Private Investoren fordern trotz Schuldenschnitt und Rettungspaket mehr Geld. Griechenland bleibt stur – es geht um Milliarden.
Athen/London/Frankfurt. Griechenland kommt nicht zur Ruhe. Nachdem das zweite Rettungspaket nach langem Ringen auf den Weg gebracht wurde, steht bereits der nächste Ärger ins Haus: Am 15. Mai wird die erste nach internationalem Recht aufgelegte Anleihe fällig. Investoren bestehen auf voller Auszahlung und fahren schwere juristische Geschütze auf. Athen signalisiert nach wie vor keinerlei Kompromissbereitschaft.
Die Lage ist vertrackt: Während Griechenland bei den Anleihen nach nationalem Recht über 177 Milliarden Euro einfaches Spiel hatte, kann es die Gläubiger mit internationalen Bonds nicht ohne Weiteres durch Umschuldungsklauseln zum Forderungsverzicht zwingen. Das Problem: Hedgefonds, die sich auf das Eintreiben ausfallbedrohter Schulden spezialisiert haben, ist das schon lange bewusst. Über Monate haben sie ihren Schlachtplan von langer Hand vorbereitet.
+++ Eurostaaten geben Griechenland-Hilfen endgültig frei +++
+++ IWF billigt 28 Milliarden Euro für Griechenland +++
Der funktioniert so: Die oft als Geierfonds bezeichneten Investoren kaufen diejenigen Anleihen zusammen, die Griechenland nicht einfach zwangsumschulden kann. Ziel ist es, in einzelnen Bond-Serien Sperrminoritäten aufzubauen. Denn bei den Titeln unter internationalem Recht stimmen die Gläubiger separat darüber ab, ob sie sich einen Einsatz der Umschuldungsklauseln gefallen lassen. Insgesamt geht es um 36 Anleihen im Volumen von etwa 29 Milliarden Euro.
Bei den meisten der Emissionen müssen 75 Prozent der Investoren grünes Licht geben, damit Klauseln greifen können. Bei einigen großvolumigeren Anleihen liegt die Schwelle bei 66 Prozent. Um die Umschuldung erfolgreich zu blockieren, müssten also lediglich 25 bis 33 Prozent der entsprechenden Papiere aufgekauft werden. „Für eine Gruppe von Hedgefonds dürfte das kein Problem darstellen“, meint Volker Brokelmann, Anleiheexperte der HSH Nordbank. Allerdings könnte es schwierig sein, die einzelnen Titel zu besorgen. „Es handelt sich um einen bunten Strauß von Anleihen, die über Jahre auf den Markt gekommen sind.“
Zumindest in einzelnen Fällen scheint das Kunststück jedoch gelungen zu sein: Wie aus Angaben der griechischen Schuldenagentur hervorgeht, stellen sich bislang bei zehn Anleihen die Investoren quer. Es geht um einen Nennwert von vier Milliarden Dollar. Widerspenstig zeigen sich etwa die Halter zweier Anleihen, die von staatlichen Unternehmen ausgegeben wurden und von Athen garantiert werden. Es geht unter anderem um Schuldverschreibungen der Hellenischen Eisenbahn.
Für die Auszahlung störrischer Gläubiger sei kein Geld da, betont Athen stoisch. „Kein Anleihe-Halter wird bessere Konditionen erhalten als beim Schuldenschnitt“, lässt Petros Christodoulou, der Chef der griechischen Schuldenagentur, verlauten. Die Inhaber von Anleihen nach griechischem Recht mussten mehr als 70 Prozent abschreiben. Bleibt Athen bei seiner Haltung, ist der Rechtsstreit unausweichlich.
Dieses Szenario schreckt einige Hedgefonds nicht ab. Im Gegenteil: Die internationalen Anleihen sind auch deshalb so attraktiv für sie, weil sie nicht vor Athener Gerichten streiten wollen, sondern in London. Dort würden im Zweifelsfall die Prozesse über den Löwenanteil der betroffenen Bonds stattfinden. Akteure wie der US-Hedgefonds Elliott Associates, der laut Marktgerüchten Ende 2011 eingestiegen ist, gelten als Profis, wenn es um langfristige Rechtsstreitigkeiten mit zahlungsunwilligen Regierungen geht.
Ob Athen gut beraten wäre, sich auf diese Auseinandersetzung einzulassen? Es sei zwar nachvollziehbar, dass Griechenland mit einem Zahlungsboykott drohe, sagt Gabriel Sterne, Experte der Londoner Investmentbanking-Boutique Exotix. „Möglicherweise wäre es aber nicht im Interesse des Landes, diese Drohung dann auch wahr zumachen.“
Allerdings ist der Rechtsweg laut Experten auch für die Hedgefonds alles andere als ein Selbstläufer: Stellt sich heraus, dass sie die Anleihen gekauft haben, als bereits klar war, dass diese nicht bezahlt werden können, sinken ihre Chancen – und genau das dürfte bei den Griechen-Bonds in vielen Fällen zutreffen.