Die ersten Symptome erscheinen harmlos: Muskelzucken, leichte Schwäche in Armen oder Beinen. Die genaue Diagnose fällen die Ärzte erst, wenn sie andere Ursachen ausgeschlossen haben. Doch wenn feststeht, daß es ALS ist, haben Patienten wie Angehörige einiges zu verkraften. Denn hinter der Abkürzung verbirgt sich ein heimtückisches Leiden: die Amyotrophe Lateralsklerose. Prominente Opfer: das britische Physik-Genie Stephen Hawking, der Maler Jörg Immendorff oder Mao Tse Tung, der daran starb. Die Krankheit ist nicht zu stoppen, "aber wir können viel für die Lebensqualität tun", sagt Dr. Bernhard Heimbach, ALS-Spezialist in der Klinik für Neurologie des UKE.

Pro 100 000 Einwohner erkranken im Jahr ein bis zwei daran. Niemand weiß, warum die Krankheit ausbricht, die der Pariser Arzt Jean-Martin Charcot 1869 erstmals beschrieb. Was sie anrichtet, ist bekannt: Die für die Bewegung notwendigen Nervenzellen ("Motoneurone") sterben ab, werden durch eine Art Narben (Sklerose) ersetzt. Dies geschieht im Frontallappen des Gehirns und betrifft die ersten Motoneurone, dazu die zweiten Motoneurone im Rückenmark und im Kern des Hirnstamms.

Die fatale Folge: Der Wille, sich zu bewegen, die Hand zu führen, den Arm zu heben, kommt nicht als Befehl bei den Muskeln an. Sie bilden sich immer mehr zurück, nach zwei bis fünf Jahren tritt meist der Tod ein, "die Erkrankten schlafen ein oder wachen nicht mehr auf", sagt Heimbach, oft aus einer Mischung aus Atemlähmung, Sauerstoffmangel und Kohlendioxid-Überschuß.

Die intellektuellen Fähigkeiten der ALS-Kranken leiden in der Regel nicht. Im fortgeschrittenen Stadium sind die Gliedmaßen fast vollständig gelähmt, die Betroffenen können nicht mehr sprechen, haben oft Schluck- und Atembeschwerden. Dann helfen oft technische Geräte. So konnte ein Goldschmied zeitweise die Arbeit wieder aufnehmen, als er eine mechanische Armstütze bekam. Eine Frau, die sich nur wenige Schritte mit dem Gehwagen bewegen konnte, legte wieder 50 Meter am Stück zurück, nachdem sie orthopädische Spezialschuhe erhielt. Auch die moderne Medizin sieht keine Chance der Heilung. Erleichterung bringt manchen ein Medikament ("Riluzol"). Fachkräfte der Bewegungs- und Sprachheilkunde können Verkrampfungen mildern. Manche Kranken werden zu Hause beatmet oder brauchen Sondenernährung, wenn sie nicht ausreichend schlucken können. Heimbach: "Das stimmen wir individuell mit jedem ab."