Bottrop. Seit März 2021 hat das Kinder- und Jugendhaus „Manus“ in Bottrop-Welheim eröffnet. Sein Angebot ist stark nachgefragt: von Familien und Schulen.

Die „Kids Foundation“ des mehrfachen Welttorhüters Manuel Neuer und die Finanzierungszusage des Bottroper Investors Karsten Helmke haben in Welheim den Bau und Betrieb eines Kinder- und Jugendhauses möglich gemacht, dessen Ausstattung und pädagogisches Konzept in einer der höchsten Ligen spielt. 75 bis 80 Kinder und Jugendliche täglich werden an der Johannesstraße im besten Sinne betreut. Darüber hinaus bietet das Manus-Team individuelle Begleitung in Form von Einzelgesprächen, Eltern- und Netzwerkarbeit an, dazu Nachhilfe und Kurse. Das wird nachgefragt. Und wie!

Kicker, Billardtisch, Chill-Sofa und Großbildschirm zum Spiele zocken: Die Ausstattung des Manus-Jugendraums.
Kicker, Billardtisch, Chill-Sofa und Großbildschirm zum Spiele zocken: Die Ausstattung des Manus-Jugendraums. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Marcus Diekmann ist ein Macher. Auf Krisen reagiert der Unternehmer, bis Ende 2021 Geschäftsführer des Familienunternehmens „Rose Bikes“ aus dem Münsterland, mit Ideen. Als 2020 Corona das Land lahmlegte, gründete er mit führenden Mittelständlern die Initiative „Händler helfen Händlern“. Als im Februar der Ukrainekrieg ausbrach, gründete er eine Jobbörse für Ukraine-Flüchtlinge („Wir hatten eine Million Besucher in wenigen Wochen“). Und für Kinder hat der zweifache Vater ohnehin ein großes Herz. Bei einer Spendensammler-Radtour erfuhr er mehr als 37.000 Euro für Neuers Kids Foundation. Jetzt will er sich im Bottroper Manus anschauen, wofür das Geld verwendet wird. Was ihn richtig beeindruckt beim Besuch in Welheim, entlockt ihm den Ausruf: „Mega!“ Und er sagt es oft an diesem Tag.

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Bottrop-Welheim: Hohe Arbeitslosigkeit und hoher Migrantenanteil

Am Beispiel Gelsenkirchen-Buer, wo das erste Manus steht, beschreibt Hendrik Schulze-Oechtering, der Geschäftsführer der „Kids Foundation“, die Herausforderung, der sich das Team stellt. Die Zahlen seien vergleichbar mit Welheim: „Hohe Arbeitslosigkeit, soziale Spaltung der Stadtgesellschaft, hoher Migrantenanteil schaffen soziale Folgeproblemen.

Mehr als 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 15 Jahren – über die Hälfte mit Migrationshintergrund – sind von Sozialleistungen abhängig. Das ist das Klientel, dem sich das Kinder- und Jugendhaus verschrieben hat. „Wenn ein Junge seinen Freund mitbringt, dessen Familie es deutlich besser geht, ist er natürlich auch herzlich willkommen. Wir grenzen niemanden aus.“

Das wird nicht der letzte Scheck sein, verspricht Marcus Diekmann (rechts) bei der Übergabe vor dem neuen Haus.
Das wird nicht der letzte Scheck sein, verspricht Marcus Diekmann (rechts) bei der Übergabe vor dem neuen Haus. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Mit den beiden Manus in Buer und Welheim, bietet die „Kids Foundation“ Kindern und Jugendlichen Orte an, an denen sie gezielt Unterstützung erhalten und ihre Fähigkeiten individuell entfalten und weiterentwickeln können. Außerhalb der regulären Schulzeit werden die Besucher durch Bildungsangebote, regelmäßige Mahlzeiten und erlebnispädagogische Aktivitäten gefördert und auf ihrem Weg zu einer aktiven, kritischen und kreativen Teilnahme am familiären, schulischen und gesellschaftlichen Leben begleitet.

Manus in Bottrop: Benimmkurse und Anti-Aggressionstraining

In Welheim heißt das konkret: Von 11.30 bis 20 Uhr kann Einrichtungsleiterin Johanna Hochhaus mit vier hauptamtlichen Mitarbeiter plus Honorarkräften Betreuung anbieten. Und zwar nicht nur mit den Gruppenangeboten auf dem Wochenplan. Für 27 Kinder gibt es Einzelbetreuung in Form von Nachhilfe. „Zusätzlich haben wir morgens auch Schulklassen zu Gast“, sagt Johanna Hochhaus. Die bekommen im Manus Benimmkurse, Anti-Agressions- und andere Verhaltenstrainings. Diese Angebote sind heiß begehrt: 36 Lehrer haben ihre Klassen auf die Warteliste gesetzt. „Mega“, sagt Spendensammler Marcus Diekmann mal wieder.

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Und da hatte er den Musikraum noch nicht gesehen. Die Fenster sind schalldicht und der Raum hat eine eigene Be- und Entlüftung, damit sie auch geschlossen bleiben können. Instrumente sind vorhanden für mehr als eine Band. „Und im Keller haben wir noch mehr“, sagt Schulze-Oechtering, „unter anderem ein komplettes DJ-Set.“

Ein Glanzstück: Der große Gruppenraum

Fünf Bands spielen derzeit im Manus. Wenn sie mal ein Konzert spielen wollen? Bitte sehr, bitte gleich: Diekmann folgt dem Geschäftsführer in den großen Gruppenraum, in dem 100 Menschen Platz finden. Ein weiterer Raum, der einen Unterschied macht zum Manus in Buer mit seinen auf drei Etagen verteilten 600 Quadratmetern. In Welheim sind es 800 auf einer Ebene. Und dabei haben wir noch nicht das Außengelände betreten.

Der Musikraum mit Schallschutz und Equipment für mehr als eine Band: Derzeit gibt es fünf Hausbands.
Der Musikraum mit Schallschutz und Equipment für mehr als eine Band: Derzeit gibt es fünf Hausbands. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

3000 Quadratmeter Platz zum Spielen, Toben und Ausruhen auf drehbaren Bänken haben die jungen Besucher hier, ein kombiniertes Fußball- und Streetballfeld plus einen Kletterfelsen. Der kommt auf den ersten Blick etwas klotzig daher mit wenigen Anhalts-Punkten. Alles reine Übungssache, sagt Johanna Hochhaus: „Unsere Jungs und Mädels kommen damit prima zurecht.“

Zurück geht es auf dem Weg durch die Küche, genauer: die Küchen. In einer können Kochkurse stattfinden, in denen die Besucher gesundes Kochen lernen können. Dahinter sorgen Profis für das gesunde Mittagessen in beiden Manus-Häusern: Auch das Essen für das Haus in Buer kommt inzwischen aus dieser Küche.

Im Gespräch über das pädagogische Konzept: Johanna Hochhaus und Marcus Diekmann vor der Graffiti-Wand im Garten. Sie wird immer wieder neu grundiert für die nächste Sprüh-Aktion.
Im Gespräch über das pädagogische Konzept: Johanna Hochhaus und Marcus Diekmann vor der Graffiti-Wand im Garten. Sie wird immer wieder neu grundiert für die nächste Sprüh-Aktion. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Für Kinder und Jugendliche unabhängig von ihrer Herkunft

Später fasst Johanna Hochhaus das pädagogische Konzept noch einmal zusammen: „Die Angebote richten sich an Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren unabhängig von Geschlecht, Herkunft, kulturellem/religiösem Hintergrund oder sozialem Status. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf benachteiligte junge Menschen mit erhöhtem Förder- und Betreuungsbedarf gerichtet.“

Mega, sagt Marcus Diekmann ein weiteres Mal und gibt ein spontanes Versprechen ab: „Wenn ich das nächste Mal komme, habe ich 100.000 Euro dabei.“ Im Wortsinne auf dem Rad erfahren will er die Spenden auf einer Deutschland-Tour, bei der er jeden Tag andere Gäste dabei haben wird. „Tim Bendzko und Jan-Josef Liefers haben schon zugesagt.“