“Ich klebe nicht an irgendeinem Stuhl“, sagt der griechische Regierungschef. Rücktritt für Oppositionschef Voraussetzung für Übergangsregierung.
Athen. Um kurz nach 21 Uhr sprach Griechenlands Ministerpräsident im Parlament in Athen die entscheidenden Sätze. "Ich klebe nicht an irgendeinem Stuhl", sagte Giorgos Papandreou. "Ich will nicht unbedingt wiedergewählt werden" - und signalisierte damit seine Bereitschaft zu einem Rücktritt. Schon zuvor hatte er seinen umstrittenen Plan für eine Volksabstimmung über das Rettungspaket zurückgezogen. Nun steht der Regierungschef selbst vor dem Aus.
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Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters aus Regierungskreisen hat Papandreou mit mehreren Ministern unter Führung von Finanzminister Evangelos Venizelos bereits eine Vereinbarung getroffen. Demnach ist er zum Rücktritt bereit, um seine sozialistische Partei an der Macht zu halten. Aus den Kreisen hieß es, sollten die Minister Papandreou helfen, die heutige Vertrauensabstimmung zu gewinnen, sei er dazu bereit zurückzutreten und Platz für eine Koalitionsregierung mit der konservativen Partei Neue Demokratie (ND) zu machen. "Ihm wurde gesagt, dass er sich ohne großes Aufheben zurückziehen muss, um seine Partei zu retten", sagte ein Insider. "Er stimmte dem Rücktritt zu."
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Zwar waren der angeschlagene Sozialist Papandreou und die verfeindete konservative Opposition gestern zunächst aufeinander zugegangen, um eine Übergangsregierung zu bilden. Am Nachmittag hatte es in Athen nach einem Telefonat zwischen Papandreou und Oppositionsführer Antonis Samaras Hoffnungen gegeben, dass die Krise schnell beendet werden könnte, dass das pleitebedrohte Land vor einer "Regierung der Nationalen Rettung" steht.
Am Abend aber forderte Oppositionschef Antonis Samaras den Rücktritt Papandreous. Erst danach könne es eine Übergangsregierung geben. Diese solle das internationale Hilfsprogramm unter Dach und Fach bringen, dann solle es Neuwahlen geben.
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Papandreou signalisierte wenig später seine Bereitschaft zum Rückzug unter bestimmten Umständen und warf Samaras zugleich vor, Forderungen zu stellen, die nicht sofort umsetzbar seien. Das Land könne nicht so einfach ohne Regierung bleiben. "Haben wir etwa eine Regierung parat?", fragte Papandreou. Er erklärte sich bereit, weitere Gespräche mit der Opposition zu führen. Unter Umständen sei er sogar bereit, einen Schritt weiter zu machen.
Die Abgeordneten seiner Fraktion forderte Papandreou auf, ihm heute im Parlament das Vertrauen auszusprechen. Der Regierungschef hat dort allerdings voraussichtlich keine Mehrheit mehr. Zwei weitere Abgeordnete aus seinem Lager erklärten gestern, nicht für ihn stimmen zu wollen. Sollte Papandreou verlieren, müssen binnen 30 Tagen Wahlen stattfinden.
Nun gelten in Athen zwei Szenarien als möglich: Die Parteien könnten sich bis zur Vertrauensabstimmung einigen. Dann wäre das Parlamentsvotum eine Abstimmung über die neue Regierung. Als wahrscheinlicher gilt, dass Papandreou das Votum verliert. Dann würde es unter Regie von Staatspräsident Karolos Papoulias Sondierungen für eine neue Regierung geben.