Aus Fehlschlägen haben sie gelernt, jetzt greifen die chinesischen Autohersteller an. Die Übernahme von Volvo ist nur der Anfang.

Hamburg/Peking. Der deutschen Autoindustrie erwächst ein neuer Herausforderer: China. Mit der Übernahme der schwedischen Ford-Tochter Volvo für umgerechnet 1,34 Milliarden Euro durch den Hersteller Geely hat die chinesische Autoindustrie den Vorstoß in den Luxussektor geschafft. Schon im Februar hatte sich der chinesische Autokonzern BAIC die Rechte an der Motor- und Getriebetechnik von Volvo-Konkurrent Saab gesichert. Und die Übernahme der Luxus-Geländewagenmarke Hummer von GM durch einen China-Konzern scheiterte nur knapp.

In Europa ist die chinesische Autoindustrie bisher eher als Lachnummer wahrgenommen worden: Mit Modellen wie „Landwind“, „Brilliance“ oder „Great Wall“ wollte man dort Fuß fassen. Die Vorstöße scheiterten auch an der mauen Qualität der Wagen und dem altertümlichen Design.

In China aber sind die heimischen Autofabriken eine Macht. 2009 wurden dort 13,6 Millionen Autos verkauft. Jahrzehnte beherrschten ausländische Konzerne wie Volkswagen, GM oder Toyota den Markt. Aber inzwischen sind die Hälfte der Neuwagen von chinesische Marken. Ein Blick in die Geschichte zeigt: Um auf den Weltmärkten anzugreifen, müssen Autobauer ihre Heimatmärkte beherrschen. Dort können sie die Kraft schöpfen, um außerhalb der Landesgrenzen anzutreten. So machte es Toyota, so machte es VW.

Aus Fehlschlägen gelernt

Die Chinesen beherzigen dieses Wissen: „Wir werden noch in diesem Jahr in Europa ein erstes Modell in Europa anbieten“, sagte eine Sprecherin des Autoherstellers BYD nach Angaben der Tageszeitung „Die Welt“ vor einigen Wochen. BYD ist einer der zehn großen Autohersteller in der Volksrepublik. Die Chinesen wollen dem Bericht zufolge nicht nur mit Billigautos, sondern mit umweltfreundlicher Technik punkten.

BYD bietet den Hybrid F3 DM an, ein Jahr später soll der Elektrowagen E 6 nach Europa kommen. Man habe aus den Fehlschlägen anderer chinesischer Autobauer in Europa gelernt: „Unsere Fahrzeuge werden alle technischen Standards erfüllen“, sagte die Sprecherin. Neben BYD will laut Bericht auch die Shanghai Automotive Industry Corp. (SAIC), größter Fahrzeughersteller der Volksrepublik, mit dem Verkauf eigener Autos beginnen.

Ein großer Trumpf der chinesischen Autoindustrie ist der bevorstehende Wechsel bei der Antriebstechnik: Motoren mit Benzin und Diesel sind auf lange Sicht wohl Auslaufmodelle. Ölknappheit und Klimawandel setzen ihnen zu.

Sprunghafte Fortschritte möglich

Bei Elektroautos aber sind die Chinesen technisch auf der Höhe der Zeit. Seit Jahren forschen sie an Batterien für Handys und Laptops. In den USA und Europa haben die Autobauer die Zukunft der Stromautos lange geleugnet. Inzwischen aber wollen immer mehr Staaten dem Stromwagen mit Prämien zum Durchbruch helfen, China vorneweg. Europas Anbieter geraten unter Druck und retten sich in Partnerschaften mit chinesischen Konzernen.

Aber der Antrieb ist nicht alles: Bisher scheiterten China-Mobile im Ausland auch an schwachen Leistungen des Fahrwerks, schlechter Crashsicherheit und fragwürdiger Verarbeitung. Mit dem Einstieg bei Volvo und der Saab-Technik können sie hier aber sprunghafte Fortschritte machen.

Die insgesamt wachsende Kompetenz der chinesischen Autobauer zeigt sich auch in den USA. GM bringt dort 2012 das Miniauto Chevrolet Spark aus chinesischer Produktion auf den Markt. Der Spark sei „die Versicherungspolice“ von GM, falls die Benzinpreise wieder wie 2008 durch die Decke gehen, sagte Anfang Januar der damalige GM-Topmanager Bob Lutz.