Die Einnahmen des Bundes steigen – doch nicht hoch genug, um die Bürger deutlich zu entlasten. Der DGB will die Steuern erhöhen.
München/Berlin. Die neue Steuerschätzung wird der schwarz-gelben Koalition nur geringe Spielräume für Steuersenkungen eröffnen. Trotz der wirtschaftlichen Erholung werden die Einnahmen des Bundes im kommenden Jahr voraussichtlich nur knapp 3,5 Milliarden Euro über den Schätzungen aus diesem Mai liegen, meldete die „Süddeutsche Zeitung“ aus Kreisen der Steuerschätzer.
Im laufenden Jahr könne der Bund mit zusätzlichen Einnahmen von etwa zwei Milliarden Euro rechnen. Insgesamt würden die Einnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden in den beiden Jahren etwa zehn Milliarden Euro über den bisherigen Annahmen liegen. Die Koalition hat beschlossen, die Einkommensteuer von 2011 an um bis zu 24 Milliarden Euro pro Jahr zu senken. Um die Schuldenbremse nicht zu verletzen, hoffen Union und FDP bislang darauf, dass die wirtschaftliche Erholung Spielräume für Steuersenkungen eröffnet.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble versprach, die Vorgaben der Schuldenbremse in jedem Fall zu erfüllen. „Jemand, der so lange Verfassungsminister war wie ich, wird sehr darauf achten, dass das Grundgesetz eingehalten wird“, sagte der CDU-Politiker dem „Handelsblatt“. Der Stabilitätspakt sei von ganz entscheidender Bedeutung für Europa. Wenn Deutschland den Pakt nicht ernst nähme, „dann hätten wir wirklich ein Problem in Europa“.
Schäuble versprach zugleich, die Neuverschuldung im Bundeshaushalt 2010 nicht über die von seinem Vorgänger Peer Steinbrück (SPD) geplante Rekordsumme von 86 Milliarden Euro hinausschießen lassen. „Ein neues Rekorddefizit wird es nicht geben“, sagte er. Damit ist klar, dass Ausgabenkürzungen nötig werden dürften.
Das Bundesfinanzministerium will das Ergebnis der 135. Sitzung des Arbeitskreises Steuerschätzung am Donnerstag bekannt geben. An der Prognose wirken Experten aus Bund, Ländern, Gemeinden, Bundesbank und Wirtschaftsinstituten mit. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hält eher Steuererhöhungen als Steuersenkungen für sinnvoll. Vorstandsmitglied Claus Matecki sagte der „Leipziger Volkszeitung“, von der geplanten Steuerentlastung profitierten vor allem die Besserverdienenden.
So landeten die Steuergeschenke entweder auf dem Sparbuch oder an der Börse. Nach Einschätzung des DGB-Wirtschaftsexperten „zündet selbst ein von vermeintlichen Fesseln befreiter Mittelstand kein Investitionsfeuerwerk“. Den kleinen und mittelständischen Unternehmen fehlten vielmehr die Aufträge. Zudem drehten die Banken ihnen den Kredithahn ab. (AP)