Düsseldorf. Jubel bei den Düsseldorfer Linken nach dem klaren Einzug in den Bundestag. Frust bei der SPD, langes Zittern bei der FDP. Viele Stimmen zur Wahl.

So viele unterschiedliche Emotionslagen wie am Abend der vorgezogenen Bundestagswahl gab es wohl noch nie im Düsseldorfer Rathaus. Um 18 Uhr, als die ersten Prognosen über den Ticker gingen, brach bei den Linken frenetischer Jubel aus, bei der SPD herrschte Frustration, bei der CDU Ernüchterung - und bei der FDP begann das große Zittern. „Die ARD sagt, wir liegen bei 4,9 Prozent, das ZDF sagt, wir liegen bei 5,0 Prozent“, sagte ein achselzuckender Moritz Kracht. Der liberale Direktkandidat für den Düsseldorfer Norden machte sich auf was gefasst. „Das wird eine Hängepartie, es wird ein langer Abend!“ Knapp vier Stunden später: Die FDP nur noch bei 4,6 Prozent.

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Man könnte auch nicht sagen, dass Vertreterinnen und Vertreter anderer Parteien der FDP die Daumen drückten. „Ich fände es gut, wenn FDP und BSW nicht im Bundestag wären“, räumte Zanda Martens von der SPD ein. Die Kandidatin für den Norden der Stadt wird wohl nicht mehr mit einem Mandat in den Bundestag einziehen. Nicht nur deshalb war der Frust groß. Das Ergebnis ist für eine stolze, starke Partei nicht gut, da muss man nichts beschönigen“, sagte sie. Ihr Pendant für den Düsseldorfer Süden, Adis Selimi, sah das ähnlich. „Das Ergebnis bewegt sich natürlich in dem Rahmen, der uns prognostiziert wurde. Aber es bleibt trotzdem eine klare Niederlage.“

Der Frust lässt sich nach ganz verbergen: Zanda Martens und Adis Selimi von der SPD.
Der Frust lässt sich nach ganz verbergen: Zanda Martens und Adis Selimi von der SPD.

In Düsseldorf waren gegen 22.45 Uhr alle Stimmen der 471 Wahllokale ausgezählt: Bei den Zweistimmen liegt die CDU mit 28,00 Prozent der Stimmen vorn (Érststimmen: 32,88). Die SPD folgt mit 17,96 der Stimmen (22,03), knapp dahinter kommen die Grünen mit 17,73 Prozent (17,73). Die AfD gewinnt im Vergleich zur letzten Bundestagswahl, wo sie noch bei 5,07 Prozent lag, mit 11,30 Prozent (11,24) klar. Die Linke hat in Düsseldorf ein sehr starkes Ergebnis mit 10,53 Prozent (8,13). Vor dreieinhalb Jahren waren es noch 4,33 Prozent. Die FDP kommt auf 6,75 Prozent (Erststimmen 4,80). Gute Ergebnisse bei den Zweitstimmen erhielten noch das BSW mit insgesamt 13.933 Stimmen, Volt (3413) und die Tierschutzpartei (3231).

4300 Wahlhelfende in Düsseldorf im Einsatz

Es sei ein „Kraftakt“ für die Stadt Düsseldorf gewesen, die Bundestagswahl in so kurzer Zeit vorzubereiten, berichtet Oberbürgermeister Stephan Keller bei einem Pressetermin am Nachmittag in der Messe. Dennoch sei er stolz auf die Mitarbeitenden aus der Verwaltung und die rund 4300 Wahlhelfer in Düsseldorf. Keller nannte die aktuelle Bundestagswahl „einer der vielleicht bedeutendsten Wahlen seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges“. Nach der ersten Hochrechnung war die Stimmung beim OB weniger gut: Er sprach von einem „schwierigen Wahlergebnis“. Denn es sei noch nicht klar, „welche Koalitionen möglich sind“.

Insgesamt herrschte bei der Düsseldorfer CDU im Rathaus zurückhaltender Jubel angesichts der ersten Prognosen. Stand jetzt verpasst die Union die 30 Prozent-Marke. Bundestagskandidat Thomas Jarzombek hat deshalb aktuell „auch keinen Grund zum Jubeln“, wie er am Rande der Wahlparty sagte. Dennoch sei er glücklich, dass „wir mit Abstand stärkste Kraft geworden sind. Außerdem wird die Briefwahl ja noch ausgezählt. Da haben wir zuletzt ja immer gut ausgesehen. Deswegen ist die 30-Prozent-Marke auch weiterhin in Reichweite.“ Außerdem zeigte sich der CDU-Politiker „zuversichtlich, es wieder in den Bundestag geschafft“ zu haben. „Aber das steht erst heute Abend fest“. Sein Kollege Johannes Winkel, Direktkandidat im Düsseldorfer Süden, könnte den Zug nach Berlin womöglich verpassen.

Linken-Kandidatin: Ergebnis gibt Aufwind für die Kommunalwahl

Top-Laune indes bei den Linken, die im Rathaus in einem kleinem Nebensaal in großen Jubel ausbrachen, als die erste Hochrechnung bekannt gegeben wurde. Die Linken wieder klar im Bundestag vertreten. Die erste Sekt-Flasche (Rotkäppchen) wurde geöffnet. Julia Marmulla, Bundestagskandidatin für die Düsseldorfer Linke, freut sich über den Wahlerfolg. „Totgesagte leben länger. Das ist das Comeback das Jahres. Wir haben im Wahlkampf sehr gute Arbeit gemacht.“ Auch in Hinblick auf die anstehende Kommunalwahl im September sei das Wahlergebnis wichtig, meint Marmulla: „Das gibt uns natürlich Aufwind. Jetzt wollen wir ein gutes Wahlprogramm für alle Düsseldorferinnen und Düsseldorfer für die Wahl in September erstellen.“

Bei den Grünen, die in der Seifenfabrik zur Wahlparty luden, hofften auch die beiden Direktkandidaten Sara Nanni und Anas Al-Quar‘an lange darauf, dass ihre Partei noch auf 15 Prozent kommt. Das bewahrheitete sich am späten Abend nicht. „Es war ein anstrengender Wahlkampf“, so Al-Quar‘an. „Ich war gefühlt an jeder Haustüre, saß an jedem Küchentisch. Das hat Spaß gemacht, aber jetzt hoffe ich natürlich, dass wir von den Wählerinnen und Wähölern etwas zurück bekommen.“

Grüne: Sara Nanni wieder im Bundestag vertreten

Mit Sara Nanni sind die Grünen indes weiter im Bundestag vertreten. Die Bundestagskandidatin für den Düsseldorfer Süden hat es erneut geschafft: „Ich freue mich sehr, wieder dabei zu sein, wieder im Verteidigungsausschuss mitarbeiten zu dürfen. Wir haben von den Regierungsparteien am wenigsten verloren. In diesen unruhigen Zeiten aber hätte ich mir mehr demokratische Mitte gewünscht.“

Sara Nanni und Anas Al-Quar‘an (Mitte) bei der ersten Hochrechnung. Es gibt Applaus unter anderem von der stellvertretenden NRW-Ministerpräsidentin Mona Neubaur.
Sara Nanni und Anas Al-Quar‘an (Mitte) bei der ersten Hochrechnung. Es gibt Applaus unter anderem von der stellvertretenden NRW-Ministerpräsidentin Mona Neubaur. © Dominic Heidl

Was kommt jetzt? Andreas Rimkus sieht nun die CDU in der Verantwortung. Der Düsseldorfer hat am Sonntagabend seine letzte Legislaturperiode im Bundestag beendet und wird nächste Woche nach Berlin fahren, um sein Büro „abzuwickeln“, wie er sagt. Der SPD-Mann sprach am Sonntagabend von einem frustrierenden Ergebnis für seine Sozialdemokraten. „Demut ist jetzt angesagt. Es besteht eine staatspolitische Verantwortung jetzt zusammen zu kommen. Der Auftrag dafür liegt bei der CDU. Die Verletzungen der letzten Wochen und das Handeln von Friedrich Merz war nicht gerade vertrauensbildend.“

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