Bottrop. 10.240 Bottroper Grundeigentümer haben Einspruch eingelegt gegen die Bewertung durch das Finanzamt Bottrop. Viele haben dafür sehr gute Gründe.
Der Rat wird am 10. Dezember mit differenzierten Grundsteuersätzen versuchen, die Ungerechtigkeiten der Grundsteuerreform für Bottroper Grundbesitzer abzumildern. In der Summe wird das gelingen, sagt Kämmerer Jochen Brunnhofer: Die Stadt wird insgesamt nicht mehr Grundsteuer einfordern als im Vorjahr. In Einzelfällen kann sich die Steuerschuld allerdings ab 2025 verdreifachen. Vor allem zwei Gruppen von Bottroper Besitzern zählen die Stadt und der Eigentümerverband Haus & Grund zu den Verlierern der Reform.
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Zum Beispiel Peter Hoffmann. Mit seiner Frau besitzt er eine Altbau-Doppelhaushälfte in Batenbrock. Schon 2023 hat ihm das Finanzamt Bottrop den „Bescheid auf den 1. Januar 2025 über die Festsetzung des Grundsteuermessbetrages“ geschickt. Seitdem weiß er, dass mit den derzeitigen Hebesätzen der Stadt Bottrop sich seine Grundsteuerschuld verdreifachen würde.
Nach energetischer Sanierung: „Jetzt werde ich vom Finanzamt bestraft“
Hoffmann besitzt einen rund 120 Quadratmeter großen Altbau aus den 1920er Jahren mit Garage. Im Jahr 2010 hat er das Gebäude kernsaniert: neue Fenster, neue Isolierung, verklinkerte Fassade. „Eine energetische Sanierung ohne staatliche Förderung, alles aus der eigenen Tasche finanziert“, sagt er. „Und jetzt werde ich dafür vom Finanzamt auch noch bestraft.“
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Denn durch die Sanierung hat sich das „fiktive Alter“ in der Rechnung des Finanzamtes von 100 auf knapp 20 Jahre verjüngt mit einer „Restnutzungsdauer“ von 60 Jahren. Aus diesen Daten, dem Bodenrichtwert und vielen anderen Größen hat das Finanzamt einen Messwert ermittelt, der Hoffmanns Grundschuld mal eben verdreifacht. „Natürlich habe ich Einspruch eingelegt“, sagt Hoffmann. „Aber vom Finanzamt habe ich seitdem nichts mehr gehört.“
Weder mit der Erhöhung noch mit der ausbleibenden Reaktion des Finanzamtes ist Peter Hoffmann alleine, sagt Ulrich Straub vom Eigentümerverband Haus & Grund: Über seinen Schreibtisch sind einige Bescheide gewandert, durch die sich Grundsteuerschulden verdreifacht haben. Und es gibt weitere krasse Fälle, berichtet er: „Da sind unbebaute Grundstücke ohne Versorgungsanschlüsse genauso behandelt worden wie Wohngebäude.“ Die Zahl der bisher bearbeiteten Einsprüche in Bottrop liegt nach Angaben des Landesfinanzministeriums bei 1207. Noch nicht mal jeder achte Einspruch ist beschieden.
Für Wohngebäude wird der Bottroper Hebesatz sinken
Weil für Wohngebäude durch die Reform der Grundsteuermesswert stärker steigt, wird der Rat differenzierende Hebesätze beschließen. Für Wohngebäude wird er auf Empfehlung des Kämmerers den Satz senken von 680 auf vermutlich 625 Prozentpunkte. Für Nichtwohngrundstücke soll der Hebesatz dagegen deutlich steigen auf vermutlich 1169 Punkte.
Und da schafft der neue Hebesatz in Verbindung mit den Messwerten des Finanzamtes womöglich eine weitere Ungerechtigkeit. 799 Grundstücke gelten in Bottrop als gemischt genutzt, zum Beispiel für Wohnen und Gewerbe. Per Definition werden sie den Nicht-Wohngrundstücken zugeschlagen, für die der Hebesatz kräftig ansteigt. Die Prognose des Kämmerers: „Es ergeben sich möglicherweise höhere Belastungen für Bewohnerinnen und Bewohner auf gemischt genutzten Grundstücken mit mindestens 20 Prozent Gewerbeanteil.“
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Wenn die Hebesätze vom Rat festgesetzt sind und der Fachbereich Finanzen im Januar die Grundsteuerbescheide verschickt, rechnet der Jurist von Haus & Grund mit einer erneuten Einspruchswelle. Zahlen müssen erst mal aber auch die Grundstücksbesitzer, die die Bescheide anfechten, warnt Ulrich Straub: „Der Bescheid ist vollstreckbar. Ein Einspruch allein hat keine aufschiebende Wirkung.“