Riesen-Wirbel löst beim Filmfest Venedig vor allem einer aus: George Clooney. Sein neues Werk “The Ides of March“ überzeugte zum Auftakt.
Venedig. Er flirtete, scherzte und strahlte gut gelaunt in die Kameras: Hollywoodstar George Clooney ließ sich unmittelbar vor Start des Filmfestivals in Venedig feiern. Braun gebrannt und im grauen Anzug präsentierte der 50-Jährige seinen Film „The Ides of March“, der am Abend die 68. Ausgabe des ältesten Filmfestivals der Welt eröffnete. Aber nicht nur der Oscar-Preisträger entzückte die Festivalgänger, auch sein Film überzeugte als clever erzähltes Politdrama, das dem Festival einen äußerst gelungenen Auftakt bescherte. Dort gehört „The Ides of March“ zu den 23 Beiträgen, die bis zum 10. September um den Hauptpreis, den Goldenen Löwen, konkurrieren.
Venedig-Stammgast Clooney eröffnete zwar zum ersten Mal das Filmfestival – nervös schien er aber nicht zu sein. Im Gegenteil, er spielte wie gewohnt mit den Medien. Was er lieber möge, lautete eine Frage bei der Pressekonferenz: Regie zu führen oder zu schauspielern? „Ich mag es, unter meiner eigenen Regie zu spielen“, so Clooneys prompte Antwort. „Wenn ich sagen kann „Du warst richtig klasse, George!“. Und ob seine Filme auch immer etwas persönlich seien, wollte ein anderer Journalist wissen. „Ich habe Jahre lang in Las Vegas gezockt und getrunken!“, scherzte Clooney – natürlich nur, um sich auf die Rolle des Danny Ocean aus dem Gangsterfilm „Ocean’s Eleven“ vorzubereiten.
+++ 23 Filme konkurrieren um den Goldenen Löwen +++
Der Ton seiner vierten Regiearbeit „The Ides of March“ war dagegen deutlich ernster. Der Film ist ein intelligentes Politdrama, das zur Zeit der Vorwahlen für einen demokratischen Präsidentschaftskandidaten spielt. Clooney verkörpert Mike Morris, einen durch und durch liberalen Demokraten, der für Abtreibung und die Ehe Homosexueller ist. Ein sympathischer Politiker, volksnah, schlagfertig und charmant. Doch seine Chancen auf einen Sieg verschlechtern sich – das Lager seines schärfsten Konkurrenten greift zu radikaleren Maßnahmen als Morris das selber tun möchte.
Regisseur Clooney belässt es aber nicht bei einem politischen Schlagabtausch. Angelehnt an den Untergang von Julius Cäsar sind auch hier die titelgebenden „Iden des März“ ein Synonym für bevorstehendes Unheil. Der 50-jährige Clooney schaut hinter die Kulissen einer Partei, zeigt Grabenkämpfe, Intrigen, Affären und Lügen. Der Film ist mit Stars wie Philip Seymour Hoffman, Paul Giamatti und Marisa Tomei prominent besetzt, doch es ist vor allem Ryan Gosling, der überzeugt. Der 30-Jährige, der im Kino derzeit in „Crazy, Stupid, Love“ den Frauenverführer gibt, spielt einen der wichtigsten Mitarbeiter von Mike Morris, von dessen Idealen er überzeugt ist. Doch dann macht er einen Fehler, und das Leben des jungen, aufstrebenden Strippenziehers gerät aus den Fugen. Der Idealist muss um seinen Ruf kämpfen und merkt, dass er dafür nicht nur nett sein kann. Die Politik spielt bald keine große Rolle mehr. Stattdessen werden erbitterte Machtkämpfe ausgetragen, Moralvorstellungen kalt zur Seite geschoben.
Eigentlich habe er schon vor einigen Jahren mit den Vorbereitungen zu „The Ides of March“ beginnen wollen, erzählte Clooney. Doch dann wurde Barack Obama zum Präsidenten der USA gewählt. „Plötzlich schien es ein schlechter Zeitpunkt für einen zynischen Film über Politik zu sein.“ Ein Jahr später habe es aber schon wieder ganz anders ausgesehen. „Da ist zwar ein Mann im Amt, der cleverer und netter ist und mehr Mitgefühl hat als die meisten Menschen, aber er hat einen fast unmöglichen Job.“ Für den Schauspieler und Regisseur steht daher fest: „Für das Amt des Präsidenten will ich mich nicht bewerben.“