Nun ist er bald da. Der Abschied von der “Polarstern“ und der Crew.

nun ist es doch soweit gekommen. damit gerechnet habe ich ja, aber dass es mich so stark erwischen würde, darauf war ich nicht vorbereitet. hier an bord gilt eine andere zeitrechnung. wochen, tage, stunden werden zur nebensache. ein eigener, neuer lebensrhythmus entsteht. der kontakt zum rest der welt ist schnell verloren, man lebt im hier und jetzt. aufregende ereignisse wie ein tauchgang mit dem quest werden fast zur normalitaet, mit der polarstern durch dickes eis zu brechen ebenfalls. ein neuer alltag, an den man sich blitzschnell gewoehnt. für mich ist es wie auf einer konzert-tour: der totaler ausnahmezustand wird zum 'everyday life'.

dann aber, irgendwann gegen ende einer tour, wird einem bewusst: er wird nicht ewig dauern, dieser ausnahmezustand.dieses leben, in dem man so voll und ganz aufgeht und das niemals enden soll. je naeher die letzte show heran rueckt, um so stärker wuenscht man sich den tourbeginn zurueck, die ersten proben, bei denen noch alles vor einem lag. wenn dann die lichter angehen, und es wirklich keinen weg zurueck gibt - trifft es einen wie der schlag, man geht fassungslos ein letztes mal auf die buehne und moechte nur eines: die zeit anhalten. nichts kann einem diesen abschied erleichtern. es soll einfach immer nur weitergehen.

Der letzte Tauchgang

heute abend beginnt der letzte tauchgang auf dieser expedition. die letzte vorstellung. bei traumhaftem sonnenschein haben wir den quest mit einem bilderbuchstart fuer ein paar stunden dem meer uebergeben. ein letztes mal macht er sich unter aufschaeumender gischt auf den weg in die tiefe, ein letztes mal verfolge ich auf dem monitor die 1.200 meter bis zum meeresgrund. eigentlich ein ganz normaler vorgang. in den letzten tagen und wochen gehoerte so ein tauchgang zum taeglichen leben wie die sonne in der nacht und das 'spiegelei hochkant' am morgen. und doch ist etwas anders. morgen abend wird nicht getaucht. stattdessen wird der quest fuer seinen transport vorbereitet, demontiert und in container verpackt. am donnerstag beginnt die polarstern dann den 'transit' in richtung island. klingt auch nicht schlecht. gut drei tage sind dafuer veranschlagt. vielleicht sehen wir noch einmal wale oder delphine. langeweile wird dabei nicht aufkommen, soviel ist klar. aber es ist eben doch der anfang vom ende, und das liegt mir nicht besonders.

anh, christian, eberhard, marcel, michael, patrick, ralf und volker haben mich waehrend der letzten wochen ein teil ihres rov-teams sein lassen. zu keinem zeitpunkt habe ich mich auch nur ansatzweise unwohl oder gar deplaziert gefuehlt. zu keinem zeitpunkt hatte ich schwierigkeiten, mich in diesem mir fremdem terrain zu bewegen. ihre offenheit, ihr humor, und die leichtigkeit, mit der sie auch unter widrigen umstaenden nach vorne gesehen haben, haben mich tief beeindruckt. im oktober gehen volker und 'die gang' wieder auf tour, dann auf dem forschungsschiff 'merian' im mittelmeer. bei mir dauert es noch etwas, ich werde mich mit meiner naechsten tour noch bis zum fruehjahr 2010 gedulden muessen. leicht faellt mir das nicht.

es ist jetzt kurz nach mitternacht, meine vorletzte schicht ist zuende. in knapp acht stunden geht es weiter, ein letztes mal taucht der quest auf. ein letztes mal versammelt sich die mannschaft am heck der polarstern, um ihm an bord zu helfen. ich versuche, die gedanken an kofferpacken und rueckreise zu verdraengen und schaue noch ein wenig in die sonne, die sich in der ruhigen see spiegelt.