Ahrensburg. Hat Rathaus Fraktionen unzureichend informiert und damit Ahrensburgs Position im Planungsverfahren geschädigt? Die Vorwürfe.

S 4 – Ablauf des Planfeststellungsverfahrens und Einflussmöglichkeiten der Stadt Ahrensburg“ lautete der Punkt auf der Tagesordnung des Ahrensburger Bau- und Planungsausschusses am Mittwochabend und sollte eigentlich der Information der Politiker über die Rechtslage und das weitere Vorgehen der Stadt in Bezug auf das Großprojekt dienen. Doch schnell entbrannte eine Grundsatzdebatte. Vertreter der Fraktionen warfen der Verwaltung Versäumnisse vor.

„Es kann nicht sein, dass alle Impulse von uns kommen müssen“, kritisierte Grünen-Fraktionschefin Nadine Levenhagen. „Ich erwarte von der Verwaltung, dass sie uns informiert und uns rät, welche Beschlüsse wir fassen müssen, um uns möglichst gut vorzubereiten“, sagte sie. Hintergrund ist der bevorstehende Beginn des Planfeststellungsverfahrens für den Ahrensburg betreffenden dritten Bauabschnitt der neuen S-Bahn, die ab 2029 Hamburg-Altona mit Bad Oldesloe verbinden soll.

Ahrensburger Politiker werfen Verwaltung Versäumnisse bei S 4 vor

Einen Monat lang werden – Stand jetzt von Juni bis Juli – die Planunterlagen der Deutschen Bahn im Ahrensburger Rathaus öffentlich ausgelegt und die Stadt, Vereine und Verbände sowie Privatpersonen können Einwände anmelden, mit denen sich die Planer anschließend befassen müssen. Es ist vermutlich die letzte Gelegenheit, Änderungen an den Planungen durchzusetzen. Und derer bedarf es aus Sicht aller Ahrensburger Fraktionen, verschiedener Naturschutzvereine und einer Bürgerinitiative gleich mehrerer.

Einer der Hauptkritikpunkte sind die bis zu sechs Meter hohen Lärmschutzwände, welche die Bahn entlang der Trasse quer durch das Stadtgebiet aufstellen möchte, um die Schutzvorgaben einzuhalten. Das, so sind sich Politiker und Verwaltung einig, gelte es unbedingt zu verhindern, hätten die Wände doch erhebliche negative Auswirkungen auf das Stadtbild, gerade im Zentrum mit seinen historischen Sichtachsen.

Ebenfalls für Widerstand sorgen die Pläne, für die neue S-Bahn zwei zusätzliche Gleise von Hamburg-Hasselbrook bis Ahrensburg zu verlegen. Die Bestandsstrecke soll künftig verstärkt für den Güterverkehr zum sich im Bau befindlichen Fehmarnbelt-Tunnel genutzt werden.

Wortmeldung eines Einwohners ist Auslöser der Debatte

Für die neuen Gleise müsste im Ahrensburger Tunneltal gebaut werden, einem Naturschutzgebiet. Auch möchte die Bahn den Übergang am Braunen Hirsch durch eine Brücke ersetzen, ebenfalls im Naturschutzgebiet. Anwohner im Ahrensburger Süden befürchten zudem mehr Verkehr durch Autofahrer, die die ohnehin schon beliebte Trasse als Abkürzung zur Autobahn nutzen.

Anlass der Kritik aus dem Ausschuss war die Reaktion der Verwaltung auf die Forderung Jan Furkens, früher Mitglied der Grünen-Fraktion und Teil der Bürgerinitiative, Ahrensburg solle die Gelegenheit nutzen und sich bereits in das aktuell laufende Planfeststellungsverfahren für den zweiten Bauabschnitt von Hasselbrook bis zur Landesgrenze einbringen. „Der Abschnitt endet unmittelbar an der Stadtgrenze, insofern werden dort schon Voraussetzungen geschaffen, wie bei uns weitergebaut wird“, sagte er in der Einwohnerfragestunde.

Stadt kann Belange nur geltend machen, wenn sie direkt betroffen ist

Dafür bekam Furken fraktionsübergreifend Zustimmung. „Könnte es uns zum Nachteil ausgelegt werden, wenn wir uns jetzt nicht einbringen?“, wollte Uwe Gaumann (CDU) wissen. Bauamtsleiter Peter Kania verneinte das. Von den Baumaßnahmen im zweiten Abschnitt sei Ahrensburg direkt nicht betroffen, weshalb die Stadt nicht in das Beteiligungsverfahren einbezogen worden sei, erklärte er. „Wir können rechtswirksam nur Belange geltend machen, wenn Interessen betroffen sind, die in unserem Zuständigkeitsbereich liegen“, so Kania.

Ahrensburg sei zunächst als Träger öffentlicher Belange involviert, wenn Sicherheit, Stadtbild, Wegeverbindungen oder die Stadtplanung durch das Bauvorhaben beeinträchtigt werden, führte Stadtplaner Konstantin Niewelt aus.

Darüber hinaus sei die Stadt, wie auch viele Privatpersonen, als Grundstückeigentümerin betroffen. Aspekte wie Naturschutz, Landschaftsschutz und Trassenführung lägen hingegen in der Zuständigkeit des Kreises und des Landes, sodass nur die dortigen Behörden hier Einwände anmelden könnten.

Beteiligung an Abschnitt zwei laut Verwaltung nicht sinnvoll

Auf Nachfrage bestätigte Kania, dass die Schlossstadt sich eigeninitiativ in das Verfahren für Abschnitt zwei einbringen könne. Eine Beteiligung sei aus Sicht der Verwaltung aber nicht sinnvoll. Dem wollten sich die Ausschussmitglieder aber nicht anschließen.

„Ich kann nicht nachvollziehen, warum wir erst jetzt, wo es fast zu spät ist, von der Möglichkeit erfahren, uns im Planfeststellungsverfahren für den zweiten Abschnitt einzubringen“, kritisierte Grünen-Vertreterin Levenhagen. Noch bis zum 12. Juni sind Einwendungen möglich. Allerdings gibt es wegen der Kommunalwahl am 14. Mai kaum noch Sitzungen, während der ein Text beschlossen werden könnte.

Vertreter mehrerer Fraktionen nahmen das zum Anlass, das Handeln der Verwaltung in Bezug auf die S 4 grundsätzlich infrage zu stellen. Der Tenor: Das Rathaus habe sich zu wenig vorbereitet und die Politik nicht ausreichend informiert.

Kania betonte, die Verwaltung fokussiere sich auf den Ahrensburg betreffenden Abschnitt drei, könne sich aber im Detail erst mit den Planungen auseinandersetzen, wenn sie Einsicht in die Unterlagen bekomme, was erst zu Beginn des Planfeststellungsverfahrens für diesen Trassenteil geschehe. Die Offenlegung sei derzeit nach Informationen des Rathauses für Juni bis Juli anvisiert.

FDP-Fraktionschef: „Die S 4 fällt ja nicht plötzlich vom Himmel“

Kanias Aussagen sorgten bei FDP-Fraktionschef Thomas Bellizzi für Unverständnis. „Die Planungen sind in den Grundzügen doch lang bekannt, die S 4 fällt ja nicht plötzlich vom Himmel“, sagte er. „Man braucht nicht viel Fantasie, um zu sehen, welche Flächen von der S 4 betroffen sein werden“, so der Liberale. „Es wäre schon ein Anfang, wenn Sie uns als Verwaltung Hinweise geben, wo Sie möglicherweise Probleme sehen und was wir überhaupt erreichen können“, pflichtete ihm Detlef Steuer (WAB) bei.

„Es hilft nicht viel, sich gegenseitig Versäumnisse um die Ohren zu hauen“, mahnte Bela Randschau (SPD). Stattdessen solle Ahrensburg jetzt lieber das für die Stadt ohnehin wichtigere Planfeststellungsverfahren drei in den Blick nehmen. „Wir müssen uns jetzt fragen: Haben wir alles Nötige getan, sind wir auch vorbereitet, sollte am Ende ein Ergebnis stehen, das nicht in unserem Sinne ist und es auf eine Klage hinausläuft?“, fragte er und warb dafür, sich schon jetzt Rechtsbeistand zu suchen.

WAB-Vertreter warnt vor Votum gegen Bau der neuen Bahnlinie

Bellizzi warf schließlich die Grundsatzfrage auf. „Wir sollten uns fragen, ob wir die S 4 überhaupt noch wollen“, sagte er mit Blick auf einen Beschluss aus der Anfangsphase der Planungen. Seinerzeit seien viele blind gewesen, jetzt wisse man, was die neue Linie für Ahrensburg bedeute. „Stand heute sehe ich für uns mehr Nachteile“, so der FDP-Fraktionsvorsitzende. Vor allem Hamburg profitiere von der neuen Verbindung, während sie für Ahrensburg eine längere Fahrzeit, weniger Komfort und massive Eingriffe ins Stadtbild bedeute.

Karen Schmick (WAB) sah das ähnlich. „Wir sollten beschließen, dass wir kein Interesse mehr an der S 4 haben und die Bahn so zwingen, auf uns zuzugehen“, sagte sie, erntete aber Widerspruch von ihrem Fraktionskollegen Steuer. „Wir können das beschließen, aber der Güterverkehr wird dennoch kommen“, sagte er, „nur dann eben zulasten der Regionalbahn“. Einen Beschluss gab es letztendlich nicht. Ob Ahrensburg sich nun noch im Planfeststellungsverfahren zwei zu Wort meldet, bleibt offen. Entscheiden soll darüber die Stadtverordnetenversammlung am 22. Mai.