Kreis Wesel. Auch im Kreis Wesel machen Landwirte Erfahrungen mit Erntediebstahl. Manchmal im großen, manchmal im kleinen Stil. Was sie erleben.
Es mutet an wie ein Kavaliersdelikt, mal einen Apfel oder eine Erdbeere zu pflücken. Doch es ist schlicht und ergreifend verboten. Erst kürzlich hat der Rheinische Landwirtschaftsverband (RLV) wieder auf das Problem aufmerksam gemacht: Landwirte berichteten von Diebstählen auf Feld und Acker. Der Verband appelliert an die Öffentlichkeit, nicht unerlaubt Feldfrüchte zu pflücken. Was früher noch als Mundraub galt – diesen Tatbestand gibt es heute nicht mehr – fällt inzwischen unter Diebstahl geringwertiger Sachen. Die Weseler Kreispolizeibehörde kann keine Zahl zum Ernteklau nennen, da diese nicht explizit aufgeführt werden. Die Polizei stelle nur den Diebstahl fest, die Bewertung übernehme die Staatsanwaltschaft, heißt es aus der Pressestelle.
Es sind vor allem die Obst- und Gemüsebauern, die mit diesem Thema in Berührung kommen, wie sich bei einer Umfrage zeigt. Je nach Voraussetzung vor Ort und angebauter Sorten machen sie mal weniger, mal aber auch mehr Erfahrungen damit. Von einer schmerzlichen berichtet Jaqueline Huhndorf, Landwirtin auf den Obstplantagen Bloemersheim in Neukirchen-Vluyn. In einer Nacht seien hier neugepflanzte Kirschen entwendet worden, 1000 Euro Verlust, sagt sie. Dabei seien die Plantagen umzäunt, eigentlich als Schutz vor Wild. Doch die Zäune würden aufgebrochen, das Tor doch gefunden. Besonders gerne würden Erdbeeren oder Kirschen mitgenommen.
„Das ist unser Hab und Gut“: Landwirtin hat kein Verständnis
Manch einer geht einfach so auf das Feld und nimmt etwas mit. Die Menschen hätten kein Verständnis, wenn man sie damit konfrontiere. „Sie haben doch genug“ würde es dann heißen. Das summiere sich aber, betont Jacqueline Huhndorf. Und: „Das ist unser Hab und Gut, das tut schon im Herzen weh“, sagt die Landwirtin, der jegliches Verständnis für dieses Verhalten fehlt. Zumal oft dann auch noch die Äste der Obstbäume beschädigt würden. Erntediebstahl sei immer schon ein Thema gewesen, stellt Huhndorf fest, aber es nimmt zu, ist ihre Erfahrung.
Diesen Eindruck teilt auch Norbert Ricken, der in Alpen Möhren, Kartoffeln und Zwiebeln anbaut. „Wir erwischen schon mehrere Leute.“ Wenn man jemanden antreffe, der einfach auf das Feld gehe, „dann stehen Sie auch noch als Buhmann da“, ärgert sich der Landwirt aus Alpen. „Die lagen so rum“, heiße es dann schon mal. Um Ausreden seien sie nicht verlegen. Ricken geht es dabei vor allem ums Prinzip. Vor allem, wenn sich jemand an der Vorlese bediene – also auf den noch nicht abgeernteten Feldern. Wenn für die Nachlese etwas liegen bleibe, sei das kein Problem.
Kreislandwirt: „Wir geben alles und am Ende fehlt etwas“
Vier Reihen Möhren auf einer Fläche von 30 Quadratmetern seien ihm just in diesem Jahr entwendet worden, erzählt er. Der Landwirt denkt, dass das Problem anhalten könnte, „wenn das Geld knapp wird.“ Für die betroffenen Landwirte ist es schwierig dagegen vorzugehen: Es sei schon mehrmals angezeigt worden, sagt Rickert, „aber es verläuft im Sande“.
Nicht überall ist Erntediebstahl so ein großes Thema: „Wir machen damit keine Erfahrungen“, sagt Dirk Buchmann vom Schulte-Drevenacks-Hof in Hünxe. Dem ein oder anderen müsse er schon mal auf die Finger klopfen, „da werden wir auch energisch“, sagt er. Die Erdbeeren seien eingezäunt, der Spargelklau sei schon eher mühselig, sagt er. Auch Buchmann stellt aber fest: Das Verständnis und Bewusstsein für das Unrecht fehle.
Kreislandwirt Johannes Leuchtenberg macht deutlich, warum das Thema Ernteklau so sehr schmerzt: „Wir geben alles und am Ende fehlt etwas.“ Klimawandel, hohe Preise, Nachwuchssorgen, Vorgaben aus der Politik – die Herausforderungen sind für die Landwirtschaft vielfältig. „In allen Branchen haben wir schwierige Jahre hinter uns und wissen nicht, wie es weitergeht.“ Es werde viel verlangt. Wenn man dann noch beklaut werde, das sei das i-Tüpfelchen.