Ex-EZB-Vize Papademos wird als neuer Chef der Übergangsregierung gehandelt. Neuwahlen am 19. Februar. Merkel lobt Papandreou.
Athen. Nach dem Rücktritt des griechischen Ministerpräsident Giorgos Papandreou erwartet Griechenland mit Spannung die Bildung einer neuen Regierung, die das Land vor der Insolvenz bewahren soll. Am Sonntagabend einigte sich der bisherige Regierungschef mit Oppositionschef Antonis Samaras unter Vermittlung von Präsident Karolos Papoulias auf die Bildung einer neuen gemeinsamen Koalition. Heute soll die neue Zusammensetzung der Regierung stehen.
Sobald diese übernimmt, wird Papandreou seinen Posten nach Angaben des Präsidialamts räumen. Wer an seine Stelle rückt, soll noch vor dem Treffen der Finanzminister der Eurozonen-Länder am Montagabend in Brüssel feststehen. In Medienberichten wurde zuletzt spekuliert, dass der frühere Vizepräsident der Europäischen Zentralbank, Lucas Papademos, neuer Ministerpräsident werden könnte. Die Übergangsregierung werde binnen einer Woche vereidigt und eine Vertrauensabstimmung abhalten, wenn alles nach Plan verlaufe, sagte Regierungssprecher Ilias Mossialos.
Ministerpräsident Giorgos Papandreou wechselt sich aus
Griechenland: Armenküche unter der Akropolis
Die Lage in Griechenland im Live-Ticker:
20.01 Uhr: Parteikreisen zufolge will die konservative Opposition Parteikreisen zufolge, dass der sozialistische Finanzminister Evangelos Venizelos auch in der neuen Übergangsregierung im Amt bleibt. Zudem werde die Oppositionspartei Neue Demokratie für den Haushalt 2012 stimmen, sagte ein hochrangiger Parteivertreter am Montag. "Wir haben uns verpflichtet, und wir werden unseren Zusagen nachkommen“, ergänzte die Person, die anonym bleiben wollte. Venizelos und seine Mitarbeiter sollten für Kontinuität in der Einheitsregierung sorgen. Zudem wolle die Opposition für den mit den Banken vereinbarten Anleihetausch votieren.
17.57 Uhr: Ohne eine Verpflichtung aller Parteien in Griechenland zum Spar- und Reformprogramm soll der überschuldete Euro-Staat keine weiteren Kredite aus dem Rettungspaket mehr bekommen. Die Euro-Partner wollten fordern, dass sich neben der Regierung auch alle Oppositionsparteien zum Reformkurs bekennen, und zwar schriftlich, sagte Österreichs Finanzministerin Maria Fekter vor dem Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel. Die vereinbarten Reformen müssten außerdem sofort und nicht erst nach den im Februar geplanten Neuwahlen umgesetzt werden. "Erst wenn wir diese Sicherheit haben von allen politischen Kräften in Griechenland, dann kann die nächste Tranche ausgezahlt werden“, ergänzte sie.
16.49 Uhr: Es mehren sich die Anzeichen, dass Papademos mit der Bildung einer Übergangsregierung betraut wird. Der frühere EZB-Vize werde am Abend in Athen erwartet, sagte ein Berater des früheren Zentralbankers. Es wird weithin damit gerechnet, dass Papademos eine große Koalition formen soll, um weitere Sparmaßnahmen durchzusetzen und Parlamentswahlen vorzubereiten. Die Koalition wird die Alleinregierung der Sozialisten unter dem scheidenden Regierungschef Papandreou ablösen.
16.01 Uhr: Wirtschaftsprofessor Hans-Werner Sinn hält es für unwahrscheinlich, dass ein Austritt Griechenlands aus dem Euro bevorsteht. Der Leiter des renommierten Münchener Ifo-Instituts sagte am Montag, er vermute, "dass das nicht passieren wird“. Allerdings empfehle er Griechenland, auszuscheiden, denn keine Reformanstrengung könne die Rückkehr zur Drachme ersetzen. "Es gibt keine Politik, die Griechenland wettbewerbsfähig macht - außer dem Austritt aus dem Euro“, sagte Sinn. "Einfach nur produktiver zu werden löst das Problem nicht, wenn man Außenhandelsdefizite hat.“
14.48 Uhr: Eurogruppenchef Juncker hat die Hoffnung auf grünes Licht für die nächsten Notkredite für Griechenland am Montag gedämpft. Er erwarte "heute noch keine abschließenden Entscheidungen“, sagte er kurz vor Beginn eines Treffens der Euro-Finanzminister in Brüssel. Zuvor müsse die griechische Regierung noch deutlich machen, dass sie die Gipfelbeschlüsse vom Oktober "millimetergenau“ umsetzen werde. Nach Angaben der Behörden in Athen könne sich das Land noch bis Mitte Dezember selbst über Wasser halten. "Wir haben also noch etwas Zeit, um die Frage abschließend zu bewerten“.
14.12 Uhr: Papandreou und Oppositionsführer Samaras haben Regierungskreisen zufolge am Montag über die Bildung einer Übergangsregierung gesprochen. Es seien im Laufe des Tages weitere Telefongespräche geplant, teilte eine mit der Regierung vertraute Person am Montag mit. Nach Angaben von Papandreous Büro führte der Regierungschef neben einem Telefonat mit Merkel auch Gespräche mit Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso. Merkel habe Papandreous Bemühungen für eine Lösung des politischen Stillstandes gelobt, hieß es.
13.45 Uhr: In Griechenland verdichten die Anzeichen, dass der frühere Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Lucas Papademos, neuer Ministerpräsident werden könnte. Der Chef der ultrakonservativen Partei LAOS, Giorgos Karatzaferis, sagte am Montag nach einem Treffen mit dem griechischen Staatspräsidenten Karolos Papoulias: „Ich habe gehofft heute sagen zu können „habemus Papademos“ (wir haben Papademos als Regierungschef).“
13.18 Uhr: Vor dem Erhalt weiterer Finanzhilfe muss Griechenland der EU-Kommission zufolge "Klarheit“ über seine politische und wirtschaftliche Lage schaffen. "Zunächst brauchen wir Klarheit über die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in Athen“, sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn am Montag in Brüssel. Dann erst könne über weitere Unterstützung wie die Auszahlung der nächsten Hilfsrate und ein neues Hilfspaket geredet werden.
12.08 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat an die geplante Übergangsregierung in Griechenland appelliert, unverzüglich die Sparbeschlüsse des EU-Gipfels umzusetzen. Erst danach sollte es Parlamentswahlen geben, habe Merkel in einem Telefongespräch mit dem Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou erklärt, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Die Kanzlerin habe Papandreou für die Zusammenarbeit gedankt. Er habe aus Sicht Merkels mit Mut und Durchsetzungskraft sein Land auf richtigen Weg gebracht. Die Sparmaßnahem seien für die Bevölkerung mühevoll, aber unumgänglich.
11.28 Uhr: Die anhaltende Verunsicherung durch die Griechenland-Krise hat am Montag Kupfer unter Verkaufsdruck gesetzt. Eine Tonne des Edelmetalls verbilligte sich um 1,7 Prozent auf 7735 Dollar. Einige Anleger suchten Schutz im „sicheren Hafen“ Gold . Es verteuerte sich um bis zu 1,1 Prozent auf 1772,76 Dollar je Feinunze und lag damit auf dem Niveau von Ende September.
10.50 Uhr: Die anhaltende Unsicherheit über Griechenland und die Eurozone insgesamt hat den deutschen Aktienmarkt zum Wochenauftakt weiter belastet. Der Dax verlor am Montag im frühen Handel 1,51 Prozent auf 5876 Punkte.
10.00 Uhr: Papandreou und Samaris wollen im Laufe des Montags sondieren, wer die von ihren beiden Parteien unterstützte Übergangsregierung führen und wer dem neuen Kabinett angehören soll. Die Übergangsregierung soll ferner den Weg zu Neuwahlen Anfang kommenden Jahres ebnen, teilte das Präsidentenamt mit. Papandreou werde zurücktreten.
9.24 Uhr: Bei einem Treffen von Finanzminister Evangelos Venizelos und Oppositionsvertretern wurde der 19. Februar als "geeignetster Wahltermin“ genannt.
8.40 Uhr: Die Bildung einer neue Übergangsregierung stößt auf Zustimmung. "Natürlich ist das ein Durchbruch“, sagte Regierungssprecher Elias Mossialos. "Es ist ein historischer Tag für Griechenland, wir werden sehr bald eine Koalitionsregierung haben.“ Die griechischen Parteien hatten sich um ein halbwegs positives Ergebnis vor einem Treffen der Finanzminister der Eurozone an diesem Montag bemüht. Aus Oppositionskreisen verlautete zu der Einigung: "Unsere zwei Zielvorgaben wurden erfüllt: der Rücktritt Papandreous und Wahlen.“
+++ Deutsche Börse – Was die Märkte bewegt +++
+++ Referendum in Griechenland: Die wichtigsten Fragen und Antworten +++
+++ Schäuble verlangt von Athen "so rasch wie möglich" Klarheit +++
+++ Griechische Tragödie: Führt Volksentscheid zum Staatsbankrott? +++
Die aktuelle Zusammensetzung des Parlaments:
Panhellenische Sozialistische Bewegung (PASOK): 152 Abgeordnete
Nea Dimokratia (ND): 85 Abgeordnete
Kommunistische Partei (KKE): 21 Abgeordnete
Völkische Orthodoxe Gesamtbewegung (LAOS): 16 Abgeordnete
Bündnis der Radikalen Linken (SY.RIZ.A.): 9 Abgeordnete
Zudem gibt es 17 Abgeordnete, die keiner dieser fünf Fraktionen angehören. Einige von ihnen haben sich kleineren Parteien zugehörig erklärt, die aber nicht genügend Mandate für einen Fraktionsstatus haben.
Mit Material von dpa, dapd