Mit dem Ja zum Schuldenschnitt ist die Staatspleite Griechenlands zunächst vom Tisch. Doch welche Folgen hat die Umschuldung für alle?

Frankfurt/Main. Die Gefahr einer ungeordneten Pleite Griechenlands scheint vorerst gebannt, auch wenn an den Märkten dem Land noch viel Misstrauen entgegengebracht wird. Das Votum der privaten Gläubiger für einen drastischen Forderungsverzicht sollte den Weg freimachen für eine Teilentschuldung des Landes und damit auch für ein neues Milliarden-Hilfspaket der Euro-Länder und des IWF. Was bedeutet das für die Beteiligten?

Für Deutschland

Für Deutschland bedeutet der absehbare Schuldenschnitt zum einen: Einige seiner großen Banken müssen hohe Forderungen aus Griechenland-Anleihen abschreiben. Dies ist zum Teil bereits erfolgt. Akute unkontrollierbare Gefahren sollten sich nach Einschätzung von Experten nicht mehr ergeben. Größter deutscher Griechenland-Gläubiger ist die Münchner FMS Wertpapiermanagement , in der Risiken der verstaatlichten HRE gebündelt sind. Sie hält Anleihen des südeuropäischen Euro-Landes von über acht Milliarden Euro. Die darauf fälligen Abschreibungen belasten letztlich den deutschen Steuerzahler. Es war vor allem Deutschland, das die Beteiligung privater Gläubiger an der Griechenland-Rettung vorangetrieben hatte.

+++ Griechenland gelingt der Schuldenschnitt +++

+++ 85,8 Prozent der Gläubiger stimmen Umschuldung zu +++

Wirtschaftlich könnte Deutschland davon profitieren, wenn Griechenland kein Unruheherd für Wachstum und Stabilität mehr ist. Sollte es gelingen, Griechenlands Wirtschaft dauerhaft zu stabilisieren, würden sich auch die Risiken aus Milliarden-Krediten und Garantien aus Hilfsprogrammen nicht zu echten Verlusten ausweiten.

Für Griechenland

Griechenland war Ende 2011 mit 375 Milliarden Euro verschuldet. Gemessen an seiner jährlichen Wirtschaftsleistung ist die Verschuldung inzwischen über die Marke von 160 Prozent gestiegen – ein Rekord in der Euro-Zone. Wenn nun die Banken, Versicherungen, Fonds und andere private Gläubiger bis Ende des Jahrzehnts auf rund 107 Milliarden Euro aktueller und künftiger Forderungen verzichten, dann könnte der Schuldenberg des Landes und damit die Zins- und Tilgungslasten erstmals seit langem sinken. Mit all den Hilfen soll die Schuldenquote Griechenlands bis 2020 auf knapp über 120 Prozent gedrückt werden.

Zugleich ist der Forderungsverzicht der privaten Anleihegläubiger die zentrale Voraussetzung für die Freigabe eines neuen Hilfspakets der Euro-Länder und des IWF im Umfang von 130 Milliarden Euro. Ein Teil dieser Summe fließt dabei aber in die Flankierung des Schuldenschnitts und die Abdämpfung seiner Folgen, etwa durch eine Stärkung des Eigenkapitals von besonders heftig betroffenen Banken.

Für die Banken-Gläubiger

Die privaten Anleihegläubiger verzichten mit dem Schuldenschnitt auf nominal 53,5 Prozent ihrer Forderungen. Weil sie aber bei dem Schuldentausch erheblich länger laufende Anleihen mit relativ niedrigen Zinsen erhalten, verzichten sie auf noch mehr – etwa künftige Zinserträge. Daher sprechen Bankenvertreter von einem tatsächlichen Verzicht von insgesamt rund 74 Prozent. Allerdings haben viele Institute und Fonds die griechischen Anleihen nicht zu ihrem Nominalwert erworben, sondern zu niedrigeren Marktpreisen. Zudem haben die Gläubiger größtenteils den Wert der Anleihen in ihrem Depot bereits auf Marktniveau abgeschrieben – die Wertverluste sind also in den Bilanzen vieler Banken bereits verdaut.

Die Finanzinstitute haben die Zusage der Politik, dass der ihnen abgerungene Forderungsverzicht eine Ausnahme bleiben soll. Sollten weitere Rettungsaktionen für Griechenland oder andere europäische Problemländer nötig werden, sollen die Banken nicht mehr gesondert behelligt werden. Der Grund ist: Der den Instituten abverlangte Verzicht hat den lange Zeit als sicherer Hafen geltenden Markt für Staatsanleihen der Euro-Länder massiv belastet. Das haben in den letzten Monaten praktisch alle Euro-Länder zu spüren bekommen, die Schuldenprobleme aufweisen.

Für Europa und die Euro-Länder

Mit dem Schuldenschnitt für Griechenland und dem nun absehbaren zweiten Hilfspaket für das Land im Volumen von 130 Milliarden Euro haben sich Europa und speziell die Euro-Länder zumindest eine Atempause verschafft. Das sollte Problemländer wie Italien und Spanien entlasten, die an den Märkten neue Kredite aufnehmen wollen. Zudem hofft die Euro-Zone darauf, damit Vertrauen in die Handlungsfähigkeit und -bereitschaft der Europäer zurückzugewinnen. Experten bezweifeln trotzdem, dass Griechenland mit den aktuellen Maßnahmen nachhaltig auf die Füße gestellt werden kann.

Für die Weltwirtschaft

Die Lösung der Griechenland-Problematik dürfte der Weltwirtschaft helfen, die zuletzt unter einer kräftigen Wachstumsabschwächung litt. Die wichtigen Industrie- und Schwellenländer in Übersee, allen voran die USA und China, sowie der Internationale Währungsfonds drängen die Europäer seit Monaten, alles zu tun, die Schuldenprobleme zu lösen und damit einen großen Unsicherheitsfaktor zu beseitigen. Dabei spielt Griechenland bislang die Rolle eines Entzündungsherdes, der andere Länder der Euro-Zone zu infizieren droht. Wird der Herd erfolgreich bekämpft, so die Logik, verringern sich auch die Ansteckungsgefahren. (Reuters/abendblatt.de)