Beim griechischen Schuldenschnitt – der größten und kompliziertesten Staats-Umschuldung aller Zeiten – ist die Frage für Investoren von großer Bedeutung: Welchem nationalen Recht unterliegen meine Anleihen?
Frankfurt/Main. Ob Griechenland seine Gläubiger zum Forderungsverzicht zwingen kann, hängt maßgeblich davon ab, unter welchen juristischen Bedingungen die Papiere ausgegeben wurden. Gilt, was für den Großteil der Bonds zutrifft, griechisches Recht, haben Anleger schlechte Chancen, sich schadlos zu halten. Wer die vor allem bei Hedge-Fonds begehrten Titel unter internationalem Recht hält, hat nach Einschätzung von Experten deutlich bessere Karten. Warum?
Gerichtsstandort:
Kommt es zum Äußersten und ein Staat erklärt sich zahlungsunfähig, sind juristische Scharmützel programmiert. Vor Gerichten des Landes zu verhandeln, das die Auszahlung verweigert, ist für Investoren fast aussichtslos. Bei einigen Krisenstaaten der Eurozone ließ sich deshalb zuletzt bereits das Phänomen beobachten, dass Anleihen, die nicht nach inländischem Recht begeben sind, höher gehandelt werden. Das Beispiel Griechenland führt deutlich vor Augen, wie willkürlich ein staatlicher Schuldner mit den Forderungen seiner Gläubiger verfahren kann, sofern diese nationalem Recht unterliegen.
Umschuldungsklauseln
So hat Athen seine Anleihen einfach nachträglich mit Umschuldungsklauseln, sogenannten Collective Action Clauses (CAC) ausgestattet, um seine Investoren notfalls zum Verzicht zwingen zu können. Bei den Anleihen nach internationalem Recht ist das nicht ohne weiteres möglich. Vor allem Schwellenländer emittieren Bonds nach internationalem Recht und in Fremdwährung, um internationale Investoren zu erreichen.
Abwicklung
Die CAC sind von hoher Bedeutung, wenn es zu Zahlungsausfällen staatlicher Schuldner kommt. Die Klauseln sollen der geordneten Abwicklung beim Staatsbankrott dienen. Sie sind eine eher moderne Erscheinung. Erstmals wurden sie 2003 in mexikanische Anleihen eingebaut. Zuvor hatte Argentinien ein abschreckendes Beispiel für eine chaotische Pleite geliefert. So funktioniert das CAC-Prinzip: Sobald eine Mehrheit von betroffenen Gläubigern zustimmt, greifen die Klauseln und schaffen klare Verhältnisse, denen sich auch der unwillige Rest zu beugen hat. Auf diese Weise können vorab Konditionen definiert werden, die bei einer Pleite gelten. Anleger wissen also beim Kauf, worauf sie sich einlassen und können nicht im Nachhinein überrascht werden.
Ausfallversicherungen
Dass Griechenland seine CAC rückwirkend einführt, steht der Grundidee also diametral entgegen. Deswegen rechnen auch fast alle Marktbeobachter damit, dass Kreditausfallversicherungen fällig werden, sollte Athen die Umschuldungsklauseln tatsächlich aktivieren. Traditionell kommen CAC bei Anleihen zur Anwendung, die nach englischem, japanischem oder luxemburgischem Recht aufgelegt werden. Bei Bonds, die in Deutschland, den USA, Italien oder der Schweiz emittiert wurden, waren CAC lange Zeit untypisch. Seit die Klauseln sich in New York, dem weltweit größten Handelsplatz für Staatsanleihen, durchgesetzt haben, sind sie international jedoch eine feste Größe. (dpa)