Düsseldorf. Moritz Kracht kandidiert für die FDP in Düsseldorfs Norden für Berlin. Warum er an seine Chance glaubt und was er von Ex-Chef Christian Lindner hält.
Moritz Kracht tritt bei den vorgezogenen Bundestagswahlen für die FDP im Düsseldorfer Norden an. Der Kreisvorsitzende der Liberalen sieht sich gern in der Position, „in der man vielleicht ein wenig unterschätzt wird“, betont er im Interview mit der NRZ im Bistro Zicke in der Carlstadt. Der 44-Jährige spricht über seine Chance auf ein Mandat in Berlin, darüber, was das für Düsseldorf bringen soll und über seinen Ex-Chef Christian Lindner.
Herr Kracht, wir haben uns hier in der Zicke getroffen. Eine besondere, nette, immer etwas unaufgeräumt wirkende Gastronomie. Warum dieser Ort?
Als ich 2010 nach Düsseldorf gezogen bin, war die Zicke eines der ersten Bistros, die ich hier kennen gelernt habe. Ich mochte das sofort: tolles Essen, tolle Weine, interessante Leute. Die Zicke ist auch eine Visitenkarte für die besondere Gastronomie und die Vielfalt, die diese Stadt ja auch ausmacht. Ich habe hier um die Ecke eine Zeit lang gearbeitet und einer meiner besten Freunde arbeitet hier auch in der Nähe, so dass das immer ein guter Treffpunkt war. Ich mag auch das Düsseldorfer Rheinufer gerne, von daher ist das ein wirklich guter Ort.
Wie sind Sie ein politisch interessierter Mensch geworden?
Politik war in meinem Elternhaus schon immer ein sehr wichtiges Thema, und ich durfte bei der Bundestagswahl 1998 zum ersten Mal selbst wählen. Ich habe mir die Wahl nicht leicht gemacht und mir bei uns in Würzburg die Veranstaltungen und Kundgebungen aller großen Parteien angeschaut. Da waren Jürgen Trittin, Guido Westerwelle, Gerhard Schröder und Helmut Kohl. Mich hat Westerwelle damals schon von seinem Stil, aber auch mit seinen optimistischen Inhalten angesprochen. Als die FDP dann 1998 aus der Regierung rausgeflogen ist und ich gleichzeitig noch an der Schule war und den Eindruck hatte, dass Bildung in Bayern nicht den Stellenwert hat, den sie bräuchte, habe ich mich zunächst genauer mit den Jungen Liberalen auseinander gesetzt. Irgendwann bin ich dann beigetreten. So ging das los.
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Sie stehen auf Platz 14 der FDP-Landesliste. Sie sagen selbst, die Chancen auf Berlin stehen Fifty-Fifty. Wären Sie sehr enttäuscht, wenn es nicht klappt?
Ich arbeite auf das Gelingen hin. Meine persönliche Lebensplanung hängt aber nicht von einem Mandat ab. Ich bin frei und unabhängig. Aber mit einer Zweitstimme für die FDP hat man die Chance, dass ein weiterer Düsseldorfer ins Parlament kommt.
Was können Sie von Berlin aus für Düsseldorf erreichen? Das ist doch nur marginal.
Sehr vieles, was für Düsseldorf von Bedeutung ist, wird in Berlin entschieden. Wir werben für eine Wirtschaftswenden. Wir wollen, dass die Wirtschaft in Deutschland entfesselt wird und dass die Unternehmerinnen und Unternehmer und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unser Land wieder stärker voranbringen können. Das hat natürlich für Düsseldorf eine extreme Relevanz. Denn wie gut es unserer Stadt geht, hängt auch davon ab, wie hoch das Aufkommen in der Gewerbesteuer ist. Wenn die deutsche Wirtschaft stärker hustet, schlägt sich das stark auf die Düsseldorfer Gewerbesteuer nieder. Wir wollen außerdem bei der Migration zu mehr Steuerung und Ordnung kommen, das ist auch für unsere Stadt eine Herausforderung. Wir hängen natürlich von den Entscheidungen in Berlin ab.
Das FDP-Papier zum „D-Day“, die Pöbelrede von Kanzler Scholz Richtung Lindner, der dann beleidigt vom Seitenrand zurück kommentierte: Das Ampel-Aus war für viele Menschen ein würdeloses Theater. Wie sehen Sie das?
Unser Land ist jetzt seit drei, vier Jahren in einer wirtschaftlich schwierigen Lage. Jeder spürt die Auswirkungen, die Sorgen um den persönlichen Wohlstand wachsen. Die Angst um Arbeitsplätze wird auch immer größer. Es war goldrichtig von der FDP, dass wir gesagt haben: Wir brauchen eine Wende in der Wirtschaftspolitik. SPD und Grüne waren nicht bereit, die Vorschläge, die wir hatten, überhaupt zu diskutieren. Am Ende stand die Frage: Ein weiteres Jahr Stillstand in der Wirtschaftspolitik, und die Dinge gehen weiter den Bach runter - oder das Land mit einer Neuwahl vor einer Richtungsentscheidung stellen? Ich halte es für richtig, dass jetzt neu gewählt wird. Ich glaube auch, dass viele Menschen den Weg mit der FDP gehen wollen. Die Art und Weise, wie die Koalition zu Ende ging, war nicht schön, ja. Ich fand den Auftritt von Olaf Scholz nicht Kanzler-würdig.
Ein Würzburger in Düsseldorf
Moritz Kracht ist 1980 in Würzburg geboren. Er studierte Politikwissenschaft, Soziologie und Öffentliches Recht an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Von 2010 bis 2017 war er Sprecher der FDP in Nordrhein-Westfalen, von 2013 bis 2017 Sprecher des FDP-Bundesvorsitzenden Christian Lindner. Danach war Kracht fünf Jahre lang als stellvertretender Regierungssprecher in der NRW-Staatskanzlei tätig, seit 2022 ist er Leiter der Unterabteilung Kommunikation im Bundesministerium der Justiz. Moritz Kracht lebt in Bilk und ist Vater einer Tochter.
Die NRZ Düsseldorf stellt in den nächsten Wochen in loser Reihenfolge weitere Düsseldorfer Bundestagskandidaten der für uns relevanten Parteien vor.
Und Lindner? Der hat sich in der ganzen Schlammschlacht doch auch nicht mit Ruhm bekleckert. Sie waren von 2014 bis 2018 sein Sprecher. Was sagen Sie zu ihm?
Christian Lindner macht seine Politik zielorientiert zum Wohle des Landes, er ist ein sehr ernsthafter Mensch. Mit ihm zusammen zu arbeiten, war für mich eine Bereicherung. Ich habe von ihm viel gelernt und bin dankbar für die Erfahrungen. Wir haben heute noch einen guten Kontakt.
Nochmal zu Düsseldorf: Wenn Sie morgen etwas ändern könnten, was würden Sie als erstes tun?
Ich würde sofort eine Task Force für Digitalisierung bilden. Da lassen wir wahnsinnig viele Chancen liegen. Vertreter aus der Wirtschaft sagen mir, das sei das größte Hemmnis in Düsseldorf. Digital gingen viele Prozesse leichter und schneller. Zuhause kann man ein Netflix-Abo über das Smartphone mit drei Klicks abschließen. Aber für viele Alltagsdinge müssen die Bürgerinnen und Bürger immer noch aufs Amt gehen. Mit einer besseren Digitalisierung kann man auch die Bildung junger Menschen voran bringen. Düsseldorf ist in vielen Dingen schon richtig gut, die Chance auf Digitalisierung nutzen wir aber völlig unzureichend.
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Marie-Agnes Strack Zimmermann war auch schon mal Abgesandte für Düsseldorf in Berlin. Das sind große Fußstapfen, in die Sie da treten wollen.
Mein Ziel ist es nicht, in andere Fußstapfen zu tretenMein Ziel ist es nicht, in andere Fußstapfen zu treten. Ich habe zu Frau Strack-Zimmermann ein enges, gutes und freundschaftliches Verhältnis. Ich bin ihr für ihre Unterstützung sehr dankbar. Aber als gewählter Kreisvorsitzender und als gewählter Kandidat für den Bundestag muss man auch immer auf eigenen Füßen stehen und mit der eigenen Persönlichkeit überzeugen.
Sie schreiben in Ihrem Lebenslauf, dass Sie Bayern-Fan sind. Wie konnte das passieren?
Seinen Verein kann man sich nicht wirklich aussuchen. Als Kind habe ich mehrere Jahre von meinem Onkel und meinem Opa zum Geburtstag einen Ausflug nach München ins Stadion mit einem FC Bayern-Fanklub geschenkt bekommen. Das war für mich, weil wir in Würzburg auch keinen höherklassigen Verein hatten, immer ein ganz besonderes Highlight im Jahr, wenn es dann mit dem Bus und anderen Fans ins Olympiastadion nach München ging. Das hat mich damals geprägt, die Fahrten dorthin, dann im Stadion in der Fankurve.
Und Ihre Symphatien zur Fortuna? Sie sind ja nun auch schon lange in Düsseldorf.
Natürlich gehe ich auch gerne zur Fortuna ins Stadion. Und drücke die Daumen, dass es wieder mit dem Aufstieg in die Bundesliga klappt. Bei der letzten Bundesliga-Begegnung zwischen Fortuna und Bayern war es für mich allerdings ein großes Dilemma.
Inwiefern?
Es war so, dass Bayern in der Tabelle schon ziemlich weit vorne stand und Fortuna die Punkte dringend gegen den Abstieg brauchte. Bayern hat klar gewonnen. Ich hätte gut damit leben können, wenn die Bayern die Punkte in Düsseldorf gelassen hätten.
Über was haben Sie sich das letzte Mal richtig gefreut?
Ich habe mich gefreut, dass meine Partei hier vor Ort mich mit einer sehr großen Mehrheit von 83 Prozent als Spitzenkandidaten für den Deutschen Bundestag nominiert hat. Der große Rückhalt war besonders, weil ich im Frühjahr erst in einer Wettbewerbs-Situation Vorsitzender wurde. Von daher habe ich mich jetzt schon über den Vertrauensvorschuss der FDP in Düsseldorf gefreut. Privat habe ich mich mit meiner Tochter gerade sehr gefreut. Es entscheidet sich gerade, auf welche weiterführende Schule sie gehen wird. Und zuletzt hat sie eine Eins in Mathe geschafft, das war ein großer gemeinsamer Erfolg.
Letzte Frage: Wer ist ab Februar der richtige Bundeskanzler?
Die Wahrscheinlichkeit, dass Friedrich Merz der nächste Bundeskanzler wird, ist sehr hoch. Wir haben aber kein Präsidialsystem wie in den USA, die Regierung wird in Deutschland von den Parteien getragen. Und das ist gut so. Die Frage müsste also heißen: Was ist das richtige Regierungsbündnis? Und da wird die Stimme für die FDP den Unterschied machen.
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