Tagtäglich komme ich erschöpft von der Schule nach Hause, setze mich auf mein Sofa und höre Musik. Musik von Rio Reiser. Nach Ende des Abspielens verfalle ich in eine nachdenkliche und voller Tatendrang bezogene Stimmung; es fällt mir schwer, kurz darauf die reale Welt wahrzunehmen. Woran liegt das? Vielleicht an der Aktualität, die die Songs trotz der Jahre nicht verloren haben, dem Streben nach Gerechtigkeit, der Kritik an der Gesellschaft sowie natürlich an der Liebe. Das sind Themen, die mich in meinem Alltag beschäftigen und die sich in seinen Worten widerspiegeln.
Für mich reflektiert Rio Reiser eine besondere Idee des Lebens, die sich deutlich von der heutigen abgrenzt.
Rio Reiser, sagen Sie sich vielleicht gerade, diesen Namen habe ich schon mal gehört. Vielleicht in Ihrer Jugend?
1950 in Berlin geboren und 1996 in Fresenhagen, Nordfriesland, gestorben, war er mit seiner Band "Ton Steine Scherben" in den 60er Jahren das Sprachrohr der linksautonomen und alternativen Szene.
Seine wichtige Rolle in der Hausbesetzerszene in Berlin und sein großer Einfluß auf die noch junge BRD wurden ihm jedoch zu viel, und er zog sich mit seinem Lebensgefährten in das bescheidene Fresenhagen zurück.
Einfühlsame Lieder wie "Halt dich an deiner Liebe fest", "Junimond" und "Traum ist aus" haben heute einen emotionalen und melancholischen Einfluß auf mich. Entdeckt habe ich Rio Reiser zufällig vor rund anderthalb Jahren.
Für 2006, das Jahr seines zehnten Todestages, sind viele Reminiszenzen von Künstlern angekündigt, und Rio Reiser wird wieder an Aktualität gewinnen.
Darauf freue ich mich schon sehr. Denn sein Name ist Mensch, und für mich wird Rio Reiser immer der König von Deutschland bleiben.
Lucie Hinzelin, 11
Lycee Francais de Hambourg