Weiden, Schmetterlinge, das Flüsschen Engelbek - Sabine Brauel-Lewerenz (40) liebt ihren Stadtteil. Auch wegen der familiären Atmosphäre.

Eine zarte Böe bringt die bunten Windräder zum Drehen. Ein Rosenbogen, der den kleinen Weg zum Haus von Sabine Brauel-Lewerenz schmückt, verleiht dem großen Vorgarten etwas Märchenhaftes. Ebenso wie die Lärchen, die das Grundstück von der Winsener Straße trennen. "Diese Bäume haben den Wandel der letzten 80 Jahre miterlebt", sagt die 40-Jährige und schmunzelt.

Langenbek ist für Brauel-Lewerenz Heimat. Schließlich ist sie in dem Stadtteil geboren und aufgewachsen. "Das dort drüben ist mein Geburtshaus", sagt sie und zeigt auf das Nachbarhaus. "Weit gekommen bin ich nicht - mal gerade vier Meter Luftlinie", scherzt die dreifache Mutter und lacht herzlich. Sie lebt mit ihrem Mann und den drei Töchtern in dem Haus, das ihr Großvater 1928 errichtet hat. "Mir war schon als Kind klar, dass ich dort einmal leben möchte." Hier führt sie auch ihr Geschäft "Die kleine Wundertüte", in dem sie Kindermode und Geschenkartikel verkauft.

Sabine Brauel-Lewerenz, deren Familie die älteste im Stadtteil ist, bereut es nicht, dass sie Langenbek nie verlassen hat. Kaum einer weiß besser als sie, wie viel sich im Stadtteil seitdem verändert hat. Früher habe sie Langenbek als Paradies empfunden. An jeder Ecke habe es für sie Freude, Glück und Abenteuer gegeben. "Rund um unser Grundstück gab es nur Felder, Wiesen und das Sägewerk meines Vaters. Bis heute liebe ich den Geruch von Holz - den Geruch von Kindheit ", sagt sie, und ihre Stimme klingt ein wenig wehmütig. In den 50er- und 60er-Jahren seien viele der Wohnungssiedlungen rund um die Winsener Straße entstanden. "Heute ziehen vor allem junge Familien in den Stadtteil", sagt sie. "Und Kinder sind immer eine Bereicherung." Aber auch der soziale Wohnungsbau habe enorm zugenommen. "Harburg hat sich zum sozialen Brennpunkt entwickelt. Und nun dringt immer mehr davon in die angrenzenden ländlichen Regionen." Der Wandel sei eben überall spürbar. Langenbek sei da keine Ausnahme. "Das Besondere des Stadtteils ist dennoch das Ursprüngliche. Diese familiäre Atmosphäre", sagt Brauel-Lewerenz. Sie überquert die Straße und deutet auf den Hof der Familie Riege. "Das sind meine Verwandten. Unsere Vorfahren besaßen um 1810 alle Ländereien hier. Schließlich gab es in Langenbek früher nur einen Hof", sagt sie und blickt auf die hohen Buchen am Wegesrand. Dort zwischen den Bäumen, wo sie früher Verstecken gespielt hat, toben heute ihre Mädchen. "Für Kinder ist dieses Fleckchen Erde immer noch ein Paradies", schwärmt sie und biegt links ab auf einen kleinen Pfad. Äste knacken unter den Schuhsohlen. Hummeln schwirren von Blume zu Blume. Ein weißer Schmetterling flattert direkt vor der Nase von Sabine Brauel-Lewerenz. "Das ist Idylle pur", seufzt sie und blinzelt in die Sonne. "Wo gibt es das schon in Hamburg?" Auf einer kleinen Holzbrücke bleibt sie stehen. "Hier plätschert das Flüsschen Engelbek vor sich hin." Das Gewässer, auf dem sie früher ihre selbst gebauten Boote schwimmen ließ. Heute überlässt sie das Planschen ihren Kindern. "Ich betreibe lieber Nordic-Walking am Uferrand", sagt sie.

Hinter den Weiden, die ihre Äste tief auf den Boden hängen lassen, und der Wiese mit den Apfel- und Pflaumenbäumen lichtet sich das Grün und ein großer Platz kommt zum Vorschein. "Unser Festplatz", sagt sie. An diesem Wochenende feiern die Bewohner das "Langenbeker Vogelschießen". Der Schützenverein feuere dabei natürlich nicht auf echte Vögel. "Es ist eine Veranstaltung, bei der die Langenbeker gemeinsam klönen und im Zelt schwofen." Auch ihre Familie werde natürlich dabei sein.

Vom Festplatz aus ist es nur ein Katzensprung bis zu ihrem Haus. Nur die Winsener Straße liegt dazwischen. "Unsere Problemzone", sagt Brauel-Lewerenz. In den letzten Jahren sei der Verkehr immer schlimmer geworden. "Wenn ein Lkw vorbeidonnert, fällt man bei uns fast vom Stuhl." Ihrer Liebe zu Langenbek tut der Verkehrslärm jedoch keinen Abbruch. "Wenn man die Natur liebt und in Kauf nimmt, durch den Elbtunnel fahren zu müssen, ist Langenbek ein wunderschönes Fleckchen Erde."