Bochum-Eppendorf. Einem Landwirt aus Bochum reicht‘s: Immer wieder werden seine Äcker unerlaubt betreten. Auch Blühstreifen leiden. Deshalb wird die Stadt aktiv.

Patrick Appelbaum ist sauer. Der Landwirt aus Bochum-Eppendorf ärgert sich über rücksichtslose Spaziergänger, die immer wieder unerlaubt seine Felder und Äcker betreten. Und damit nicht genug: Sie trampeln auch die Blühstreifen kaputt, die er in Absprache mit der Stadt Bochum rund um seine Ländereien angelegt hat. Das ruft nun auch die Verwaltung auf den Plan. Denn diese Blühwiesen sollten eigentlich unberührt bleiben.

Natur – na und? Bauer aus Bochum ist sauer: „Trampeln alles kaputt“

Dass sich die Menschen an die Betreten-verboten-Schilder nicht halten und einfach durch Natur und Landwirtschaft spazieren, sei zwar stadtweit zu beobachten. „Hier in Eppendorf ist es aber am schlimmsten“, meint Appelbaum beobachtet zu haben. Man erlebe da die dollsten Sachen, sagt der 35-Jährige und berichtet kopfschüttelnd: „Die gehen nicht nur rücksichtslos durch die Natur, sondern lassen auch ihre Hunde einfach laufen. Und wenn man die Leute darauf anspricht, bekommt man zu hören, der Fuchs laufe doch auch hier her, warum sollte das der Hund dann nicht dürfen...“ Was ihn ebenso fassungslos macht: „Viele sammeln die Hinterlassenschaften ihrer Hunde zwar ein, werfen dann aber die Kotbeutel in die Büsche. Unglaublich.“

Diese Ackerfläche in Bochum ist frisch gepflügt und eingesät. Doch schon nach wenigen Tagen zeigt sich deutlich an dem Trampelpfad, dass das offenbar niemanden stört.
Diese Ackerfläche in Bochum ist frisch gepflügt und eingesät. Doch schon nach wenigen Tagen zeigt sich deutlich an dem Trampelpfad, dass das offenbar niemanden stört. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Unglaublich findet das auch die Stadt Bochum. „Hier wird wertvoller Lebensraum zerstört“, sagt Philipp Heidt, der Leiter des Umwelt- und Grünflächenamtes. Dabei seien die Schilder, die die Stadt habe aufstellen lassen, aus seiner Sicht „unmissverständlich“. Dumm nur, dass dieses Schild, das die Natur in Eppendorf vor unliebsamem Besuch schützen soll, verschwunden ist. Doch auch so könne man wissen, dass man Blühstreifen nicht betreten soll, findet Heidt. Nur in unberührtem Zustand könne sich die Artenvielfalt entwickeln. Das sei ja das erklärte Ziel, deshalb hätten die Landwirte auch zur Auflage, fünf Prozent ihrer Pachtflächen mit Blühstreifen zu versehen.

„Wildtiere wie Rehkitze, Feldhasen und auch Füchse suchen in Blühstreifen Schutz.“

Alexandra Scharpe, Untere Naturschutzbehörde Bochum

Auch Alexandra Scharpe von der Unteren Naturschutzbehörde unterstreicht die Bedeutung der Blühwiesen. „Sie sind ein Paradies für alle Insekten wie Hummeln und Bienen. Vögel können hier brüten. Und auch Wildtiere wie Rehkitze, Feldhasen und auch Füchse suchen in Blühstreifen Schutz.“ Durch unerlaubtes Betreten würden sie aufgeschreckt.

Alexandra Scharpe (Untere Naturschutzbehörde) und Philipp Heidt (Leiter Umwelt- und Grünflächenamt) auf einem Blühstreifen in Bochum, der eingeebnet und neu eingesät werden musste – weil so viele Leute einfach durchmarschiert sind und ihre Hunde haben laufen lassen.
Alexandra Scharpe (Untere Naturschutzbehörde) und Philipp Heidt (Leiter Umwelt- und Grünflächenamt) auf einem Blühstreifen in Bochum, der eingeebnet und neu eingesät werden musste – weil so viele Leute einfach durchmarschiert sind und ihre Hunde haben laufen lassen. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

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Wie groß das Problem ist, zeigt sich sehr anschaulich am Beispiel des Appelbaum-Ackers an der Engelsburger Straße in Eppendorf. „Das Feld habe ich vor fünf Tagen erst gepflügt und eingesät“, sagt er. Raps soll hier wachsen. Doch schon nach nicht mal einer Woche ist ein richtiger Trampelpfad quer über den Acker zu sehen. Den Blühstreifen am Waldrand habe er ganz abmähen und neu einsäen müssen. So ramponiert sei dieser gewesen. Der auf der anderen Seiten weist eine drei Meter breite Schneise auf, verursacht durch Spaziergänger. „Normalerweise ist der Blühstreifen durchgehend“, sagt Appelbaum. Dabei gebe es durchaus genügend alternative Wege, den Parkway Emscher-Ruhr etwa. „Das ist ja das Traurige.“

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Ihm reicht es mittlerweile, zumal er von uneinsichtigen Spaziergänger sogar oft angepampt werde. „Vielleicht müssen wir mal wieder ans Hungern kommen“, meint der Landwirt. „Dann erst merken manche womöglich, wie wichtig die Lebensmittelerzeugung ist.“

Mit solchen Schildern will die Stadt Bochum die Leute von den Blühwiesen fernhalten. 
Mit solchen Schildern will die Stadt Bochum die Leute von den Blühwiesen fernhalten.  © Stadt Bochum

„Vielleicht müssen wir mal wieder ans Hungern kommen. Dann erst merken manche womöglich, wie wichtig die Lebensmittelerzeugung ist.“

Patrick Appelbaum, Landwirt aus Bochum

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Die Stadt Bochum will lieber schon vorher Maßnahmen ergreifen. Das Ordnungsamt werde jetzt speziell in Eppendorf verstärkt präsent sein, aufklären und Verstöße auch ahnden. „Es ist halt superärgerlich“, sagt Philipp Heidt. „Wir wollen hier etwas Positives schaffen, doch unsere Bemühungen werden leider nicht richtig wahrgenommen.“

Blühwiesen als Ausgleichsflächen

Seit 2019 wurden bereits 14 Hektar an Ackerflächen in Blühstreifen umgewandelt – aus der Verpflichtung der Landwirte heraus, einen Teil ihres Grund und Bodens der Natur zu überlassen. Das sehe für Laien vielleicht nach Unkraut aus, sei aber sehr wohl schützenswerter Raum, sagt Alexandra Scharpe von der Unteren Naturschutzbehörde. Auf diesen Flächen seien Dünger und Pestizide verboten.

Gegen eine entsprechende Vergütung können Landwirte aber noch weitere Teile ihrer Äcker und Felder zu Blühwiesen machen. Die Stadt Bochum benötigt nämlich Ausgleichsflächen für Grün, das z.B. für Neubau- und Gewerbegebiete weichen muss. Inzwischen verfüge man stadtweit über 33 Hektar, so Scharpe. Um diese bei baulichen Eingriffen gegenrechnen zu können, wurde ein Ökokonto errichtet. Auf diesem habe man aktuell 1,2 Millionen Ökopunkte, erklärt Scharpe. Diese könne aber nicht nur die Stadt nutzen. Auch Firmen, die zu Kompensationsmaßnahmen verpflichtet seien, könnten sich Ökopunkte kaufen. „Einer kostet zehn Euro.“