Kreis Wesel. Dauerregen zur Unzeit hat dafür gesorgt, dass große Teile des Getreides unbrauchbar ist. Und selbst in der Biogasanlage sorgt es für Probleme.
Es kam wie befürchtet: Die Getreideernte im Kreis Wesel war auch für die Bauern im Kreis Wesel ein Desaster. Hatte es in den vergangenen Jahren oft zu wenig Wasser gegeben, war es 2023 zu viel. Und das zur falschen Zeit. „Im Kreis Wesel ist nur ein kleiner Teil des Getreides vor dem Regen gedroschen worden“, sagt Johannes Leuchtenberg, Vorsitzender der Kreisbauernschaft, es sei einfach noch nicht reif gewesen. Brotweizen sei wohl ein Totalausfall. Ohnehin wächst er vornehmlich im Linksrheinischen, wo die Böden besser sind.
Geholfen hat das den dortigen Landwirten in diesem Jahr wenig. „Am Ende gab es nur noch Futtergetreide.“ Doch auch das dürfe nicht von Pilzen befallen sein, um die Gesundheit der Tiere nicht zu gefährden. Was nicht mehr als Futter taugt, wandert in die Biogasanlage – ein Verlustgeschäft, wie Leuchtenberg sagt. Viele Kollegen hätten vergangenes Jahr hohe Preise für den Dünger zahlen müssen. Backweizen könne mit 21 bis 22 Euro pro hundert Kilo verkauft werden, für Futtergetreide bekämen die Bauern in diesem Jahr 19 bis 20 Kilo, für die Biogasanlage gebe es dann noch zwölf Euro und das sei noch ein recht guter Preis für die Bauern.
Dauerregen bringt Getreide „in Keimstimmung“, so Leuchtenberg: Die Körner treiben am Halm grün aus und die Ernte ist nicht mehr zu gebrauchen. Auch nicht für Futter, weil sie nicht lagerfähig sei, erläutert Anna Boßmann von der Landwirtschaftskammer Kreisstelle Kleve-Wesel. Biogasanlagen aber könnten Getreide nur begrenzt aufnehmen. „Die Anlagen funktionieren vergleichsweise wie ein Magen“, erläutert die Fachfrau, „Bakterien setzen das Material um. Aber diese Mikroorganismen sind auf Mais ausgerichtet, die harten Körner anderer Getreidesorten können sie nicht unbegrenzt verarbeiten, die Anlagen setzen sich zu.“ Nehme die Anlage die Ernte nicht ab, bleibe sie stehen und werde umgepflügt. Im Kreis Wesel seien ein bis drei Prozent der Getreideflächen betroffen.
Probleme waren im Rechtsrheinischen schwerwiegender
„Wenn es so lange so nass ist, helfen auch die besten Sorten nicht“, sagt Johannes Leuchtenberg. Die Situation sei im Rechtsrheinischen in diesem Jahr noch dramatischer als im Linksrheinischen gewesen: Hier werde vornehmlich Futtergetreide angebaut, vieles davon ging in die Biogasanlage. Nicht der Regen allein war das Problem, sondern der Zeitpunkt, sagt Anna Boßmann: Nach einem nassen Frühjahr war es Ende Mai, Anfang Juni sehr trocken und heiß geworden. „Das Getreide ist früher abgereift als sonst, dadurch ist die Erntezeit genau in die Regenperiode gefallen.“ Weizen beispielsweise werde normalerweise erst Anfang August geerntet, nicht so in diesem Jahr.
Rechts- oder linksrheinisch: Die Ernte geriet zum Krimi. „Wir haben versucht zu retten, was zu retten ist.“ Doch wenn es mal trocken war, waren immer noch die Böden durchweicht. Mähdräscher bekamen Raupenketten, um das Problem zu lösen. Und dann brauchen in den kurzen trockenen Phasen alle gleichzeitig die Maschinen. „Wenn dann auch noch, wie in Kamp-Lintfort, ein Mähdrescher brennt, ist der Frust groß.“ Immer sei die Frage gewesen: Kommt der Lohnunternehmer, kommt er nicht? „Wir haben abends gedroschen, dann setzte der Regen wieder ein. Ein Hektar ist stehen geblieben, wir konnten nichts mehr machen. Dann dreht man schon ein bisschen durch.“
Zu trocken, zu nass – kann das Wetter es den Bauern überhaupt Recht machen? Leuchtenberg schmunzelt. „Wir hätten gerne einfach mal ein Mittelding“, sagt er. Immerhin ist nicht alles verloren, für die Maisernte sehe es aktuell ganz gut aus. „Wir brauchen noch etwas Sonne für die Körnerbildung“, erläutert der Bauer. Er rechne damit, dass die Ernte in etwa zwei Wochen beginnen könne – spät, weil im nassen Frühjahr auch später gesät wurde, aber mit Aussicht auf Erfolg. Auch für die Zuckerrüben, sie werden wegen der Bodenverhältnisse hauptsächlich im Linksrheinischen angebaut, stehen die Chancen gut.
Befürchtung: In diesem Jahr wird es kaum Biokartoffeln geben
Kartoffelbauern mussten in diesem Jahr viel Pflanzenschutzmittel gegen Kraut- und Knollenfäule einsetzen, auch das ist ein Kostenfaktor. Die Ernte der konventionellen Betriebe sei nicht gefährdet, „ich gehe davon aus, dass das funktioniert haben wird“. Das bestätigt Anna Boßmann. Obwohl es durch eine hohe Luftfeuchtigkeit und durchnässte Böden einen hohen Krankheitsdruck gebe, erwarte sie eine durchschnittliche Ernte bei Kartoffeln, auch bei Möhren. „Schlecht dran sind die Biobauern, sie dürfen nichts gegen die Fäule unternehmen. Ich erwarte, dass es in diesem Jahr kaum Biokartoffeln geben wird“, befürchtet Johannes Leuchtenberg.
Gute Nachrichten gibt es für die Futtersituation im Winter: Anders als in den vergangenen, sehr trockenen Jahren, war die Grasernte 2023 gut und das Gras wächst noch immer. „Weil auch die Maisernte stimmt, wird es keine Engpässe beim Futter geben“, sagt Leuchtenberg. Ein Jahr wie dieses habe er nicht in Erinnerung, dennoch denke er nicht, dass es für die Bauern existenzbedrohlich wird. „Ein Jahr Ausfall sollte jeder Betrieb überstehen können.“
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