Berlin. Mit einer schlichten Idee führt ein kleiner Unternehmer aus dem nordrhein-westfälischen Siegen deutsche Gesundheitspolitiker und ihre komplexe Gremienstruktur vor. Nils Finkernagel hat einen USB-Stick, also einen millionenfach benutzten und bewährten Datenträger, als Alternative zur elektronischen Gesundheitskarte (e-Card) entwickelt. Damit kann jeder Patient seine Daten von Arzt zu Arzt tragen. Auf den zwei Finger großen Speicherstab mit 32 Gigabyte passen Notfalldaten, Röntgenbilder, Laborberichte, ja sogar Videos von Ultraschalluntersuchungen.
"Damit bleibt der Patient Herr seiner Daten. Sie werden nicht wie bei der elektronischen Gesundheitskarte auf Servern gespeichert, mit der Gefahr, dass jemand zugreift, der nicht befugt ist", sagte Finkernagel dem Abendblatt. In mehreren deutschen Ärztenetzen werde der Stick bereits eingesetzt. Jeder Arzt-Computer mit gängigen Programmen könne die Daten lesen. Mit gut 50 Euro pro Stick seien die Kosten überschaubar.
Bei der elektronischen Gesundheitskarte, die von 2009 an ausgegeben werden soll, sind die Entwicklungskosten aus dem Ruder gelaufen. Mehrfach musste die mit dem Mega-Projekt für 80 Millionen Versicherte beauftragte Gesellschaft die Milliardensummen nach oben korrigieren. Datenschützer halten die e-Card nicht für sicher, Ärzte lehnen sie ab - auch wegen der Kosten für ihre Praxen.
Die mit Bild versehene e-Card funktioniert so: Der Patient kommt zum Arzt, steckt sie in ein Lesegerät, der Arzt setzt seine Karte auf der anderen Seite des Lesegerätes ein. Jetzt wird eine Verbindung zu einem Server hergestellt. Die Behandlung kann beginnen, ein Rezept ausgestellt werden. In der Flensburger Testregion wurden die Tests vor Kurzem zum Teil abgebrochen, weil Patienten ihre sechsstellige PIN-Nummer vergessen hatten oder die Verbindungen zum Server sich nicht schnell genug aufbauten. Das kann in ländlichen Gebieten mit langsamen DSL-Anschlüssen häufiger passieren.
Bei einem USB-Stick blieben die Daten vor Ort. Nur der Arzt dürfte den Speicherstab beschreiben, aber auch nur er und der Patient könnten lesen oder ausdrucken, welche Diagnosen, Arzneien oder Berichte sich darauf befinden. Finkernagels USB-Stick hat auf der ersten Ebene nur den Namen und die Notfalldaten: "Kommt der Notarzt zu einem Diabetiker mit Zuckerschock, sieht er auf dem Laptop sofort, was der für eine chronische Krankheit hat." Mit PIN-Nummern geschützt, kann der Patient weitere Arztberichte oder Laborwerte abspeichern, die er von einem Arzt zum nächsten trägt, sodass man Doppeluntersuchungen vermeiden kann.
Verliert man den Speicherstab, sind auch die Daten weg, aber immerhin noch bei den Ärzten. Eine Schwäche des Sticks. Dass sein Stick politisch nicht gewollt ist, hat Finkernagel am eigenen Leib erfahren. "Einen Termin bei Ulla Schmidt habe ich nicht bekommen. Irgendein Referent sagte mir: ,Ihr System ist zu billig.' Dabei sollte man die Milliarden für die e-Card lieber in das Gesundheitssystem stecken." Beim Hauptstadtkongress Gesundheit wurde Finkernagels Idee mit dem Zukunftspreis der Gesundheitswirtschaft ausgezeichnet.