Gladbeck. CDU-Fraktionschef Peter Rademacher und Vize Christian Enxing geben ihr Amt auf. Anlass ist der interne Streit um den neuen Haushalt der Stadt.
Neuer Trubel in der Gladbecker Lokalpolitik. Die Fraktionsspitze der CDU, der Vorsitzende Peter Rademacher und sein Stellvertreter Christian Enxing, treten von ihren Posten zurück. Die Entscheidung fiel zum Ende der Fraktionssitzung am Mittwochabend. Entscheidendes Streitthema war dort die Position zum Haushalt, über dessen Beschluss in der Ratssitzung am Donnerstag abgestimmt wird.
Damit ziehen sich Rademacher und Enxing aus der bisherigen Verantwortung als Führungsduo zurück. Ein neuer Paukenschlag im Gladbecker Politikkarussell. Erst Mitte November hatte die Führungsspitze der Grünen, Lisa Engineer und Jan Kulczak, ihre Ämter niedergelegt. Zuvor waren Mitte Juli die Divergenzen zwischen SPD-Ortsparteichef Jens Bennarend und Fraktionschef Wofgang Wedekind sowie Geschäftsführerin Christa Bauer eskaliert. Bennarend schmiss seine Fraktionsämter hin und stellte sich nicht mehr für die Parteispitze zur Wahl.
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Die Vorsitzenden wollten den Haushaltsentwurf im Rat mittragen
Jetzt eskaliert der Richtungsstreit in der CDU. Rademacher und Enxing wollten unterm Strich den Haushaltsentwurf mittragen, sie stießen dabei aber auf Ablehnung bei den anderen CDU-Fraktionsmitgliedern. Auch der per Videokonferenz am Mittwoch zugeschaltete Landrat Bodo Klimpel, der zur Finanzierung des Haushaltes auf Kommunalebene sachlich informierte, konnte offensichtlich die neben den Vorsitzenden weiteren 16 Anwesenden nicht davon überzeugen, von ihrer bisherigen Position abzuweichen. Bei der Vorabstimmung vor zwei Wochen hatte die Fraktion komplett gegen ihre Vorsitzenden gestimmt und den Haushaltsentwurf abgelehnt. Eine erneute Abstimmung nach den Ausführungen des Landrats wurde nicht gewünscht.
Mitglieder reagieren geschockt
Fraktionsvorsitzender Peter Rademacher war Ende Oktober 2020 in seinem Amt mit 100 Prozent der Stimmen bestätigt und wiedergewählt worden. Einen Gegenkandidaten aus den Fraktionsreihen gab es nicht. Zum Stellvertreter wurde Christian Enxing gewählt. Als ein gesetztes Ziel sollte damals auch an der Gesprächskultur gearbeitet werden.Wie aus Fraktionskreisen zu hören ist, sei auch an den Gesichtern zum Ender der Fraktionssitzung abzulesen gewesen, dass viele die Rücktrittsnachricht wie ein Schock getroffen habe. „Damit hat keiner gerechnet“, heißt es.
Auch Rademacher und Enxing stimmen so im fraktionellen Schulterschluss gegen den Haushalt. Gegen ihre Überzeugung. Es mache für sie aber keinen weiteren Sinn, so Rademacher und Enxing unisono im Gespräch mit der WAZ, „weiter gegen die Mehrheit der Fraktion anzuarbeiten“. Daher hätten sie am Ende der Fraktionssitzung auch ihren Rücktritt erklärt. Man habe diese Konsequenz vorher nicht publik gemacht, „um keinen Druck aufzubauen, der eventuell das Meinungsbild verfälscht hätte“. Man schätze die Fraktionskollegen, habe in wichtigen Punkten aber so große Meinungsunterschiede, „dass wir uns nicht mehr in der Lage sehen, weiter an der Spitze zu stehen“. Mit ihrem Rücktritt sei jetzt Gelegenheit gegeben, dass andere aus der Fraktion Verantwortung übernehmen.
Es geht auch um eine grundsätzliche Haltung zur Ratsarbeit
Es geht beiden aber offensichtlich auch um eine grundsätzliche Haltung zur Ratsarbeit. Hier habe sich das Klima im Rathaus mit der neuen Bürgermeisterin ja verändert. Und aus ihrer Sicht müsse sich die CDU nicht mehr grundsätzlich als Opposition verstehen. „Sondern, dass wir von Fall zu Fall sachbezogen entscheiden, welche Themen wir mit anderen Ratsparteien interfraktionell mittragen können, wenn sie im Sinne der CDU sind“, so Rademacher. Die Ära Roland wirke bei vielen Fraktionskollegen aber noch nach, „der Stachel Roland sitzt zu tief“, dass viele anscheinend die neue Qualität der Zusammenarbeit über Fraktionsgrenzen hinweg nicht gehen könnten.
„Wir gehen jetzt nicht im großen Streit auseinander“, wolle die Einheit der Fraktion wahren, sagen die Noch-Vorsitzenden. „Wir werden der CDU-Fraktion weiter angehören und haben auch weiterhin Spaß an der Ratsarbeit, um etwas für die Bürger unserer Stadt zu bewegen.“ Daher wolle man kommissarisch weiter im Amt bleiben, „bis auf der Fraktionssitzung im kommenden Jahr in Ruhe neue Vorsitzende gewählt werden können“. Grundsätzlich sehe man sich jetzt aber nicht in der Lage, weiterhin die Führungsämter inne zu haben. Rademacher: „Das mag sich vielleicht irgendwann wieder ändern, aber mittelfristig die nächsten Jahre wohl nicht.“
Ortsparteichef der CDU bedauert den Rücktritt
Der CDU-Stadtverband-Gladbeck bedauere den Rücktritt aus der Fraktionsspitze von Peter Rademacher und Christian Enxing sehr, bezieht der Ortsparteichef der CDU, Dietmar Drosdzol, Stellung Die CDU-Fraktion verliere damit die Führung zweier absolut loyaler Persönlichkeiten. „Wir respektieren die, wenn auch kurzfristige Entscheidung, des Fraktionsvorsitzenden und seines Stellvertreters“, so der Stadtverbandsvorsitzende.
Politik lebe von Innovation, Lebendigkeit und kontroversen Auseinandersetzungen. Wenn eine Fraktionsführung der Auffassung sei, sich in Entscheidungen nicht in ausreichendem Maße wiederzufinden, „ist es unzweifelhaft legitim, von einen weiteren Fraktionsvorsitz Abstand nehmen zu wollen“. Abschließend dankt Dietmar Drosdzol den scheidenden Fraktionsvorsitzenden Peter Rademacher und Christian Enxing ausdrücklich, „wir sind uns sicher, dass die beiden Kollegen weiterhin in hohem Maße die Fraktionsarbeit stärken werden“.