Bochum. Fünf Mitglieder stellt Bochum bislang im Deutschen Bundestag. Nur eines tritt erneut an. Ein anderes erhält einen Platz in den Geschichtsbüchern.

Früher als geplant endet die 20. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags. Statt an diesem Sonntag, 23. Februar, sollte eigentlich erst im September gewählt werden. Damit hört die bundespolitische Karriere des dienstältesten Direktkandidaten aus Bochum sieben Monate früher auf als geplant. Es ist auch das Ende einer Ära.

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22 Jahre im Bundestag – so lange wie ein anderer Direktkandidat aus Bochum

Denn kein anderer Direktkandidat aus Bochum hat länger im Bundestag gesessen als Axel Schäfer (72). Seit 2002, also mehr als 22 Jahre lang, hat der gebürtige Frankfurter in Berlin sozialdemokratische Politik gemacht. Damit steht er in einer namentlich zwar kurzen, zeitlich aber sehr langen Reihe von SPD-Bundestagsabgeordneten, die die einst „rote Hochburg“ Bochum auf Bundesebene vertreten haben, an erster Stelle.

Bundestag
Axel Schäfer (SPD) hat mehr als 22 Jahre lang in Berlin Politik gemacht – so lange wie kein anderer Direktkandidat aus Bochum. © DPA Images | Sarah Knorr

Seit 1961 hat immer ein SPD-Mann den Wahlkreis gewonnen: von Heinrich Deist (1961-1965) über Karl Liedtke (1965-1987) und Klaus Hasenfratz (1987-2002) bis eben Axel Schäfer (2002-2025). Die von Erich Ollenhauer (1949-1953) begründete Tradition wurde überhaupt nur einmal von der CDU Bochum durchbrochen: Von 1953 bis 1961 stellte sie mit Franzjosef Müser den Bochumer Direktkandidaten im Parlament – damals noch in Bonn.

Norbert Lammert (CDU): Kein Bochumer hat dem Bundestag länger angehört

Dafür stellt die CDU den Politiker aus Bochum, der überhaupt am längsten im Bundestag vertreten war: Norbert Lammert. Der frühere Bundestagspräsident gehörte dem Parlament von 1980 bis 2017 an und damit so lange wie niemand sonst. Seine Amtszeit ist damit länger als die des aktuell dienstältesten Parlamentariers in Berlin – Peter Ramsauer (CSU) hat seit mehr als 34 Jahre einen Sitz im Bundestag; sie ist aber immer noch deutlich kürzer als die des „ewigen“ Rekordhalters Wolfgang Schäuble (CDU), der 51 Jahre lang Bundestagsabgeordneter war.

Früherer Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble ist tot
Kein anderer Bochumer gehörte so lange dem Deutschen Bundestag an wie Norbert Lammert (r.). Er hatte 37 Jahre lang einen Sitz im Parlament. Rekordhalter ist Wolfgang Schäuble (l.) mit mehr als 51 Jahren. © DPA Images | Peter Kneffel

In Bochum werden die Karten für Berlin an diesem Sonntag neu gemischt. Der designierte Nachfolger von Axel Schäfer, SPD-Kandidat Serdar Yüksel, geht im neu benannten Wahlkreis 139 zwar als Favorit ins Rennen und wird laut einer wissenschaftlichen Wahlprognose (zweitstimme.org) wahrscheinlich vor Fee Roth (CDU) und Max Lucks (Grüne) die meisten Erststimmen erhalten.

SPD hat in der einstigen roten Hochburg Bochum ihre Dominanz verloren

Dennoch gibt es Unwägbarkeiten. Erstens hat die SPD wie in vielen anderen einstigen Hochburgen auch in Bochum ihre absolute Dominanz von einst verloren. Karl Liedtke hatte 1972 noch mit 64 Prozent der Stimmen dominiert, Klaus Hasenfratz 1998 mit 60,7 Prozent. Axel Schäfer hatte 2021 nur noch 38,3 Prozent der Stimmer erhalten; lag damit aber auch immer noch deutlich über dem Zweitstimmenanteil seiner Partei (32,7) und dem Gesamtergebnis der Bundespartei (25,7 Prozent).

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Und zweitens wird nun anders als früher nicht mehr automatisch jeder Wahlkreisgewinner einen Sitz im Bundestag erhalten. Entscheidend ist nun das Ergebnis der Zweitstimmen. Ist die Zahl der über die Zweitstimme errungenen Mandate einer Partei kleiner als die Zahl der direkt gewählten Kandidaten, gehen die Direktkandidaten mit den schlechtesten Wahlergebnissen leer aus. Angesichts der mauen Prognosen für die Bundes-SPD könnte es den eine oder anderen Wahlkreissieger treffen.

Nur ein aktueller Bundestagsabgeordneter stellt sich wieder zur Wahl

Eine Gefahr für Bochum mit dem Neuling Serdar Yüksel, der zum ersten Mal für den Bundestag kandidiert? „Nein“, sagt Axel Schäfer. „Serdar wird gewinnen.“ Und es werde auch für den Einzug in den Bundestag reichen. Er sei überzeugt, dass sein Nachfolger als Kandidat auch Nachfolger in Berlin wird. „Er tritt als bekannter Politiker an, er ist schon wer und er wird nicht unter die 30 Prozent fallen.“

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Bis zum 24. März ist Axel Schäfer noch Bochums Mann in Berlin, dann tritt der nächste Bundestag zusammen. Vier weitere „heimische“ Vertreter gibt es noch in der Hauptstadt: Aber nicht alle treten wieder an – oder treten wieder unter den Voraussetzungen von 2021 an: Olaf in der Beek (FDP) ist als Kandidat abgelöst von Léon Beck, Sevim Dagdelen hat die Linke verlassen und gehört dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) an. Beide bangen mit ihren Parteien um den Einzug in den Bundestag.

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Auch nicht mehr zur Wahl steht Michelle Müntefering (SPD), die bislang den Wahlkreis Herne - Bochum II vertreten hat, zu dem auch die Bochumer Bezirke Nord und Ost gehören.

Allein der grüne Bundestagsabgeordnete Max Lucks aus Wattenscheid kandidiert wieder für den Wahlkreis Bochum I. Ein direkter Einzug gilt zwar als unwahrscheinlich. Doch so wie 2021 könnte er über die Zweitstimme in das Parlament einziehen; vorausgesetzt die Grünen erzielen ein ähnliches Ergebnis wie 2021. Er steht auf Platz zwölf der Landesliste seiner Partei.

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