Wählen die Griechen am Sonntag Europa ab? Von einer Schicksalswahl ist die Rede. Folgen auf die Finanzmärkte könnten verheerend sein.

Frankfurt/Berlin. Vor der Wahl in Griechenland sind die Finanzmärkte hypernervös, der Wahlausgang und die Folgen für die Weltwirtschaft sind schwer einzuschätzen. Auch wenn es offiziell keine Bestätigungen gab, Politik und Notenbanken stehen wohl bereit, auf einen möglichen Absturz der Märkte schnell zu reagieren. Allerdings wollte die Europäische Zentralbank am Freitag Berichte nicht bestätigen, die wichtigsten Notenbanken der Welt planten ein gemeinsames Vorgehen im Falle von Marktturbulenzen. „Kein Kommentar“, hieß es dazu knapp bei der EZB in Frankfurt.

Auch die Staats- und Regierungschefs dürften sich kurzfristig über das weitere Vorgehen austauschen. Allerdings betonte Regierungssprecher Steffen Seibert, die Bundesregierung habe für Sonntagabend keine Krisengespräche mit den Euro-Partnern geplant und warte vorerst den Ausgang der Wahlen in dem krisengeschüttelten Land ab: „Jetzt lassen wir Griechenland mal wählen.“ Das Finanzministerium wies Berichte zurück, die Finanzminister der Euro-Gruppe hätten bereits eine Telefonkonferenz für den Wahlabend geplant.

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Seibert betonte zugleich, der auf Mitternacht in der Nacht zu Montag verschobene Abflug von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zum G20-Gipfel der Top-Wirtschaftsmächte in Mexiko habe keine politischen Gründe. Die Verschiebung sei aus „terminlichen und reisetechnischen“ Gründen erfolgt.

Auch andere europäische Regierungschefs würden später zum G20-Gipfel fliegen. Merkel habe alle Großereignisse des Abends im Auge, „fußballerische und politische“, sagte Seibert mit Blick auch auf das letzte EM-Vorrundenspiel Deutschlands gegen Dänemark.

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Dennoch: Im Vertrauen auf ein mögliches Krisenmanagement zeigten sich die Börsen am Freitag zunächst freundlich. Der Dax stand gegen Mittag ein knappes Prozent im Plus. Auch Aussagen von EZB-Chef Mario Draghi wurden positiv aufgenommen.

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Nach Draghis Einschätzung ist die Lage am Kreditmarkt des Euroraums trotz der jüngsten Zuspitzung der Schuldenkrise deutlich besser als im vergangenen Herbst. Hierzu habe vor allem die Bereitstellung günstiger Kredite der Zentralbank an die Banken über insgesamt eine Billion Euro beigetragen, sagte Draghi in Frankfurt. Jüngste Umfragen und Indikatoren bestätigten, dass Verspannungen beseitigt worden seien. Zugleich unterstrich der Notenbankpräsident, dass die EZB solventen Banken nach wie vor so viel Liquidität wie benötigt zur Verfügung stellen wird.

Angesichts der schweren Krise mahnte Europas oberster Währungshüter eine tiefere Zusammenarbeit im Euroraum an. „Um die wirtschaftliche Stabilität in der Währungsunion zu erhalten, brauchen wir eine stärkere Basis in der Finanz-, Fiskal- und Strukturpolitik“, sagte Draghi. Die Staatsschuldenkrise habe lange bestehende Ungleichgewichte im Euroraum aufgedeckt, etwa bei der Staatsfinanzierung. Als Antwort auf die Krise müsse Europa nun enger zusammenwachsen. Wenn übernationale Institutionen mehr Einfluss erhielten, müssten sie aber auch politisch legitimiert werden. (dpa/abendblatt.de)