Bottrop. Bottrops Jugendparlament kritisiert den Standort für die neue Gesamtschule. Die Befürchtung: Mehr Verkehr, mehr Drogen, mehr genervte Anwohner.

Eine Mehrheit des Bottroper Jugendparlaments (You.Pa) lehnt den Bau einer neuen Gesamtschule auf dem Sportplatz an der Paßstraße ab. Das teilte Christian Walter gegenüber unserer Redaktion mit. Er ist Mitglied des You.Pa und hat als dessen beratendes Mitglied die jüngste Diskussion im Schulausschuss verfolgt und gegenüber den Ausschussmitgliedern die Sicht des You.Pa mitgeteilt.

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Im Gespräch mit unserer Redaktion schildert er die Gründe, warum der Sportplatz an der Paßstraße für das You.Pa nicht infrage kommt und die Entscheidung für das Gelände der bald auslaufenden Hauptschule Welheim hätte ausfallen müssen.

Die Stimmen von SPD, Grüne und ÖDP reichten aus, um die Verwaltung zur nächsten Sitzung des Schulausschusses mit einem Errichtungsbeschluss für den Bau der Gesamtschule an der Paßstraße zu beauftragen. „Ich kann diese Entscheidung nicht nachvollziehen“, sagt Walter. Er nennt „dieses Vorhaben eine Entwicklung zum sozialen Flächenbrand“.

Nach dem Aus der Hauptschule hat Bottrops Süden keine weiterführende Schule

Der Vertreter des Jugendparlaments sieht logistische Probleme, weil die jetzigen Realschüler und dann weitere Gesamtschüler am ZOB ankommen und nach Schulschluss wieder abfahren. Schon jetzt seien der ZOB und die Buslinien überlastet. „Man kann die Masse an Schülern nicht mehr kontrollieren“, befürchtet er.

Die neue Gesamtschule ist aktuell mit einer Vierzügigkeit geplant. Der Standort in Welheim würde eine Entlastung am ZOB bedeuten, meint das You.Pa-Mitglied. Schüler aus den südlichen Stadtteilen (Boy, Welheim, Ebel, Welheimer Mark) müssten auf dem Weg zur neuen Gesamtschule nicht in die Innenstadt. Eine Gesamtschule in Welheim würde aus seiner Sicht den Bezirk zusätzlich aufwerten. Denn mit dem Aus der Hauptschule im Jahr 2026 verfügt der Süden über keine weiterführende Schule.

Dritte Schule am Standort: Droht ein Verkehrschaos?

Nächstes Problem ist die Verkehrsbelastung. „Der Verkehr auf der Friedrich-Ebert-Straße ist doch jetzt schon angespannt“, sagt er. Bei einer dritten Schule drohe ein Verkehrschaos durch weitere Elterntaxis. „Was passiert denn, wenn die Schüler alle mehr oder weniger gleichzeitig Schulschluss haben?“, fragt er und rechnet zugleich mit einem Anstieg an Unfällen.

Parkplätze seien schon jetzt rar an der Paßstraße oder an der angrenzenden Straße „Auf der Bette“. „Die Ampelphase von der Paßstraße auf die Friedrich-Ebert-Straße ist auch bescheiden“, findet er. Walter vermutet, dass mit einer dritten weiterführenden Schule auch die Verkehrsbelastung und der Lärm für die direkten Anwohner der jetzigen beiden Realschulen weiter zunehmen wird.

„An der Paßstraße eine neue Gesamtschule hinzubauen, halte ich für verantwortungslos.“

Christian Walter, Mitglied des Jugendparlaments und beratendes Mitglied im Schulausschuss

Die Ergebnisse der Elternbefragung sieht er kritisch. Die Beteiligung liegt laut Vorlage der Stadt bei Erst- und Zweitklässlern insgesamt bei 52,51 Prozent. Rechtlich reicht die Rücklaufquote für eine Genehmigung.

Christian Walter hat bei den Beteiligungszahlen und bei der Aufteilung genauer hingeschaut. Bei den Erziehungsberechtigten der Erstklässler liegt die Beteiligung bei 54,04 Prozent, bei den Zweitklässlern bei 49 Prozent. Dabei sind die Zweitklässler bei der Entscheidungsfindung eigentlich die wichtigere Gruppe, weil sie zum Schuljahr 2027/28 den Eingangsjahrgang bilden soll.

Jugendparlament sieht keine klare Präferenz für die Paßstraße

Rechtlich hat sich die Stadt an die Vorgaben des Ministeriums gehalten. 49 Prozent der Zweitklässler für die Paßstraße bedeuten für das You.Pa kein klares Votum zum Standort. „Das ist doch keine Mehrheit. Ich kann da keine Präferenz erkennen“, sagt Walter. Die meisten Eltern hätte nicht eindeutig entschieden, auf welche weiterführende Schule ihr Kind später einmal gehen soll.

Den Standort an der Paßstraße sieht das You.Pa auch kritisch aufgrund des dortigen Klientels nahe des ZOB und des Ehrenparks. Erst in der vergangenen Woche sind drei Männer am Berliner Platz wegen Drogenhandels festgenommen worden. Walter erinnert daran, dass seit diesem Jahr Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes an der Marie-Curie Realschule aufpassen sollen.

You.Pa befürchtet einen steigenden Drogenhandel

Das You.Pa befürchtet einen steigenden Drogenhandel rund um die Schulen, wenn die dritte Gesamtschule an der Paßstraße gebaut werden sollte. „Das Klientel wird Abnehmer finden“, warnt er. Immer wieder sorgen aggressive Gruppen für negative Schlagzeilen am ZOB. „Es sind Jugendliche, die keinen Respekt haben und auf Gewalt aus sind“, sagt das You.Pa-Mitglied.

Als Vertreter des Parlaments spricht er nicht nur mit Schülerinnen und Schülern, sondern auch mit Eltern. „Wir sind gut vernetzt“, sagt Walter. Die Mehrheit würde sich nicht wohlfühlen mit der Entscheidung für den favorisierten Standort in Stadtmitte. „An der Paßstraße eine neue Gesamtschule hinzubauen, halte ich für verantwortungslos“, sagt das You.Pa-Mitglied.

„Es ist besser, keine Gesamtschule zu bauen, als eine falsche Gesamtschule zu bauen.“

Man hätte sich im jüngsten Schulausschuss intensiver mit den Ergebnissen der Elternbefragung auseinandersetzen müssen. In dem Zusammenhang ergänzt er: „Es ist besser, keine Gesamtschule zu bauen, als eine falsche Gesamtschule zu bauen.“

Er sieht die Vorteile eher am Standort Welheim. Nicht nur, weil weniger Schülerinnen und Schüler am ZOB ankommen und dieser dadurch entlastet wird. Zum Beispiel wäre ein Sportplatz direkt nebenan. Der Platz an der Paßstraße wird dagegen aufgegeben, ganz gleich ob dort eine Gesamtschule gebaut wird oder nicht. Das hat die Stadt schon vor Jahren entschieden.

Bottroper Jugendparlament favorisiert den Standort an der Welheimer Straße

Walter merkt an, dass dann in Zukunft nicht mehr zwei sondern drei weiterführende Schulen ohne einen Sportplatz dastehen würden. „Dann muss die Stadt für die Schulen woanders einen Sportplatz zur Verfügung stellen.“ Und: Mit dem offenen Kinder- und Jugendhaus Manus an der Johannesstraße in Welheim wäre zudem eine soziale Einrichtung für Kinder und Jugendliche in unmittelbarer Nähe.

Der städtische Fachbereich Schule und Kindertagesbetreuung geht davon aus, dass zum Schuljahr 2027/28 die neue Gesamtschule nicht vollständig fertig sein wird. Eine Lösung mit Containern könnte vorerst helfen. „Wenn man schon eine Gesamtschule baut, dann soll die Gesamtschule auch fertig sein, wenn die neuen Schülerinnen und Schüler kommen“, kritisiert Walter.

Auch deshalb wird vom You.Pa der schon bestehende Standort in Welheim favorisiert. Doch: Das Parlament hat kein aktives Mitspracherecht bei der Standortwahl, sondern lediglich eine beratende Funktion. Walter will demnächst mit weiteren Mitparlamentariern ins Gespräch kommen. Das Ziel ist eine Sondersitzung des You.Pa. Danach ist der nächste Schritt geplant. „Die Schülerinnen und Schüler der Marie-Curie-Realschule und der Gustav-Heinemann-Realschule sollen befragt werden“, sagt Walter.

Von der fünften bis zur zehnten Jahrgangsstufe sollen sie sich zum angedachten Standort der Gesamtschule an der Paßstraße äußern. Die Ergebnisse dieser Befragung will man dann in der nächsten Sitzung des Schulausschusses im Februar 2025 vorlegen.