Der Hochtief-Chef hat dem Druck des spanischen Großaktionärs ACS nachgegeben. Auf den neuen Chef Stieler warten viele alte Probleme.
Essen. Nach dem unfreiwilligen Abschied des langjährigen Vorstandschefs Herbert Lütkestratkötter steht der größte deutsche Baukonzern Hochtief vor einer ungewissen Zukunft. "Ich habe jedenfalls mein Bestes gegeben und mehr ging nicht“, zog der als eher wortkarg geltende Westfale eine nüchterne Bilanz nach einer der heftigsten Übernahmeschlachten der vergangenen Jahre.
Seit September hatte der intern "Dr.Lü“ genannte Vorstandschef sich mit aller Kraft gegen die Übernahme durch den spanischen ACS-Konzern gestemmt und schließlich auf ganzer Linie verloren. Sein Abschied sei schließlich auf Druck des Großaktionärs erfolgt, berichtete der 60-Jährige am Donnerstag auf der Hauptversammlung in Essen. Ihm bleibt dennoch eine Abfindung von mehr als vier Millionen Euro.
Auf dem Treffen würdigten vor allem die Kleinaktionäre den sichtlich bewegten Manager mit lang anhaltendem Applaus. "Ich hatte noch viele Pläne mit meinem Team. Nun ist es anders gekommen“, sagte Lütkestratkötter. Auch jenseits der nun weitgehend geschlagenen Übernahmeschlacht bleiben seinem Nachfolger noch viele "Baustellen“ bei Hochtief. Ab diesem Freitag sieht sich Frank Stieler als neuer Hochtief-Chef vor dieser Herausforderung.
Größtes Problem ist derzeit die australische Hochtief-Tochter Leighton, die lange Zeit als begehrenswerte Ertragsperle galt. Ein ganzes Ursachenbündel aus heftigen Regenfälle in Australien, verspäteten öffentlichen Genehmigungen für Bauprojekte, Designänderungen und schlechter Zahlungsmoral treiben die australische Tochtergesellschaft im Ende Juni zu Ende gehenden Geschäftsjahr überraschend tief in die Verlustzone.
Zum Problem wurden unter anderem Verspätungen und Kostenexplosionen beim Bau einer Entsalzungsanlage in Melbourne. Außerdem wurde ein Großprojekt am Flughafen in Brisbane von der Flutkatastrophe zurückgeworfen. Für das bis Juni laufende Geschäftsjahr rechnet Leighton mit einem Verlust von umgerechnet 312 Millionen Euro statt dem bislang erwarteten Gewinn von 350 Millionen Euro.
Lütkestratkötter wollte mit einem umfangreichen Verkaufspaket die Konzernkasse füllen. Auf die Verkaufsliste hatte er etwa das lukrative Flughafengeschäft gesetzt. Der Verkauf von anderen Teilen der Sparte Concessions (Konzessionen) wie etwa Mautstraßen soll später folgen. Ein direkter Verkauf sei ebenso möglich wie ein Börsengang, hieß es. Hochtief hatte bereits 2009 versucht, einen Teil der Sparte an die Börse zu bringen und den Plan aber dann im Zuge der Finanzkrise wieder abgeblasen.
Bei dem hoch verschuldeten Hochtief-Großaktionär ACS dürften die düsteren Gewinnprognosen von Leighton auf wenig Verständnis gestoßen sein. Im Ergebnis rechnet nun die Leighton-Mutter Hochtief mit einer Halbierung des Vorsteuerergebnisses im laufenden Jahr. Auch die Spanier mussten in der Folge ihre eigenen Prognose nach unten korrigieren. Zu Einzelheiten seiner neuen Strategie wollte sich der neue Konzernchef Stieler, der als Favorit des mächtigen spanischen Großaktionärs gilt, bei dem Aktionärstreffen noch nicht äußern. Er zögert jedoch nicht, sondern nimmt die Probleme gleich aufs Korn. Denn als erstes fliegt Stieler schon am Freitag nach Australien.