Bochum-Wattenscheid. Die SPD in Bochum-Wattenscheid macht Ernst und will den in Ungnade gefallenen Bezirksbürgermeister abwählen. Ein Nachfolger steht schon bereit.

Es kommt wie erwartet: Die SPD-Bezirksfraktion Wattenscheid stellt einen Abwahlantrag gegen Bezirksbürgermeister Hans-Peter Herzog, ebenfalls SPD. Nachdem dieser die dem Vernehmen nach bis Montag, 10. Juni, gesetzte Frist zu einem Rücktritt verstreichen ließ, haben sich die Mitglieder der SPD-Bezirksfraktion entschieden, gemeinsam mit den Fraktionen von CDU, UWG:Freie Bürger und Rolf Heyer von der FDP einen Abwahlantrag gegen Herzog auf den Weg zu bringen. Als Grund wird „ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis zwischen dem Bezirksbürgermeister und allen anderen Mitgliedern der Bezirksvertretung“ genannt.

„War wichtig zu handeln“: SPD in Bochum-Wattenscheid sägt Bezirksbürgermeister ab

Es tritt nun ein, was die WAZ bereits am Montag angekündigt hatte. Das Aus für Bezirksbürgermeister Herzog dürfte damit besiegelt sein. Es ist zu erwarten, dass mindestens 17 der insgesamt 19 Bezirksvertreter dem Abwahlantrag zustimmen werden. Denn auch die Grünen hatten angekündigt, das Vorgehen zu unterstützen. Wenngleich sie nicht zu den Antragstellern zählen werden.

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Herzog werden politische Alleingänge und das Zurückhalten von Informationen vorgeworfen. Er selbst weist dies zurück. Zuletzt eckte er mit seinen Äußerungen zur Diskussion um die Farbwahl der Sitze im Lohrheidestadion an. Im WAZ-Interview sagte Herzog, er finde das Farbkonzept „sehr ästhetisch und völlig neutral“ und den entfachten Wirbel nicht angemessen. Letztlich brachte dies das Fass zum Überlaufen.

„Wir brauchen jetzt den personellen Neubeginn.“

Stephanie Wingler
Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung Bochum-Wattenscheid

Das geht auch aus der zwei Seiten umfassenden Stellungnahme hervor, in der die Wattenscheider Bezirksvertreter ihren Schritt erläutern. Eine weitere konstruktive, aber vor allem vertrauensvolle Zusammenarbeit für Wattenscheid sei nicht mehr möglich, erklärt Stephanie Wingler, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion. Gemeinsam wolle man jetzt mit allen demokratischen Kräften in der Bezirksvertretung Politik für Wattenscheid machen. „Dafür braucht es jetzt den personellen Neubeginn.“

Ärger ums Lohrheidestadion - so haben wir berichtet:

Sie habe „Ehrlichkeit und Empathie bei den letzten öffentlichen Äußerungen von Hans-Peter Herzog vermisst“, sagt SPD-Bezirksvertreterin Kristina Rüdiger. Die letzten Wochen seien nicht einfach gewesen, ergänzt Parteikollegin Tanja Stoelk. „Wir haben um eine einvernehmliche Lösung gerungen und viele Gesprächsangebote an Hans-Peter Herzog gemacht. Leider ist er darauf nicht eingegangen. Dass unsere Fraktion jetzt geschlossen hinter dem Abwahlantrag steht und auch weitere Koalitionsmitglieder sowie die Opposition ihn unterstützen, zeigt, dass es jetzt ganz wichtig war zu handeln.“

Abwahl des Wattenscheider Bezirksbürgermeisters: Parteien streben rasche Neuwahlen an

Es gehe „nicht um Farben, sondern um Kommunikation, gegenseitige Information und Selbstverständnis“, sagt Koalitionspartner Rolf Heyer (FDP). „Die Kommunikation von Hans Peter Herzog war nicht proaktiv und das Verständnis des Amtes nicht dem Stadtbezirk angemessen.“

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Ähnlich äußert sich die Opposition. „Aufgrund unüberwindbarer Vertrauensverluste in die Arbeit von Herzog sehen wir uns leider nicht in der Lage, ihn weiterhin als Bezirksbürgermeister mitzutragen“, heißt es von der CDU-Fraktion. Seine jüngsten Äußerungen zum Lohrheidestadion würden bei dieser Entscheidung eine nur sehr untergeordnete Rolle spielen. „Die Gründe liegen in Wirklichkeit bei der fehlenden, notwendigen Kommunikation in Sachfragen und der Nicht-Umsetzung der interfraktionellen Belange des Stadtbezirks Wattenscheid.“

„Es macht den Anschein, dass er als verlängerter Arm der Bochumer Verwaltung und der Stadtspitze agiert.“

Hans-Josef Winkler (UWG:Freie Bürger)
über Bezirksbürgermeister Hans-Peter Herzog

Letzteres betont auch Hans-Josef Winkler von der „UWG:Freie Bürger“: „Hans-Peter Herzog hat sich nicht wirklich für die Belange der Wattenscheider eingesetzt. Es macht vielmehr den Anschein, dass er als verlängerter Arm der Bochumer Verwaltung und der Stadtspitze agiert.“ Herzog habe nicht verstanden, „dass Wattenscheid kein Bezirk wie jeder andere ist“.

Wolfgang Rohmann, Vorsitzender der SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung Wattenscheid, steht als Kandidat für den Posten des Bezirksbürgermeisters bereit.
Wolfgang Rohmann, Vorsitzender der SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung Wattenscheid, steht als Kandidat für den Posten des Bezirksbürgermeisters bereit. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Gemeinsam mit ihren Koalitionspartnern, Grüne und FDP, will die SPD-Bezirksfraktion nun die rasche Neuwahl eines Bezirksbürgermeisters vorantreiben. „Die ersten Gespräche dazu werden wir ab Mittwoch innerhalb der SPD Wattenscheid führen“, kündigt der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Rohmann an. „Anschließend werden wir gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern unseren Kandidaten benennen und dann in der gesamten Bezirksvertretung wählen.“

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Anders als noch bei der Kommunalwahl 2020, würde sich Rohmann diesmal zur Wahl stellen. „Auch wenn ich nach wie vor aufgrund meines Lebensplans eigentlich keine Ambitionen habe. Ich reiße mich nicht darum. Aber wenn sich niemand anderes findet, würde ich die Verpflichtung annehmen. Zumindest bis zur nächsten Kommunalwahl Ende 2025.“ Wichtig sei, dass jetzt jemand „Ruhe reinbringt“.

„Entscheidung ist menschlich schwergefallen“

„Menschlich ist uns die Entscheidung allen wirklich schwergefallen. Denn wir schätzen Hans-Peter Herzog für sein jahrzehntelanges ehrenamtliches kommunalpolitisches Engagement sehr“, sagt Kathrin Schick, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Bezirksfraktion und kommissarische Vorsitzende der SPD Wattenscheid. „Es geht nicht um die Person Hans-Peter Herzog“, ergänzt Wolfgang Rohmann, Chef der SPD-Fraktion. „Es geht darum, wie er seine Funktion ausgeübt hat. Wir haben das Vertrauen in den Bezirksbürgermeister verloren, nicht in die Privatperson Hans-Peter Herzog.“

Auch Marc Westerhoff (CDU), stellvertretender Bezirksbürgermeister, betont, „dass es sich bei der Entscheidung um eine rein sachliche Betrachtungsweise handelt“. Menschlich hätte er sich gewünscht, „dass wir nie eine solche Debatte hätten führen müssen“.