Die Mediziner sind misstrauisch. Praxisärzte stemmen sich gegen die Gesundheitskarte, die in allen Tests durchgefallen war. Ein Versicherter klagt.
Berlin. Ärzteverbände geben der geplanten Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte derzeit keine Chance. „In der gegenwärtigen Konstellation wird da nichts draus werden“, sagte der Vize-Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery. Derart umstrittene Vorhaben könnten nicht gegen den Willen der Beteiligten umgesetzt werden, sagte der Hamburger Ärztefunktionär. Der Widerstand vieler Ärzte werde erst schwinden, wenn deren Misstrauen ausgeräumt sei. Auch in Hamburg ist der Widerstand gegen die elektronische Gesundheitskarte groß.
Montgomery sagte, er sei „guter Hoffnung, dass früher oder später diese Karte doch kommt“. Dazu müsse es aber Änderungen gegenüber der ursprünglichen Planung geben. Vor allem gelte es, Bedenken mit Blick auf den Datenschutz auszuräumen. Es müsse zudem klar sein, dass sie nicht als Machtinstrument im Ringen um Reformen im Gesundheitswesen genutzt werde. Schließlich müsse den Ärzten ein konkreter Mehrwert der Karte vermittelt werden.
+++ Pro: Was für die elektronische Gesundheitskarte spricht +++
+++ Contra: Warum die elektronische Gesundheitskarte keinen Sinn macht +++
Eine Umfrage unter Ärzten im Auftrag der Kammer ergab, dass eine große Mehrheit der Telematik und der Telemedizin, also der Nutzung moderner Informationstechniken in Verwaltung und ärztlicher Praxis, eine große und noch wachsende Bedeutung zumisst. Allerdings unterscheiden sich die Ergebnisse zwischen Krankenhaus- und niedergelassenen Ärzten erheblich. Die Krankenhausärzte stehen demnach elektronischen Mitteln bis hin zur „elektronischen Patientenakte“, die über Netzwerke Kollegen zugänglich gemacht werden kann, offener gegenüber als die niedergelassenen Ärzte.
Unterdessen ist erstmals ein Versicherter gegen die elektronische Gesundheitskarte vor Gericht gezogen. Unterstützt von der Freien Ärzteschaft wehrt sich das Mitglied der Bergischen Krankenkasse (Solingen) vor dem Sozialgericht Düsseldorf gegen die Karte, die seit vergangenem Oktober in der Pilotregion Nordrhein schrittweise ausgegeben wird.
Der Versicherte habe bei dem nicht öffentlichen Gerichtstermin am Donnerstag beantragt, die Verpflichtung zur Nutzung der Karte aufzuheben, sagte sein Anwalt Jan Kuhlmann der Nachrichtenagentur dpa. Der Kläger wolle auch ohne die Karte weiter medizinische Behandlungen in Anspruch nehmen können. Grund sind vor allem Bedenken, dass vertrauliche medizinische Daten über den Versicherten auf der Karte gespeichert werden könnten.
Außerdem habe die Klägerseite das Gericht gebeten, den Fall zur generellen Klärung der Rechtmäßigkeit der Gesundheitskarte an das Bundesverfassungsgericht weiterzuleiten. Eine Entscheidung des Sozialgerichts steht noch aus. Der Kläger hat die Wahl, ob er für ein Urteil eine mündliche Verhandlung verlangt oder eine schnelle schriftliche Entscheidung eventuell noch in diesem Jahr vorzieht.
Mit der Gesundheitskarte, die die bisherige Versichertenkarte künftig ersetzen soll, sollen Stammdaten der Patienten (Name, Versichertenstatus) künftig online verwaltet werden. Das ist auch in einem im Sommer im Bundestag beschlossenen Gesetz festgelegt worden. Mit dem Foto auf der Karte soll ein Missbrauch verhindert werden.