Anleihen nach internationalem Recht sind von den rückwirkenden Umschuldungsklauseln wahrscheinlich nicht betroffen – ein Umstand, den einige Hedge-Fonds nutzen wollen.

Athen/London/Frankfurt. Beim griechischen Schuldenschnitt scheinen die Kräfteverhältnisse auf den ersten Blick klar: Offiziell läuft der Vorgang „freiwillig“ ab, doch tatsächlich drückt Athen seinen Gläubigern die Pistole auf die Brust. Finanzminister Evangelos Venizelos lässt keinen Zweifel daran, Investoren zur Not zum Forderungsverzicht zu zwingen. Zu den unterbreiteten Konditionen sagt er: „Es ist das beste Angebot, denn es ist das einzige Angebot“ – und liefert damit eine Reminiszenz an Marlon Brando im Mafiafilm „Der Pate“ („Ich mache ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann“).

Eine Reihe von Anlegern dürfte die selbstbewusste Geste jedoch kaum beeindrucken. Und am Ende könnten ausgerechnet die viel gescholtenen Hedge-Fonds die großen Gewinner sein. Die Strategie ist simpel: „Distressed Debt“-Investoren, die auf das Ausschlachten notleidender Forderungen spezialisiert sind, haben es auf die Anleihen abgesehen, die nicht nach griechischem Recht begeben sind.

Vom Gesamtvolumen in Höhe von 206 Milliarden Euro entfallen 29 Milliarden Euro auf Papiere, die nach internationalem Recht aufgelegt wurden. Was wollen die Spekulanten damit? Die Bonds sind deshalb so attraktiv, weil sie von den rückwirkenden Umschuldungsklauseln wahrscheinlich nicht betroffen wären. Mit den sogenannten „Collective Action Clauses“ (CAC) will Athen den Großteil seiner Gläubiger notfalls zum Forderungsverzicht zwingen.

Damit Griechenland seinen Schuldenschnitt wie gewünscht durchziehen kann, müssen sich 90 Prozent aller privaten Gläubiger freiwillig beteiligen. Dazu zählen auch diejenigen, die die Titel nach ausländischem Recht besitzen. Wenn mehr als zwei Drittel aller privaten Anleger aus freien Stücken am Forderungsverzicht teilnehmen, kann Griechenland die CAC aktivieren. Damit würden die restlichen Gläubiger zum Mitmachen verpflichtet.

Mit einer Einschränkung: Anleihen nach ausländischem Recht sind ein Sonderfall. Bleiben sie außen vor, würde der griechische Schuldenberg nicht wie von den internationalen Geldgebern gefordert um rund 100, sondern nur um etwa 85 Milliarden Euro schrumpfen. Griechenland hat aber kaum Möglichkeiten, bei diesen Bonds Zwang auszuüben. „Da machen die Anleger ihr eigenes Ding“, erklärt Volker Brokelmann, Anleihe-Experte der HSH Nordbank. Die Halter der Titel stimmen separat darüber ab, ob sie sich einen CAC-Einsatz gefallen lassen.

Bei den meisten Griechenland-Anleihen unter internationalem Recht müssen 75 Prozent der Investoren grünes Licht geben, damit Umschuldungsklauseln zum Einsatz kommen können. Bei manchen reichen auch schon 66 Prozent. Glaubt man Gerüchten aus dem Handel, sind sogenannte Geier-Fonds schon seit Monaten dabei, Sperrminoritäten in einzelnen Bond-Serien aufzubauen. „Wir können natürlich nur spekulieren“, sagt HSH-Experte Brokelmann. In den meisten Fällen könnten aber schon Nominalbeträge von wenigen hundert Millionen Euro reichen, um die nötigen 25 oder 33 Prozent zusammenzukaufen. „Für eine Gruppe von Hedge-Fonds stellt das kein Problem dar.“

„Die Frage ist allerdings, ob es auch gelingt, an die nötigen Papiere heranzukommen“, gibt Christoph Rieger, Anleihe-Experte bei der Commerzbank, zu bedenken. HSH-Analyst Brokelmann hat diesbezüglich ebenfalls Zweifel: „Es handelt sich bei den begehrten Titeln um einen bunten Strauß von Anleihen, die über Jahre auf den Markt gekommen sind – die einzelnen Papiere aufzutreiben, dürfte nicht ganz einfach sein“.

Zudem droht Griechenland der Gläubigergruppe mittlerweile mehr oder weniger unverhohlen mit einem Zahlungsboykott. Aus Athen kommt das eindeutige Signal, keine Anleger ungeschoren davonkommen zu lassen. Die Ankündigung dürfte vor allem an Investoren adressiert sein, die Anleihen unter internationalem Recht halten. Zum Kalkül vieler Hedge-Fonds zählt deshalb auch ein mögliches rechtliches Nachspiel.

Wesentlich mehr Erfolg als in Athen würde ein Prozess beispielsweise in London versprechen. Dort müsste im Zweifelsfall über die etwa zehn Prozent griechischen Anleihen verhandelt werden, die britischem Recht unterliegen. Bereits Ende 2011 ging ein Raunen unter Anlegern um, als Gerüchte aufkamen, dass Fonds wie Elliott Associates den Markt geentert hätten. Der New Yorker Hedge-Fonds hat bereits bei Umschuldungen in Argentinien, Peru und dem Kongo von sich reden gemacht und gilt als Profi, wenn es um langjährige juristische Scharmützel mit zahlungsunwilligen Regierungen geht.

Andere Fonds sind nach Informationen der Finanznachrichtenagentur Bloomberg dabei, Gläubiger zusammenzutrommeln, um den Anleihetausch zu torpedieren. Dahinter steht eine Gruppe von Anlegern, die in Schweizer Franken notierte griechische Anleihen hält. Zwar geht es im konkreten Fall lediglich um ein Bond-Volumen von 650 Millionen Franken. Doch wenn das Beispiel Schule macht, könnte sich schnell ein größerer Schulterschluss bilden. „Ich erwarte, dass kaum Anleihen, die unter internationalem Recht emittiert wurden, Teil des Schuldenschnitts werden“, sagt Jaques Cailloux, Europa-Chefvolkswirt der Royal Bank of Scotland. (dpa/abendblatt.de)