Hamburg. Wie teuer kommt die geplante U-Bahn Hamburg, und wann kommt sie überhaupt? Neue Zahlen zur U5, zur Strecke und den Kosten.
Um den Bau, die Kosten und den ersten Betrieb der neuen Hamburger U-Bahn U5 macht der Senat ein kleines Geheimnis – und provoziert unnötigen Gegenwind für das mutmaßlich größte der vielen Megaprojekte im öffentlichen Nahverkehr in den kommenden Jahren. Mobilitätswendesenator Anjes Tjarks (Grüne) wollte und/oder konnte am Dienstagabend im Verkehrsausschuss der Bürgerschaft keine Antworten darauf geben, wie genau der Nutzen-Kosten-Faktor ist. Das ist elementar für eine Förderung mit Bundesmitteln. Drei Viertel von jedem Euro für die U5 soll der Bund tragen.
Tjarks und die Hochbahn vermieden exaktere Aussagen über die voraussichtlichen Kosten des Gesamtprojektes. Über einen denkbaren Abbruch der Bauarbeiten oder eine andere Streckenführung wollen sie nicht nachgedacht haben. Und sie wanden sich um die Aussage, wann denn welcher Abschnitt der rund 25 Kilometer langen U-Bahn fertig sein könnte. Das führte zu extrem kritischen Nachfragen der Ausschussvorsitzenden Heike Sudmann (Linke), die Tjarks regelrecht „grillte“, aber auch von Richard Seelmaecker und Anke Frieling (CDU).
U5 in Hamburg: Wie beteiligt sich der Bund an den Kosten?
Auch Gudrun Schittek (Grüne) wollte vom Parteigenossen wissen, welches von den gigantischen Bauprojekten der Senat denn priorisiere. Ob nun die Sanierung der Elbbrücken, den Verbindungsbahnentlastungstunnel (VET), die U5, die S4, den Tunnel unter dem Köhlbrand oder den Bahnhof Diebsteich. „Gibt es da Zusagen vom Bund? Da würde ich gerne Genaueres wissen“, so Schittek.
Tjarks schwamm. Möglicherweise schwamm er sich auch frei – je nach Betrachtungsweise. „Natürlich ist nicht immer alles schon finanziert“, sagte der Senator. Daran arbeite man. Er sei, auch nach einer Auskunft der Bundesregierung ausgerechnet auf eine Nachfrage des CDU-Mannes Christoph Ploß, „optimistisch“. Tjarks führte ins Feld, dass der Senat bereits ein Sondervermögen für den Schnellbahnausbau gebildet hat, das Ende 2024 fast zwei Milliarden Euro betrage.
U5 in Hamburg: Das ist die Strecke
CDU steht hinter der U5, aber …
Sudmann rechnete unwidersprochen dagegen: Momentan koste die U5 von Bramfeld zur City Nord 475 Millionen Euro pro Kilometer. „Wenn ich das auf die gesamte Strecke hochrechne, komme ich auf elf, zwölf, vielleicht 13 Milliarden Euro. Die problematischen Stellen wie die Tunnelkreuzungen an der Alster (mit U1 und möglicher S-Bahn) und dem Untertunneln der Isebek an der Hoheluftbrücke noch nicht eingerechnet. Doch U5-Chefbauer Klaus Uphoff verriet: Mit der Bahn gebe es bereits Überlegungen, am Hauptbahnhof „ein Bauwerk“ für U5 und den neuen S-Bahn-Tunnel zum Diebsteich zu errichten.
Seelmaecker sagte, die CDU stehe hinter der U5, „aber wir haben Bedenken wegen der Kosten und der Planung“. Und: „Wir reden hier über 1,1 Milliarden an Mehrkosten für die Steuerzahler.“ Seine Kollegin Frieling zweifelte Tjarks’ Nutzen-Kosten-Berechnungen an: „Sind Sie dabei, irgendwelche Zahlen schönzurechnen, damit es reicht?“
SPD-Verkehrsexperte Ole Thorben Buschhüter drückt bei der U5 aufs Tempo: „Metropolen brauchen leistungsfähige Schnellbahnen. London, Paris, Warschau und Wien, um nur ein paar Beispiele zu nennen, bauen ihre U- und S-Bahnnetze aus.“ Hamburg könne und müsse sich die U 5 leisten. „Inflationsbedingte Kostensteigerungen machen die U-Bahn nicht weniger sinnvoll. Sie sind vielmehr ein Ansporn, keine Zeit zu verlieren und loszulegen.“
Noch fünf Klagen gegen die U5
Die voraussichtlichen Kosten allein der U5 auf dem Abschnitt Ost zwischen Bramfeld und der City Nord haben sich bereits von 1,75 Milliarden Euro auf 2,86 Milliarden erhöht. Was das Gesamtprojekt auf der 25 Kilometer langen Strecke kostet, ist noch nicht absehbar. Für den nächsten geplanten Bauabschnitt Richtung Hauptbahnhof und dann weiter über die Universität, Hoheluft, UKE und Lokstedt bis zu den Arenen im Volkspark gibt es noch keinen Planfeststellungsbeschluss. Gegen den zur U5-Ost liegen aktuell noch fünf Klagen beim Oberverwaltungsgericht. Hier sieht die Hochbahn jedoch gute Chancen, die Kläger zu befrieden, was in einigen Fällen bereits gelang.
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Die Hochbahn veranstaltet derzeit in mehreren Stadtteilen gut organisierte Info-Abende, um Bürgerinnen und Bürger am Megabau U5 und seinen Folgen zu beteiligen. Zuletzt gab es in Lokstedt eine wohlwollende Resonanz. Dabei wurde allerdings deutlich, dass die Baugruben für die „offen“ zu bauenden Haltestellen gewaltig sein werden. Der Tunnel für die führerlose Bahn wird zwar unterirdisch gebohrt, Haltestellen und Notausgänge müssen jedoch „klassisch“ durch das großflächige Aufreißen von Straßen und passenden Flächen errichtet werden.
Hamburg: U5 startet mit Probebetrieb 2027
Eine weitere Kontroverse gibt es um Fahrgastzahlen der U5 und ihren Beitrag zum Klimaschutz und den Klimaschutzzielen Hamburgs bis 2030 und darüber hinaus. Auch der Klimabeirat des Senates hat sich hier U5-kritisch gezeigt. U5-Gegner fordern seit Langem eine Straßenbahn oder Stadtbahn als Alternative.
U5-Chefbauer Uphoff sagte, man habe eine Tonne Stahl mit 1000 Euro kalkuliert, dann wurden es 1300, 1400 Euro. Just wurde ein Auftrag vergeben für den Tonnenpreis von 1800 Euro. In den Ausschreibungen würden aber Vorgaben zur CO2-Reduzierung gemacht. Er machte klar, dass die Kostensteigerungen auf der Corona-Krise und den Folgen des Ukraine-Krieges beruhten. „Das sind alles externe Faktoren, das hat nichts mit falscher Planung zu tun.“
Der Hochbahn-Verantwortliche sagte: Von 2027 an gebe es einen Probebetrieb zwischen City Nord und Sengelmannstraße (Übergang U1). Bis zum Jahr 2033 gehe die Strecke bis Bramfeld in den Betrieb. Parallel dazu werde der Borgweg angeschlossen (Übergang zur U3). Und falls die Planungen für die Kosten und die Strecken nicht aufgehen? Tjarks sagte lakonisch: „Man kann immer scheitern im Leben.“