Im Kampf um Hochtief umwirbt ACS das Emirat Katar: Der Investor bekommt Aktien zum günstigen Preis. Das empört andere Aktionäre.

Die Spekulanten hatten sich schon die Hände gerieben. Felsenfest waren sie von einem Bieterwettkampf um Deutschlands größten Baukonzern Hochtief ausgegangen. Immerhin hatte das Essener Traditionsunternehmen zu Wochenbeginn angekündigt, das Emirat Katar per Kapitalerhöhung zum Großaktionär zu machen. Und das mitten im Übernahmekampf mit dem spanischen Konkurrenten ACS, der bei Hochtief derzeit per Aktientausch die Mehrheit übernehmen will.

Die Iberer allerdings sehen den Einstieg der Kataris überraschend gelassen. Zumindest öffentlich. „Wir sehen in Katar Holding einen guten Partner, den wir willkommen heißen“, sagte ACS-Vorstand Angel Garcia Altozano gegenüber der „Financial Times Deutschland“. Der Einstieg verändere nichts an der bisherigen Übernahmestrategie. Und tatsächlich haben die Spanier beim Amtsgericht in Essen keine Bedenken gegen die geplante Kapitalerhöhung angemeldet. Das bestätigte gestern ein Justizsprecher. Und das obwohl die geplante Übernahme von Hochtief dadurch mindestens schwieriger, auf jeden Fall aber teurer werden dürfte.

Dementsprechend hat der zuständige Registerrichter nur wenige Stunden später die Ausgabe von 6.999.999 nennwertlosen Stückaktien gegen Bareinlage unter Ausschluss des Bezugsrechts der bestehenden Aktionäre genehmigt und ins Handelsregister eingetragen. Die Finanzholding des Emirats hält damit 9,1 Prozent der Aktien an Hochtief. Den Schritt hatte Hochtief mit den dadurch steigenden Aussichten auf milliardenschwere Infrastrukturprojekte in der Region begründet, insbesondere mit Blick auf die Fußball-Weltmeisterschaft 2022, für die Katar in der vergangenen Woche den Zuschlag erhalten hatte.

Von Marktbeobachtern dagegen wurde das Manöver als Versuch des Baukonzerns gewertet, die feindliche Übernahme durch ACS zu erschweren. Auch deshalb war in den vergangenen Tagen regelmäßig darüber spekuliert worden, dass ACS gegen den Katar-Einstieg vorgehen würde. Offenbar gestalten sich die kolportierten rechtlichen Schritte aber als äußerst schwierig. Aus dem Umfeld von ACS zumindest verlautet, dass die Chancen einer Klage gegen Null tendieren. Und dass rechtliche Schritte geprüft wurden, dokumentiert allein schon die Tatsache, dass sich die Spanier stattliche vier Tage Zeit gelassen haben, um den Katar-Einstieg zu bewerten.

ACS hat Konfrontationskurs aufgegeben

Das Ergebnis ist nun ein Schmusekurs gegenüber dem neuen Investor. Der allerdings passt in die bisherige Strategie von ACS. Immerhin versuchen die Südeuropäer schon seit Wochen ihr negatives Angreifer-Image abzustreifen und sich stattdessen als konstruktiver Partner zu präsentieren. Da passt ein Konfrontationskurs nicht ins Bild, vermuten Branchenbeobachter. Für das Hochtief-Management, das sich in der kommenden Woche offiziell zum Übernahmeangebot von ACS äußern will, gilt das neuerliche Friedensangebot dagegen offenbar nicht.

Denn ACS-Manager Altozano übt zumindest indirekt Kritik an Konzernchef Herbert Lüttkestratkötter, der Katar schon vor Wochen als Abwehrhelfer umworben und vom Einstieg über die Kapitalerhöhung zu überzeugen versucht hatte. „Gemessen an der finanziellen Stärke und den erheblichen Aktien im Eigenbesitz der Gesellschaft, halten wir diesen Schritt für absolut unnötig“, sagte Altozano. Der Fakt, dass alle Hochtief-Aktionäre während des laufenden Übernahmeangebots verwässert werden, sei eine klare Fehlstrukturierung.

Das sieht man bei Hochtief wenig überraschend anders. „Die Aktionäre haben keinen Schaden genommen“, heißt es aus dem Umfeld des Unternehmens. Im Gegenteil: Durch den stark gestiegenen Aktienkurs hätten sie am Ende sogar profitiert. Tatsächlich sind steigende Kurse eher ungewöhnlich nach einer Kapitalerhöhung. „Der Kapitalmarkt gibt uns also Recht“, sagt eine Sprecherin des MDax-Konzerns. Ganz geräuschlos läuft die Kapitalerhöhung trotzdem nicht. Denn mit Southeastern Asset Management gibt es zumindest einen Großaktionär, der nicht einverstanden ist, dass sein Anteil verwässert wird.

In einem Brief an den Aufsichtsratsvorsitzenden Detlef Bremkamp forderte der US-Fonds den Rücktritt aller Vorstände und Aufsichtsräte, die an der Entscheidung über die Kapitalerhöhung beteiligt waren. Der Finanzinvestor, der gut sechs Prozent der Hochtief-Aktien hält und darüber hinaus in ähnlicher Größenordnung auch bei Angreifer ACS engagiert ist, kritisiert vor allem die Preissetzung. Katar solle mit 57,114 Euro einen Preis zahlen, der deutlich unter dem tatsächlichen Wert des Papiers liegt.

Für 9,1 Prozent der Hochtief-Anteile bezahlen die Araber damit rund 400 Millionen Euro. Southeastern sei darüber „schockiert“. Hochtief wollte die Rücktrittsforderungen ebenso wenig kommentieren wie Klaus Wiesehügel, der Chef des Gewerkschaft IG Bau und zugleich im Aufsichtsrat von Hochtief sitzt. Southeastern sieht den wahren Wert der Hochtief-Aktie bei 95 Euro. „Wir sind keine aktivistischen Investoren“, betonten die Amerikaner in ihrem Brief. Southeastern sei an einem langfristigen Investment interessiert. Der Vermögensverwalter war vor einem Jahr eingestiegen.

Quelle: Welt Online