Die Sozialdemokraten hegen den Verdacht, dass der Senat das Parlament und die Öffentlichkeit nicht korrekt informiert hat.
Hamburg. Vor drei Wochen hatten sich 88 Prozent von 755 Lesern in einer Internet-Umfrage des Abendblatts dafür ausgesprochen, die Hintergründe für die Kostensteigerungen beim Bau der Elbphilharmonie in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) unter die Lupe zu nehmen. Nun wird das nicht repräsentative Votum erhört. Die Abgeordneten der SPD-Bürgerschaftsfraktion haben auf einer Klausurtagung am Sonnabend in Lüneburg die Einsetzung eines PUA beschlossen. Untersuchungsausschüsse sind ein Minderheitenrecht. Für den Start des Aufklärungsgremiums ist ein Viertel der 121 Abgeordnetenstimmen der Bürgerschaft erforderlich. Die SPD verfügt über 45 Sitze. Doch Unterstützung für die Initiative kommt auch von der Linken-Fraktion.
"Der PUA soll sich besonders mit der Vertragsgestaltung und dem Kostencontrolling beschäftigen", sagte SPD-Fraktionschef Michael Neumann. Die SPD arbeite an einem Bürgerschaftsantrag, der das Untersuchungsziel festschreibe. Ausdrücklich stellte Neumann einen direkten Zusammenhang zwischen der Entscheidung seiner Fraktion und der vom schwarz-grünen Senat geplanten Erhöhung der Elternbeiträge für die Kita-Betreuung her. "Es reicht jetzt. Wir haben einen Senat, der sich zur Konsolidierung seines aus dem Ruder gelaufenen Haushalts an den Eltern vergreift", so Neumann. "Gleichzeitig nimmt er schulterzuckend hin, dass immer mehr Steuergeld in ein offensichtlich schlecht geplantes und schlecht kontrolliertes Projekt fließt."
Aus den 77 Millionen Euro, die die Elbphilharmonie die Steuerzahler nach ursprünglicher Planung kosten sollte, sind mittlerweile 323,5 Millionen Euro geworden. Schon ist von weiteren 40 Millionen Euro die Rede. "Ich glaube nicht, dass wir bei den Kostensteigerungen das Ende der Fahnenstange erreicht haben. Ich fürchte, dass wir das Ende der Fahnenstange noch gar nicht sehen", betonte Neumann.
Der SPD-Haushaltsexperte Peter Tschentscher wies darauf hin, dass immer wieder Behörden und auch Bürgermeister Ole von Beust das Projektmanagement und den eskalierenden Konflikt mit dem Generalunternehmer Hochtief beeinflusst und dadurch zusätzliche Kosten verursacht hätten. "Es besteht nach Akteneinsicht zudem der dringende Verdacht, dass Parlament und Öffentlichkeit vom Senat nicht korrekt informiert wurden", sagte Tschentscher. Planungen und Vertragsgestaltung zwischen der Stadt, den Architekten und dem Baukonzern Hochtief seien unzureichend gewesen.
Schwarz-Grün reagierte zurückhaltend auf die Ankündigung der SPD. "Wir sind sehr gelassen, was einen PUA Elbphilharmonie angeht", sagte CDU-Fraktionschef Frank Schira, der darauf hinwies, dass die SPD-Opposition das Projekt einst mit beschlossen hatte. "Eigentlich müssten wir angesichts der Probleme mit Hochtief alle mit einer Zunge sprechen, damit das Projekt Elbphilharmonie zum Erfolg werden kann."
Norbert Hackbusch, Kulturexperte der Linken-Fraktion, begrüßte die Entscheidung der SPD. "Die Elbphilharmonie verlangt einen PUA. Sie ist das Paradebeispiel für das Scheitern der ÖPP-Projekte des Senats", sagte Hackbusch. Es gebe "kein Naturgesetz" zur Kostenexplosion bei der Elbphilharmonie. "Es gab falsche Entscheidungen und politisch gewollte falsche Kostendarstellungen", so der Linken-Politiker. Die dafür Verantwortlichen müssten im PUA benannt werden. Der Untersuchungsausschuss zur Elbphilharmonie ist schon das zweite Aufklärungsgremium der Bürgerschaft. Seit einem halben Jahr bemüht sich der PUA HSH Nordbank, Gründe und Verantwortliche für die aggressive Expansionsstrategie zu ermitteln, die dem Bankhaus Milliardenverluste bescherte.