Seit der Grundsteinlegung im April 2007 wuchs nicht nur das Mammutprojekt am Kaiserkai: Eine Chronik über Kosten, verschobene Termine und Klagen.

Hamburg. Sie soll der „Leuchtturm“ Hamburgs werden, ein neues Wahrzeichen der Hansestadt, das es mit der legendären Oper in Sydney aufnehmen kann – die Elbphilharmonie.

Bis zu 3.000 Menschen werden in den drei Konzertsälen einmal Platz finden, auf 120.000 m² Gesamtfläche soll der kolossale Bau im Sandtorhafen neue Maßstäbe in Sachen Akustik und Architektur setzen. Am 28. und 29. Mai feiert die Elbphilharmonie ihr Richtfest. Mit viel Musik rund um das "Elbjazz Festival" wird der große Etappenerfolg auf der Baustelle begangen.

Doch das Meisterwerk der Baseler Stararchitekten "Herzog & de Meuron" polarisiert. Von den einen liebevoll „Elphi“ genannt, entrüsten sich die anderen über die unüberschaubaren Geldmengen, die bislang in den Bau geflossen sind und die auf die Stadt Hamburg womöglich noch zukommen. Von anfänglichen 77 Millionen Euro stieg die finanzielle Beteiligung der Stadt mittlerweile auf 323 Millionen Euro, der Eröffnungstermin wurde nun bis ins Jahr 2013 verschoben.

Steigende Kosten, sinkende Begeisterung: eine Chronologie der Elbphilharmonie.

Oktober 2001 bis Ende 2002: Nachdem der Investor und Architekt Alexander Gèrard der Stadt seine Idee für eine Konzerthalle auf dem Kaisespeicher A vorgestellt hat, plant der Senat eine Investition von 50 Millionen Euro für ein neues Kulturzentrum in der HafenCity ein. Das Vorhaben regt eine öffentliche Diskussion an, viele sind begeistert von der kulturellen Aufwertung der Stadt.

Juni 2003 bis Februar 2005: Das Architektenduo "Herzog & de Meuron" stellt im Auftrag von Gérard den ersten Entwurf für das Mammutprojekt im Sandtorhafen vor. Die Stadt Hamburg erhält die Rechte aus dem Architektenvertrag von den Investoren um Gérard und schreibt einen europaweiten Wettbewerb für Investoren aus. Diese sollen die Mantelbebauung, bestehend aus Hotels, Park- und Wohnanlagen, finanzieren.

Dossier: Die Elbphilharmonie

Juli/August 2005: Eine erste Gesamtkosteneinschätzung wird veröffentlicht. Laut Machbarkeitsstudie sollen sich die Kosten auf 186 Mio. Euro belaufen, davon 77 Millionen Euro aus Steuergeld. Der Rückhalt in der Bevölkerung ist weiterhin ungebrochen. Insgesamt gehen 40 Millionen Euro auf das Spendenkonto für den Bau der Elbphilharmonie ein.

29. November bis 27. Februar 2007: Die Euphorie für das Prestigeobjekt der Hansestadt bekommt erste Dämpfer. Bürgermeister Ole von Beust kündigt an, dass die Elbphilharmonie teurer wird, als geplant. Es werden Gesamtkosten von 214,3 Millionen Euro erwartet, der Anteil der Stadt steigt damit auf 114,3 Millionen Euro. Trotzdem stimmt die Hamburgische Bürgerschaft einstimmig für den Bau. Im Bieterverfahren steht „Hochtief“ mit der „CommerzLeasing“ als Gewinner fest.

2. April 2007: Bürgermeister Ole von Beust begeht feierlich die Grundsteinlegung der neuen Philharmonie auf dem Kaiserspeicher A. Die Eröffnung ist für Herbst 2010 geplant.

10. Juni 2008 bis 26. November 2008: Die erste Verzögerung des Eröffnungstermins wird bekannt. Kultursenatorin Karin von Welck setzt den neuen Termin auf Herbst 2011 an. Aufgrund zahlreicher Meldungen in den Medien über weitere Kostensteigerungen muss der Chef der städtischen Realisierungsgesellschaft "ReGe" auf Drängen von Bürgermeister Ole von Beust sein Amt niederlegen. Im November werden schließlich genaue Zahlen öffentlich: der Steuerzahler muss sich nun mit 323 Millionen Euro an dem Riesenprojekt beteiligen, der Eröffnungstermin wird auf Frühjahr 2012 verschoben.

11. September 2009: Schon wieder jagt eine Kostenerhöhung durch die Medien. Zehn Millionen Euro zusätzlich sollen nun investiert werden.

16. Dezember 2009: Trotz steigender Kosten freut sich die Stadt über die ersten der 1.100 Glasscheiben an der Fassade der Elbphilharmonie.

18. Januar 2010: Erneut muss der Senat Nachforderungen der Baufirma und des Architekturbüros prüfen. Weitere 35 Millionen Euro sollen fließen, die Eröffnung auf 2013 verschoben werden. Der Unmut in der Bevölkerung über die möglichen zusätzlichen Steuerausgaben wächst.

21./22. Januar 2010: Die Politik schaltet sich wieder ein. Angesichts der weiteren Forderungen der Baufirma werden Erpressungsvorwürfe laut. Die CDU-Fraktion droht mit Konsequenzen.

März 2010: In einer Abendblatt-Umfrage befürworten 88 Prozent der Leser die Gründung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA), der die Hintergründe für die Kostensteigerungen beim Bau unter die Lupe nehmen soll.

April 2010: Um einen verbindlichen Terminplan zu erwirken, reicht die Stadt Klage gegen die Baufirma "Hochtief" ein. "Hochtief" wiederum verklagt Gutachter Prof. Franz-Josef Schlapka. Er solle kritische Äußerungen gegenüber der Baufirma in einem Interview mit „Spiegel-Online“ zurücknehmen. Die Ankündigung der Stadt die KITA-Gebühren zu erhöhen, ruft Hamburger Eltern auf den Plan. Bei der Demonstration gegen die Gebühren-Erhöhung werden Stimmen gegen die Elbphilharmonie laut. Die Stadt ziehe den Eltern das Geld aus der Tasche, um die Fehlinvestition zu finanzieren, sagen die Protestierenden.

12. Mai 2010: Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss unter SPD-Finanzexperte Peter Tschentscher nimmt seine Arbeit auf. Es müssten die schweren Fehler, die der Senat gemacht hat, aufgearbeitet werden, so der Vorsitzende.

15. Mai 2010: "Hochtief" und das Architektenbüro fordern weitere 5,5 Millionen Euro. Damit haben sie allein in diesem Jahr insgesamt 41 Millionen Euro mehr beantragt, als ursprünglich vorgesehen.

28./29. Mai 2010: Das Richfest der Elbphilharmonie wird gefeiert. Open-Air Konzerte im Rahmen des "Elbjazz Festivals" laden die Besucher zum Verweilen ein.