Gesundheitsminister Rösler hat der Pharmaindustrie einen harten Sparkurs bei Arzneimitteln angekündigt. Die Union sieht das skeptisch.
Berlin. Die Einsparpläne von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) für den Arzneimarkt stoßen auf Unmut in der Unionsfraktion. „Das ist ein unausgegorenes Konzept mit einer Reihe von Schwachstellen“, sagte Fraktionsvize Johannes Singhammer in Berlin. Der CSU-Politiker betonte, es müsse viel rascher als vorgesehen die Wirksamkeit eines Medikaments geprüft werden und somit schneller zu Einsparungen kommen. Die Fraktion will in Kürze ein eigenes Konzept präsentieren, das über Röslers Ansatz hinausgehen. Darin enthalten sein werde auch die Forderung nach einem Zwangsrabatt für die Industrie in Form eines „Pharma-Soli“, kündigte der gesundheitspolitische Sprecher Jens Spahn an.
Rösler will sein endgültiges Konzept in den nächsten Tagen präsentieren und sich nach Angaben einer Sprecherin zuvor noch mit den Koalitionsfraktionen beraten. Auch der FDP-Politiker erwägt, die Preise zu kappen. „Unabhängig von langfristigen Maßnahmen bleiben kurzfristige Maßnahmen wie Zwangsrabatte und Preismoratorium in der Diskussion“, heißt es in dem Reuters vorliegenden Arbeitspapier.
Röslers Ziel ist es, das Preismonopol für innovative Arzneimittel zu kippen. Bislang können Unternehmen neue Medikamente zu einem beliebigen Preis auf den Markt bringen, der von den Kassen gezahlt werden muss. Dies soll zunächst auch so bleiben, allerdings sollen die Firmen direkt nach Markteinführung in Verhandlungen mit den Krankenkassen treten. Wird innerhalb eines Jahres keine Einigung über den künftigen Preis erzielt, soll eine Kosten-Nutzen-Analyse durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) erfolgen. Am Ende können dann Höchstpreise zwangsweise festgelegt werden. Als Anreiz für schnelle Vereinbarungen sollen die übrigen Instrumente zur Preissteuerung wegfallen.
Darüber hinaus muss ein Unternehmen „zeitnah, möglichst zur Markteinführung“ ein Dossier einreichen, in dem der Nutzen nachgewiesen und der Preis begründet wird. Auf dieser Basis entscheidet die Selbstverwaltung von Ärzten und Kassen, ob es sich um ein neuwertiges Präparat handelt oder nur um einen gängigen Wirkstoff mit geringem Zusatznutzen. Die Erstattung kann dann gegebenenfalls eingeschränkt werden.
Singhammer betonte, die GKV werde vor allem im nächsten Jahr ein Finanzierungsproblem haben. Alle Vorschläge müssten daher so ausgerichtet sein, dass schon 2011 Einsparungen erzielt würden. Spahn zufolge könnten durch den von seiner Fraktion geplanten Zwangsrabatt von zehn Prozent für drei Jahre pro Jahr eine Milliarde Euro gespart werden. Angesichts des drohenden Defizits müsse jeder seinen Beitrag leisten, auch die Pharmaindustrie, sagte er Reuters. Das Konzept werde auch Vorschläge enthalten, um die Prüfverfahren zu straffen.
2009 gaben die gesetzlichen Krankenkassen fast 30 Milliarden Euro für Arzneimittel aus. Der Zuwachs betrug in den vergangenen Jahren stets mehr als fünf Prozent. In diesem Jahr droht der GKV ein Finanzloch von acht Milliarden und nächstes Jahr von elf Milliarden Euro. Rösler steht daher unter großem Spar-Druck.
Die Pharmaindustrie kritisierte die Pläne Röslers erneut scharf. „Entschieden widerspreche ich Aussagen, unsere Preise seien zu hoch“, erklärte die Hauptgeschäftsführerin des Verbands der Forschenden Arzneimittelhersteller (VFA), Cornelia Yzer. Die größten Kosten der Kassen kämen aus anderen Bereichen wie etwa ärztlichen Behandlungen und den Krankenhäusern. Die Regierung müsse sich entscheiden, ob sie Wettbewerb zulassen oder auf „alte Modelle der Regulierung“ setzen wolle.
Carsten Kunold, Analyst beim Münchener Bankhaus Merck Finck, betonte, die Pläne seien für die Unternehmen tendenziell negativ zu sehen, obgleich die Auswirkungen bislang noch schwer abzuschätzen seien. Bei patentgeschützten Medikamenten würden die Firmen künftig nicht mehr jeden Preis festsetzen können. Allerdings seien sie inzwischen nicht mehr so stark vom Deutschland-Geschäft abhängig.