Der Gesundheitsfonds soll im Kern erhalten bleiben. Über seine neue Gestaltung gibt es in der Koalition unterschiedliche Ansichten.
Hamburg. Mit dem sich anbahnenden Streit über die Gesundheitspolitik setzen der neue Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) und CSU-Chef Horst Seehofer eine Regierungs-Tradition fort. Rösler will mehr Wettbewerb, Seehofer mehr Solidarität. Schon in der Großen Koalition hat die Union mit der SPD ähnliche Kämpfe geführt, als es darum ging, den wachsenden Kosten im Gesundheitsbereich eine solide Finanzierung entgegenzustellen. Die CDU wollte eine Gesundheitsprämie, die SPD war dagegen. Am Ende einigten sie sich auf den Gesundheitsfonds und einheitliche Beitragssätze. Dafür ernteten sie vor allem Kritik. Zu bürokratisch, zu intransparent sei der Fonds, so die Vorwürfe.
In ihrem Koalitionsvertrag haben Union und FDP sich den erst am 1. Januar 2009 eingeführten Gesundheitsfonds wieder vorgenommen. Im Kern soll er zwar erhalten bleiben. Eine Regierungskommission soll aber die notwendigen Schritte festlegen, um in Zukunft mehr Wettbewerb zwischen den Kassen zu ermöglichen und das System der Einheitsbeiträge in eine "Ordnung mit mehr Beitragsautonomie und einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeiträgen" zu überführen. Die Versicherten dürfen sich also - wie einst schon von der CDU geplant - auf Kopfpauschalen einstellen: Jeder zahlt denselben Beitrag, egal, wie viel er verdient. Um Geringverdiener nicht zu stark zu belasten, sollen sie einen steuerfinanzierten Ausgleich erhalten. Die Arbeitgeberbeiträge werden hingegen eingefroren. Steigende Kosten im Gesundheitsbereich müssten allein die Versicherten tragen. Die solidarische Finanzierung bliebe also ein Stück weit auf der Strecke.
Weitestgehend offen ließ die neue Regierung im Koalitionsvertrag, wie sie mehr Beitragsautonomie und Wettbewerb gewährleisten will. Die "individuellen Wahlmöglichkeiten und Entscheidungsspielräume der Versicherten" sollen verbessert werden, so viel hielt sie fest. Bei Arzneimitteln, Zahnersatz- und Rehabilitationsleistungen wären die Erfahrungen mit Festzuschüssen, Festbeträgen und Mehrkostenregelungen überwiegend positiv gewesen. "Daher werden wir prüfen, wo darüber hinaus Mehrkostenregelungen sinnvoll sind." Dabei geht es auch darum, dass die Versicherten Leistungen, die nicht von den Kassen übernommen werden, zwar in Anspruch nehmen können, diese aber selbst bezahlen müssen.
Die CSU hatte diese Pläne, vor allem die lohnunabhängigen Arbeitnehmerbeiträge, bis zuletzt in den Koalitionsverhandlungen verhindern wollen. Auch danach ließ sie nicht locker. Bayern werde "die soziale Wächterrolle" über Gesundheitsminister Rösler übernehmen, kündigte Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) an. Mit dieser Haltung würde die CSU nicht nur einen Streit mit der FDP riskieren, sondern auch einen alten mit ihrer Schwesterpartei fortführen. Die CDU hatte 2003 schon einmal die Kopfpauschale in Form einer Gesundheitsprämie beschlossen. Sie entsprach in etwa den nun mit den Liberalen vereinbarten einkommensunabhängigen Beiträgen. Horst Seehofer hatte damals aus Protest gegen die Gesundheitsprämie sein Amt als Vizechef der Unionsfraktion aufgegeben, den Kampf gegen die Prämie führt er unverdrossen fort.