Düsseldorf. Vor der Flaschenpost-Zentrale im Düsseldorfer Hafen haben der DGB und die NGG eine Info-Aktion für Beschäftigte veranstaltet. Was dahinter steckte.
Bei zahlreichen Beschäftigten des Getränkelieferanten Flaschenpost herrschte am Mittwochmittag (23. Oktober) beste Laune. Denn immerhin kommt es ja nicht oft vor, dass es zur Pause eine kostenlose Portion Pommes in einer Tüte gibt. Für den frittierten Gratis-Snack sorgte der Düsseldorfer Stadtverband des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in einer gemeinsamen Info-Aktion mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) auf dem Gelände der Flaschenpost-Zentrale im Düsseldorfer Hafen.
Im Rahmen der bundesweiten Tarifwende-Kampagne machte das „Fritten-Mobil“ des DGB gemeinsam mit Vertretern der NGG Düsseldorf-Wuppertal im Industriegebiet auf der Lausward Halt. Hintergrund der Pommes-Aktion: Die Gewerkschaftsvertreter wollten ein Zeichen für Tarifbindung und Mitbestimmung bei Flaschenpost setzen. Denn bei dem Lieferanten werden Beschäftigte wie Kuriere und Lageristen laut NGG nicht nach Tarifvertrag bezahlt. Dabei habe man nur mit einem Tarifvertrag mehr in der (Lohn-)Tüte, so der DGB.
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Beschäftigte bei Flaschenpost: Kein Weihnachtsgeld, nur 20 Urlaubstage
„Die Flaschenpost Düsseldorf GmbH hat 300 Beschäftigte. Von diesen 300 Beschäftigten sind 95 Prozent befristet angestellt. Die Stammbelegschaft, die Teamleiter, Schichtleiter, Lagerleiter sind meistens Vollzeit und unbefristet beschäftigt. Das ist bei Lageristen und Kurieren jedoch nicht der Fall“, kritisiert Zayde Torun, Geschäftsführerin der NGG Düsseldorf-Wuppertal. Das sorge dafür, dass die Beschäftigten, die mit befristeten Arbeitsverträgen ausgestattet sind und „mit prekären Arbeitsbedingungen zu kämpfen haben, keine Kredite oder Mietverträge bekommen. Das Problem haben hier viele“, erzählt die Gewerkschafterin.
Ein weiterer Kritikpunkt ist der Stundenlohn, den viele Beschäftigte bei Flaschenpost in Düsseldorf erhalten, meint Torun: „Lageristen haben einen Stundenlohn von 12,50 Euro. Das sind nur neun Cent über dem Mindestlohn. Die Fahrer bekommen 13,25 Euro, das sind immerhin 84 Cent über dem gesetzlichen Mindestlohn. Wenn sie noch etwas Bonus oder Trinkgeld bekommen, können sie damit zumindest überleben.“ Dennoch sei dies zu wenig, findet die NGG-Geschäftsführerin. Urlaubs- und Weihnachtgeld gebe es für die befristet Beschäftigten nicht, außerdem steht den meisten lediglich die gesetzliche Mindestanzahl von 20 Urlaubstagen im Jahr zur Verfügung.
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Zudem herrsche beim Personal im Lager und bei den Kurieren eine hohe Fluktuation. „Es ist ein Kommen und Gehen. Wenn ein Vertrag ausläuft, wird dieser nicht entfristet. Dann kommt einfach der Nächste, der dann für Flaschenpost arbeitet. Und die finden immer den nächsten“, moniert Zayde Torun. Das Problem: „Viele Menschen mit Migrationshintergrund, die hier arbeiten, der deutschen Sprache aber nicht so mächtig sind, kennen ihre Rechte nicht. Deswegen sind solche Betriebe oftmals nicht so gut organisiert.“
Flaschenpost in Düsseldorf hat seit 2020 einen Betriebsrat
Dies ist zumindest bei Flaschenpost in Düsseldorf nicht der Fall. In der Zentrale am Hafen gibt es seit 2020 einen Betriebsrat. Die Gründung „war aber ein Kampf“, erinnert sich die NGG-Frau. „Damals gab es noch eine einstweilige Verfügung wegen der Behinderung von Betriebsratswahlen. Nun haben wir hier ein Neuner-Gremium, das sich um die Belange der Beschäftigten kümmert. Das gefällt den Leuten in der Chefetage bei Flaschenpost natürlich nicht.“
Und dieser Organisationsgrad sei wichtig, betont Zayde Torun. „Denn nur so können wir Tarifverträge verhandeln. Wir können ansonsten nicht bei 300 Beschäftigten für eine geringe Zahl kämpfen. Tariffragen sind nämlich immer auch Machtfragen.“ Weil jeder Flaschenpost-Standort eine eigene Gesellschaft ist, müssen sich die Beschäftigten an den jeweiligen Firmensitzen immer auch selbst organisieren.
Dass es auch mit Tarifverträgen geht, zeigen andere Firmen, die zur Oetker-Gruppe (Dr. Oetker) gehören. So sind beispielsweise „alle Betriebe der Radeberger Gruppe, von den Brauereien bis zu den Produzenten von Erfrischungsgetränken, tarifgebunden.“ Flaschenpost, das laut Zayde Torun vor drei Jahren vom Oetker-Konzern für rund eine Milliarde Euro aufgekauft wurde, ist hingegen weiterhin nicht an Tarife gebunden. Deswegen appelliert Zayde Torun an das Bielefelder Traditionsunternehmen, mit der NGG einen Tarifvertrag für die Beschäftigten von Flaschenpost abzuschließen und „seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden“.
NGG rät Düsseldorfer Kunden von Boykott ab
Kundinnen und Kunden, die sich in der Landeshauptstadt Getränke oder Lebensmittel von Flaschenpost liefern lassen, sollten, trotz der teils prekären Arbeitsbedingungen für viele Beschäftigte, nun nicht auf die Idee kommen, den Getränkelieferanten zu boykottieren, sagt Torun: „Die Kunden sollen ruhig weiter bei Flaschenpost bestellen. Denn so bleiben die Arbeitsplätze gesichert.“ Und außerdem habe man ja in Düsseldorf „zumindest einen Betrieb mit Mitbestimmung“.
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Dennoch sei die Arbeit, die vor allem die Lageristen und die Fahrer verrichten, „ein Knochenjob. Die Arbeitsbedingungen sind hart“, stellt klar die NGG-Geschäftsführerin klar. „Gerade, wenn Kunden Großbestellungen haben.“ Deswegen wünschen sich der DGB und die NGG mehr Anerkennung für die Beschäftigten durch die Zahlung einer Inflationsprämie. Die gab es für die Lagermitarbeiter und Kuriere bislang nicht, berichtet Zayde Torun. Nun fordern die Gewerkschaften die Oetker-Gruppe dazu auf, Tarifverträge bei Flaschenpost einzuführen und appellieren gleichzeitig an die Beschäftigten, sich betrieblich oder gewerkschaftlich zu organisieren: „Macht Druck, damit das Unternehmen, in dem ihr arbeitet, Tarifverhandlungen zustimmt!“
Flaschenpost bezieht Stellung
Am Donnerstagnachmittag (24. Oktober) bezog Flaschenpost Stellung zu der Situation ihrer teils befristeten Beschäftigten. Eine Unternehmenssprecherin teilte auf NRZ-Nachfrage mit, dass das Unternehmen „großen Wert auf faire und attraktive Arbeitsbedingungen“ lege. „Dazu gehören für uns ein transparentes Lohngefüge mit einem Grundgehalt, das über dem gültigen Mindestlohn liegt, sowie regelmäßige flächendeckende Lohnerhöhungen und zusätzliche Verdienstmöglichkeiten in Abhängigkeit der Betriebszugehörigkeit oder in Form von Leistungszulagen.“
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Dabei stellte die Sprecherin klar, dass „ein 13. Gehalt konzernweit nicht bezahlt“ werde. Zudem orientieren sich die Urlaubstage „an den gesetzlichen Vorgaben und sind darüber hinaus abhängig von den jeweiligen Karrierestufen“. Dieser „individuelle und konzernweite Ansatz“ habe sich „über die vergangenen Jahre als sehr passend herausgestellt“, so die Sprecherin weiter. Dies zeige auch eine interne Mitarbeiterbefragung. Demnach gaben 84 Prozent aller Mitarbeitenden eine Weiterempfehlungsquote für Flaschenpost als Arbeitgeber, erklärt die Sprecherin.