holt der Bottroper SPD-Politiker Michael Gerdes (vorn rechts) bei der Bundestagswahl am 26. September im Wahlbezirk Bottrop/Gladbeck das Direktmandat
Zum vierten Mal holt der Bottroper SPD-Politiker Michael Gerdes (vorn rechts) bei der Bundestagswahl am 26. September im Wahlbezirk Bottrop/Gladbeck das Direktmandat © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Der September beginnt mit einem „Appeltatenfest light“ – einem Fest so ganz anders als gewohnt mit viel weniger Programm und reduziertem Publikum. Sorgen löst das Schließen der Tafel aus – nach dem überraschenden Tod zweier wichtiger Vorstandsmitglieder. 1300 Bedürftige trifft das. Nun sucht ein Große Betroffenheit löst der Verkauf des 1100 Jahre alten Hofes Schulte-Pelkum an die Autobahn GmbH zwecks A-52-Baus aus. Er steht nun vor dem Abriss. Die 40 Jahre alte Szenekneipe Café Goethestraße öffnet wieder nach monatelanger Schließung unter neuer Leitung. Irritiert sind katholische Gläubige, dass Propst Müller nun auch die Großpfarrei St. Clemens in Oberhausen zusätzlich zu St. Lamberti leitet. „Ich bleibe aber hier“, betont Müller. Bei der Bundestagswahl am 26. September gewinnen die SPD und ihr Kandidat Gerdes (37,7 Prozent, plus 3,3). Die CDU sackt dagegen ab (22,5 Prozent, minus 3,5). In Brauck-Süd beginnt der Bau des letzten Umbauabschnitts der Horster Straße – nach fast 30 Jahren!

Im Oktober endet nach zwei Jahren Abrissarbeiten die Niederlegung des einstigen Möbelparadieses. Aus alt mach neu: Die Idee, die Rex-Klause als Lounge und Bar zu öffnen, stoßen auf Interesse. Erste Grundschulklassen erhalten nun doch auf Kosten der Stadt Luftreiniungsanlagen. In Zweckel ist der Abriss der einstigen Willy-Brandt-Hauptschule fast beendet. Ein Supermarkt und Wohnungen sollen entstehen. Auf zunehmenden Vandalismus reagiert der Pächter von Schloss Wittringen und schließt außerhalb der Restaurant-Zeiten das Schlosstor. Auch der ZBG beklagt immer mehr Vermüllungen in Wittringen.

Sporthalle brennt in einer Oktobernacht nieder – Brandstiftung

Lichterloh brannte in der Nacht zum 12. Oktober die Sporthalle Rentfort-Nord -- Brandstiftung!
Lichterloh brannte in der Nacht zum 12. Oktober die Sporthalle Rentfort-Nord -- Brandstiftung! © Unbekannt | Feuerwehr Gladbeck

Vorsätzliche Brandstiftung ist der Grund für den fürchterlichen Brand der Sporthalle Rentfort-Nord in der Nacht zum 12. Oktober. Das Feuer dringt von außen nach innen in die Sporthalle. Als die Feuerwehr, die Vollalarm auslöst, eintrifft, brennt die Sporthalle lichterloh. Drei Stunden kämpfen die Feuerwehrleute gegen die Flammen an – vergeblich. Die Dreifachturnhalle brennt völlig aus, es herrscht Einsturzgefahr des Daches. Schon kurz danach ist klar: Die Sporthalle ist nicht zu retten, muss abgerissen werden. Schaden: mindestens 7 Millionen Euro. Der Brandstifter ist noch nicht gefasst.

Das kommt mehr als überraschend: Zum 31. Oktober, so verkündet es der Krankenhausträger St. Augustinus, verlässt Chefarzt Dr. Heinz-Dieter Oelmann das St.-Barbara-Krankenhaus, in dem er über viele Jahre die Neurologie leitete. Ein Grund für den Abschied wird nicht genannt. Bereits im August war Oelmann vom Amt des Ärztlichen Direktors, das er seit 2018 inne hatte, zurückgetreten. Damals   hieß es „aus persönlichen Gründen“. Nun habe man sich im „gegenseitigen Einvernehmen getrennt“, verlautet vom Krankenhausträger. Nachfolger Oelmanns in der Neurologie wird Prof. Dr. Michael Linnebank, das Amt des Ärztlichen Direktors übernahm Prof. Dr. Christian Wedemeyer, leitender Oberarzt und designierter Chefarzt der Unfallchirurgie.

Zweites Ärztehaus in Butendorf wird Anfang November fertig

Hören auf: CDU-Fraktionsvorsitzender Peter Rademacher und ein Vize Christian Enxing.
Hören auf: CDU-Fraktionsvorsitzender Peter Rademacher und ein Vize Christian Enxing. © FFS | Michael Dahlke

Im November öffnet in Butendorf das zweite Ärztehaus – auf dem Medizincampus bieten nun 26 Ärzte sowie Hebammen, Therapeuten und ein Pflegedienst und Apotheke gebündelt ihre Dienst an. SPD-Parteichef Bennarend kündigt seinen Rückzug von der Parteispitze an, die Grünen verlieren ihr Führungsduo, CDU-Chef Drosdzol wird wiedergewählt. Ende November steigt die Inzidenz erneut auf 160, bei einer Sonderimpfung in der Stadthalle stehen 400 Menschen in einer Warteschlange an.

Der Dezember wird noch einmal politisch: In der CDU explodiert ein Richtungsstreit – Fraktionschef Rademacher und ein Vize Christian Enxing treten zurück. Sie wollten den arg strapazierten Haushalt der Stadt mittragen, die Fraktion nicht. Nicht das erste Mal standen sie allein da: „Es macht keinen Sinn, gegen die Mehrheit anzuarbeiten.“ Im Rat wird heftig gestritten – 8,6 Millionen fehlen coronabedingt. Mit knapper Mehrheit geht der Etat gegen die Stimmen von CDU und Grünen durch.

Nach 108 Jahren löst sich der MGV Gladbeck -Scholven auf

Ausgesungen: Der Männergesangsverein Gladbeck-Scholven löst sich nach 108 Jahren zum Jahresende auf.
Ausgesungen: Der Männergesangsverein Gladbeck-Scholven löst sich nach 108 Jahren zum Jahresende auf. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Aus nach 108 Jahren: Mit der Ankündigung des MGV Gladbeck-Scholven, sich zum Jahresende aufzulösen, lösten die Sänger in der Gladbecker Kulturszene großes Bedauern aus. Fehlende Einnahmen infolge ausgefallener Konzerte, aber auch Nachwuchsmangel und unbesetzte Vorstandsämter zwangen die Vereinsspitze Anfang Dezember, das Aus zu verkünden. Mit dem Rückzug des Vereins geht ein bedeutendes Stück Musik-, Vereins- aber auch Bergbaugeschichte zu Ende.

Denn Bergleute der Schachtanlagen Zweckel und Scholven waren es gewesen, die 1913 den „Männergesangverein Sangeslust Scholven-Zweckel“ gründeten (später MGV Gladbeck-Scholven) und für ihre Konzerte lebten. Der Verein überstand beide Kriege, das Ende des Bergbaus, aber nicht die Corona-Krise, die letztlich ihren Teil zum Entschluss beitrug, aufzuhören. Wehmut auch auf dem Wochenmarkt: Nach 70 Jahren nehmen Kunden und andere Marktbetreiber Abschied von Blumen Hesselmann. Abgesagt wird wegen Corona das Turmblasen, auch der Nikolausmarkt findet nicht statt. Im Einzelhandel gilt nach mehr Coronafällen und wieder verschärfter Coronaschutzmaßnahmen das 2G-Modell. Das Bändchenmodell, das dazu eingeführt wird, kommt dabei bei Kunden und Geschäftsleuten gut an und macht alles in allem Hoffnung auf 2022.

Den Jahresrückblick 2021 – Teil 1 – lesen Sie hier