Gewinnen Euro-Gegner oder -Befürworter? Vorbereitungen für Grexit laufen – „Ansteckung“ anderer Länder befürchtet. Ifo-Chef für Grexit.
München. Der Ausgang der Parlamentswahlen am Sonntag (17. Juni) in Griechenland kann sich auch auf das Geschäft der deutschen Unternehmen und Banken auswirken. Falls sich die Euro-Gegner durchsetzen und danach einen Austritt aus der gemeinsamen europäischen Währung beschließen, drohen Umsatzrückgange.
Von einem konkreten Plan B für diesen Fall wollte in einer dapd-Umfrage zwar kein Konzern oder Kreditinstitut sprechen. Viele erklärten, zum Teil hinter vorgehaltener Hand, dass die Umsätze in Griechenland verhältnismäßig gering seien und das Risiko überschaubar wäre. Allerdings verfolgen sie die Ereignisse genau und haben auch Vorkehrungen getroffen – zum Teil seit Monaten.
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Ökonomen sehen bei einem möglichen Euro-Austritt Griechenlands große Risiken für die europäische Wirtschaft. Andere Länder könnten angesteckt werden. Das Münchner Ifo-Institut sieht in einem Abschied der Griechen vom Euro jedoch die bessere Alternative im Gegensatz zu einer Verlängerung des Status Quo.
Ein Sprecher des Lastwagenbauers MAN sagte: „Wir beobachten die Situation in Griechenland sehr genau, um auf mögliche Auswirkungen schnell reagieren zu können.“ Sobald sich für MAN ein verändertes Risiko ergebe, würden Gegenmaßnahmen wie Zahlungssicherungsinstrumente oder veränderte Vertragsbedingungen ergriffen. Der DAX-Konzern erzielte im vergangenen Jahr weniger als ein Prozent des Gesamtumsatzes in Griechenland.
Siemens hat kein Szenario durchgespielt. Ein Sprecher betonte jedoch, dass die gemeinsame Währung „extrem wichtig für die europäische Industrie“ sei. „Wir glauben an die Zukunft des Euro.“
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Die Deutsche Telekom ist als größter Aktionär des früheren staatlichen Telekommunikationskonzerns OTE einer der wichtigsten ausländischen Investoren in Griechenland. „Natürlich beobachten wir die Situation dort mit großer Aufmerksamkeit“, sagte eine Unternehmenssprecherin. Die Finanzierung von OTE sei aber bis weit über die zweite Jahreshälfte 2013 gesichert. Der Konzern brauche also keine Hilfen der Mutter.
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Die Commerzbank hat sich seit Monaten auf alle Eventualitäten vorbereitet und Szenarien durchgespielt, sagte ein Sprecher. „Das erwarten unsere Kunden und die Aufsichtsbehörden.“ Das heiße aber nicht, dass die Bank sie für wahrscheinlich halte.
Die staatliche KfW-Bank sieht das Bestandsgeschäft wegen der guten Sicherheiten und hohen Qualitätsanforderungen an die wichtigsten Geschäftspartner nicht gefährdet. Die Folgewirkungen eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone auf die Finanzmärkte ließen sich allerdings nur schwer vorhersehen, sagte eine Sprecherin.
Der Chefvolkswirt der Berenberg-Bank, Holger Schmieding, befürchtet eine „Ansteckung“ anderer Länder. „Am gefährlichsten wäre eine Übertragung auf das große Italien: Wenn italienische Sparer, aufgeschreckt durch ein Umstellen griechischer Bankeinlagen von Euro in ein neues Schwachgeld, massenhaft Geld ins Ausland schafften, hätte Europa ein riesiges Problem.“
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Um den Sparern Sicherheit zu geben, schlägt er eine „gemeinsame Absicherung von Bankeinlagen“ vor – ähnlich wie es die Bundesregierung nach der Pleite der Lehman-Bank gemacht hat. Die Schuldenkrise wird Schmieding zufolge noch eine Weile dauern. Es sei aber „höchst unwahrscheinlich, dass die ganz großen Katastrophen, vor denen Sparer sich fürchten, wie ein Ende des Euro oder eine große Inflation, eintreten werden“.
Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone hätte laut Ifo-Konjunkturchef Kai Carstensen zwar erhebliche wirtschaftliche Turbulenzen im Land zur Folge. „Die Erfahrung mit vergleichbaren Fällen legt aber nahe, dass nach gut einem Jahr das Schlimmste ausgestanden ist“, sagte Carstensen.
Die zu erwartende Abwertung der Währung verbillige die griechischen Produkte gegenüber der ausländischen Konkurrenz. „Dies birgt den Keim für neues Wachstum“, erläuterte der Konjunkturexperte des Münchner Ifo-Instituts. Ein Austritt wäre für Griechenland also sehr schwierig, „aber viel besser als die Fortsetzung des Status Quo“, sagte Carstensen.