BMW unterbricht wegen fehlender Bauteile die Produktion. Auch Daimler könnte ein ähnliches Schicksal ereilen. Krisenstäbe bei Bosch.
Berlin. Jetzt trifft die Aschewolke den Kern der deutschen Wirtschaft: die Autoindustrie. Der Autobauer BMW stoppt infolge der Flugverbote durch die Vulkanasche-Wolke aus Island Teile seiner Produktion. Schon am Dienstagabend würden im Werk Dingolfing zur Spätschicht die Bänder angehalten, sagte ein Sprecher des Münchner Autokonzerns.
Am Mittwoch und Donnerstag werde dann die Produktion an den Standorten München und Regensburg unterbrochen. Durch den vorübergehenden Produktionsstopp verzögere sich die Fertigung von rund 7000 Fahrzeugen. Der Konzern habe bereits Gespräche mit dem Betriebsrat begonnen, um die ausgefallene Produktion möglichst rasch aufzuholen.
Hintergrund der Unterbrechungen sei, dass Bauteile für die Elektronik der Autos und der Innenausstattung, die der Konzern normalerweise per Luftfracht geliefert bekommt, durch die Flugverbote innerhalb Europas zeitweise nicht mehr verfügbar seien.
Der Stuttgarter Automobilkonzern Daimler könnte bald ein ähnliches Schicksal ereilen wie den Wettbewerber BMW, der wegen des Flugverbots die Produktion unterbrechen muss. „Wenn das Flugverbot anhält, wird es ab Mittwoch erste Auswirkungen auf die Logistikprozesse geben“, sagte eine Sprecherin des Unternehmens.
Details, wo und in welchem Umfang, konnte sie jedoch nicht nennen. Derzeit würden die Beauftragten in den deutschen Werken in Untertürkheim und Sindelfingen, in Rastatt und Wörth sowie in Bremen und Berlin alternative Anlieferungsmöglichkeiten prüfen, um die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten.
Beim weltgrößten Automobilzulieferer Bosch sind derzeit mehrere Krisenstäbe mit dem Management der Vulkan-Krise beschäftigt. Schließlich sind die Stuttgarter gleich dreifach von den Folgen des Flugverbots betroffen. Einerseits kommen Teile, wie etwa Rohstoffe oder Düsennadeln für Einspritzpumpen, von Sub-Zulieferern nicht rechtzeitig bei Bosch an, andererseits droht die Lieferkette zwischen den Bosch-Werken unterbrochen zu werden und letztlich sind die Lieferungen zu den Automobilherstellern gefährdet.
„Wir setzen alles daran, die Folgen des Naturereignisses für unsere Kunden so gering wie möglich zu halten. Jedoch kann auch Bosch bei anhaltenden Verkehrsbehinderungen Lieferengpässe in einzelnen Bereichen nicht ausschließen", sagt der bei Bosch für Einkauf und Logistik zuständige Geschäftsführer Rudolf Colm.
Der Branchenprimus versucht sich jedoch auch mit zum Teil unkonventionellen Methoden gegen die Störung der Lieferströme abzusichern. So wie in der vergangenen Woche, als deutlich wurde, dass die Sperrung der deutschen Flughäfen länger andauern würde. Bosch schickte einen Fahrer zum Frankfurter Flughafen, um dort zum Abflug bereit stehende sogenannte Wafer – Siliziumscheiben mit einem Durchmesser von 150 Millimetern und einer Stärke von einem Millimeter – abzuholen.
Auf diesen Wafern haben bis zu 800 integrierte Steuerungselemente für Autos Platz, die in der Halbleiter-Fabrik von Bosch in Reutlingen produziert werden. Der Fahrer brachte die Koffer mit den mehr als 200 Siliziumscheiben nach Lissabon. Dort hatte der Krisenstab bereits den Lufttransport nach Asien organisiert, wo die Wafer speziell für den entsprechenden Anwendungsbereich in Kunststoff- oder Keramikhüllen verpackt und nach Reutlingen zurückgeschickt werden. Dies führte zwar zu einer Verzögerung von drei bis fünf Tagen, doch die Produktion konnte somit sichergestellt werden.